Politik Politik : "Ich bin gerne Landrat"

Bernburg - Finanzen, Breitbandausbau, Kulturförderung, Radwege - die Palette an Themen, mit denen sich der Kreistag 2015 beschäftigt hat, ist bunt. Zum Jahreswechsel hat Kerstin Beier mit Landrat Markus Bauer (SPD) gesprochen.
Zum Jahresende sind Sie als neuer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium gehandelt worden. Warum sind Sie noch hier, Herr Bauer?
Markus Bauer: Was hätte ich meinen Mitarbeitern sagen können oder sollen, wenn ich das Angebot angenommen hätte? Der Wahlkampf war hart, ich bin gerne Landrat, und die Arbeit macht Spaß. Es gibt also keinen Grund für mich, dem Landkreis den Rücken zu kehren.
Welches waren die emotionalsten Momente im abgelaufenen Jahr?
Bauer: Es war sehr bewegend und überraschend, dass wir als Landkreis den Politik-Award für unser Betreuungskonzept bekommen haben (siehe unterer Beitrag/Anm. d Red.). Da hat das Gefühlskarussell zum Jahresende noch einmal ganz schön Fahrt aufgenommen. Die Fertigstellung und Einweihung des Ringheiligtums Pömmelte gehörte in diesem Jahr ganz sicher zu den Höhepunkten. Auch wenn bei der Ausgestaltung und Vermarktung noch einiges zu tun bleibt. Und dann bin ich natürlich froh, dass wir den Haushalt hinbekommen haben. Wir hoffen nun, dass der Etat vom Landesverwaltungsamt auch genehmigt wird und wir nach zwei Jahren ohne Haushalt ab Januar arbeitsfähig sind.
Der Breitbandausbau war und ist ein großes Thema im Salzlandkreis. Wie ist da der Stand der Dinge und wie geht es weiter?
Bauer: Die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie und der Markt-erkundung liegen vor, bis zum 26. Januar läuft noch die Ausschreibung. Ich hoffe, dass sich viele Unternehmen daran beteiligen. Grundsätzlich sehe ich große Netzbetreiber wie die Telekom in der Pflicht. Es darf nicht passieren, dass wir aufgrund einer Ausbauzusage für bestimmte Gebiete keine Fördermittel bekommen und dann aber fünf Jahre lang nichts geschieht. Später wird es in dieser Größenordnung keine Fördermittel mehr geben. Wir müssen als Region Schritt halten dürfen. Die Bietergespräche werden vor-aussichtlich im Februar laufen.
Ohne den notwendigen Breitbandausbau bleibt ja auch das Projekt „IT macht Schule“ in den Kinderschuhen stecken ...
Bauer: So ist es. Das Konzept ist da, es fehlt nun noch an der Vernetzung auf Breitband-Ebene. Aus meiner Sicht müssen alle Schulen im Land den gleichen Standard haben. Ansonsten werden wir demnächst noch mehr Wegzug aus den ländlichen Bereichen haben. Ich bin sogar der Meinung, dass das Projekt „IT macht Schule“ auch auf Grundschulen ausgeweitet werden sollte. Weil ich das ganze Thema so wichtig finde, habe ich einen Brief an Bildungsministerin Johanna Wanka geschrieben.
Da wir einmal bei Schulen sind: Wie nutzt der Landkreis Mittel aus den Programmen Stark III und V für die Sanierung der Schulen in seiner Trägerschaft?
Bauer: Wir konzentrieren uns in diesem Jahr auf das Gymnasium Calbe und die Herder-Sekundarschule in Calbe. Hier ist einfach der größte Investitionsstau zu verzeichnen. Wir investieren aber auch in die Pestalozzischule Aschersleben, in die Berufsbildenden Schulen und ins Dr.-Frank-Gymnasium Staßfurt. In allen Fällen wird energetisch saniert, um in der Zukunft Kosten zu sparen. Einen Teil der Fördermittel stecken wir in die Kreishäuser I und IV. Nicht, weil wir schicker sitzen wollen. Hier geht es vielmehr um Dachsanierung und um den notwendigen Brandschutz.
Der Salzlandkreis besteht 2017 zehn Jahre. Noch immer hat man den Eindruck, der Kreis ist ein Konstrukt aus mindestens vier Einzelteilen, nämlich den Altkreisen Bernburg und Schönebeck und den Uralt-Teilen Aschersleben und Staßfurt. Sehen Sie das auch so?
Bauer: Das Zusammenwachsen funktioniert nicht per Dekret. Wir müssen vermitteln und akzeptieren, dass jede Region ihre eigene Entwicklung und ihre eigene Stellung hat. Es ist nicht schlimm, dass jedes Kreistagsmitglied auch für seine Region kämpft. Dafür ist es ja auch gewählt worden. Das hat auch was mit Zeit zu tun, mit vielen Gesprächen, die Verständnis wecken. Und mit der Erkenntnis, dass zum Beispiel das Seeland oder die MS „Saalefee“ auf Besucher aus dem gesamten Salzlandkreis angewiesen sind. Deshalb plädiere ich auch für einen Radweg, der die Regionen im Kreis verbindet und den Tourismus stärkt. Für viele bringt Radfahren einen Wohlfühleffekt mit sich, und für manchen sind Seeland oder Neo Rauch doch nur deshalb so weit weg, weil sie wenig darüber wissen. Ich habe trotzdem das Gefühl, dass es besser geworden ist. Wir haben zum Beispiel gemeinsam gekämpft für auskömmliche Kommunalfinanzen und mit dem Betreuungskonzept gemeinsam Standards gesetzt.
Mancher Streit konnte im vergangenen Jahr nicht beigelegt werden. Nach wie vor ungeklärt ist die Zuständigkeit für den Biotop-Verbundweg zwischen Aschersleben und Wilsleben. Auch der Streit um den Erlös aus dem Klinikverkauf an den Schweizer Gesundheitskonzern Ameos ist nicht entschieden.
Bauer: Ich bin der Meinung, dass sich der Eigentümer um die Radwege kümmern muss. Und Eigentümer ist derjenige, auf dessen Gebiet der Weg liegt. In Sachen Klinikverkauf erwarten wir eine fachliche Aufarbeitung durch das Gericht und hoffen natürlich, dass wir da bald zu einem Ende kommen. Ich bin für die kommunalen Gelder und für das Steuergeld zuständig, das in die einst kommunale Klinik geflossen ist. Deshalb hoffe ich natürlich auch auf einen Erfolg. Das Gericht wird aber erst im Laufe des Monats zu einem Urteil kommen. Zum Spekulieren ist es also noch zu früh.
Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem neuen Jahr?
Bauer: Ich hoffe natürlich, dass unser Haushalt genehmigt wird. Als Behördenleiter habe ich aber auch unser Fremd- und Selbstbild im Kopf. Ich möchte die Weiterbildung unserer Führungskräfte forcieren, um eine vernetztere Arbeitsweise zu erreichen. Wir werden in einem Leitbild formulieren, wofür wir als Landkreis und als Region stehen. (mz)