Umfassendes Geständnis blieb aus Umfassendes Geständnis blieb aus: Darum muss Familienvater trotzdem lange hinter Gitter
Bernburg - Er kam nicht weg vom Teufelszeug, obwohl er zwei Kinder im Haushalt hatte und damit viel Verantwortung trug. Nun wird der drogenabhängige Dieb die nächste Zeit seine Familie nur noch selten sehen. Das Amtsgericht verurteilte den 35-jährigen Bernburger, der seit November 2019 in Untersuchungshaft sitzt, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten für den Handel und den Besitz von Betäubungsmitteln sowie zu einem Jahr und vier Monaten wegen schweren Diebstahls und Hehlerei.
Aus Sicht des Gerichts haben sich die Tatvorwürfe fast im vollen Umfang bestätigt. Ein umfassendes Geständnis blieb aus.
Für 20 Straftaten mussten 58 Zeugen gehört werden
„Der Angeklagte hat seine Aussagen dem Stand der Beweisaufnahme angepasst und sich dabei häufig in Widersprüche verstrickt. Es gab nur Schutzbehauptungen. Einige Taten sind sogar nach dem Ausspruch der Bewährungsstrafe im Februar 2019 geschehen“, begründete Strafrichter André Stelzner.
Dem gebürtigen Wittenberger wurden mehr als 20 Straftaten zur Last gelegt. 58 Zeugen mussten an drei Verhandlungstagen vernommen werden, da der Kfz-Mechatroniker nur einen verschwindend geringen Teil der Vorwürfe einräumte. Den Besitz von Betäubungsmitteln sowie einige Diebstähle, die der Sünder gestand, konnte jedoch auch die redegewandte Verteidigerin Annemarie Pospisil nicht vom Tisch wischen.
So hatten Polizeibeamte bei zwei Hausdurchsuchungen im April 2018 und Februar 2019 immerhin 7,56 Gramm Crystal Meth und 8,22 Gramm psilocybinhaltige Pilze gefunden. „Allein der Besitz dieser Menge stellt einen Verbrechenstatbestand dar. Da ist es egal, ob nur Eigenbedarf oder Handel vorliegt“, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.
Belastungszeugin wurde vom Drogendealer vor ihrer Haustür verbal bedroht
Zwei Zeugen belasteten den Bernburger glaubhaft, dass er Drogenhandel betrieben hat. „Ich habe mir große Sorgen um meinen Freund gemacht. Er hat mir erzählt, dass er das Zeug vom Angeklagten auf dem Parkplatz eines Lebensmittelmarktes in Bernburg regelmäßig bezieht“, so ein Zeuge.
Die zweite Belastungszeugin wurde vom Drogendealer vor ihrer eigenen Haustür verbal bedroht, wie sie unter Tränen berichtete. Die Frau bekam ihr Aussageprotokoll bei der Polizei vom Angeklagten sogar auf ihrem Smartphone zugesandt. Die Frage, wie diese Akte in die Hände des Drogendealers kam, wurde nicht näher erörtert.
Garagen unter falschem Namen angemietet
Der Kfz-Mechatroniker hatte sich nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses den Lebensunterhalt für seine Familie außerdem durch Diebstähle und Hehlerei finanziert. So sah es das Gericht. Er mietete Garagen zum Teil unter falschen Namen an, um dort wie auf dem zu seiner Wohnung gehörenden Hof Diebesgut zu lagern.
Dies bestritt die Rechtsanwältin jedoch vehement. „Meinem Mandanten sind weder die Diebstähle noch Hehlerei nachzuweisen. Er hatte keine Ahnung, was auf seinem Hof passierte. Dort herrschte ein buntes Treiben, weil jeder das Eingangstor ohne Probleme öffnen konnte“, so die Strafverteidigerin.
Dieser Argumentation konnte und wollte der Strafrichter jedoch nicht folgen. „Dieses Märchen vom ’Sesam öffne dich’ aus 1.001 Nacht ist lebensfremd. Der Hof war ein Umschlagplatz für Fahrräder, Motorräder und hochwertiges Werkzeug, die aus Raubzügen in Bernburg stammten. Vom Verkauf der Ware hat der Angeklagte profitiert“, so André Stelzner. (mz)