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Mittelalter-Spektakel  Mittelalter-Spektakel : Brexit auf dem Schlosshof

Von Torsten Adam 02.05.2017, 10:08
„Wenzels Ritterschaft“ begeistert mit waghalsigen  Feuerspielen, die auch den Pferden viel Mut abverlangen.
„Wenzels Ritterschaft“ begeistert mit waghalsigen  Feuerspielen, die auch den Pferden viel Mut abverlangen. Engelbert Pülicher

Bernburg - Ludwig von Bernburg ist ein stolzer Ritter. Unter dem Jubel des Publikums, das sich erwartungsvoll um den Turnierplatz mitten auf dem Bernburger Schlosshof drängt, reitet er in die Arena ein. Sein Kontrahent, Sir Arthur von Essex, ist ein ganz unangenehmer Bruder, jähzornig, immer für einen Betrug zu haben und auf Krawall gebürstet. Ganz klar, wem die Besucher bei diesem Duell am Sonntagnachmittag die Daumen drücken. Und Ludwig gelingt das, was am Vorabend Boxlegende Wladimir Klitschko im Wembley-Stadion nicht beschieden ist - seinen englischen Kontrahenten vernichtend zu schlagen. Es war sozusagen „ein Brexit mitten auf dem Schlosshof“, wie es der Herold amüsant formulierte.

Die Ritterspiele, dreimal täglich dargeboten von „Wenzels Ritterschaft“, waren der Anziehungspunkt beim mittlerweile 22. Mittelalter-Spektakel in Bernburg. Die Kennzeichen der auf dem Schlossberg parkenden Autos ließen erahnen, welch überregionale Anziehungskraft die von der Cottbusser Agentur Coex organisierte Veranstaltung besitzt. Zu Füßen des eingerüsteten Eulenspiegelturms tauchten von Samstag bis Montag tausende Besucher ein in die bezaubernde Welt des Mittelalters.

Tierischer Star des bunten Treibens war das Kolkraben-Mädchen Mara. Die russische Falknerin Anastasia hatte den pechschwarzen Vogel als Küken erworben und großgezogen. „Seit 14 Jahren begleitet er mich“, sagte die inzwischen im thüringischen Ilmenau lebende Frau. Wer wollte, durfte sich gegen Entrichtung von zwei Talern zusammen mit Mara fotografieren lassen.

Wer nicht hungrig auf den Schlosshof gekommen war, dem lief angesichts der aus den Garküchen dringenden Gerüche schnell das Wasser im Mund zusammen. Handbrot, diverse Pfannengerichte, Baumkuchen oder Süßes wie Waffeln oder Eis weckten den Appetit der Besucher.

Nur kindgerechte Speisen seien leider Mangelware, kritisierte Carsten Reinsch. „Aber ansonsten ist es sehr schön hier“, sagte der Bernburger, der mit seinem vierjährigen Sohn Wilhelm die mittelalterliche Welt entdeckte und seinen kleinen „Robin Hood“ mit Pfeil und Bogen ausrüstete.

Auch sonst gab es für Kinder viel zu entdecken an den rund 50 Ständen. Etwa bei Frank Harrecker. Der Freitaler schnitzte aus Bambusholz Maultrommeln und entlockte ihnen sogleich Töne. Vergnügliche Liedlein auf mittelaltertypischen Instrumenten spielte die aus dem Fichtelgebirge stammende Band „Grex Confusus“ auf der Bühne, über der sich vom Balkon aus ein wunderbarer Blick auf das bunte Treiben bot.

Erstmals beim Mittelalter-Spektakel dabei war Thomas Hensel. Der Neubornaer verfolgte mit Ehefrau und Schwiegereltern am Sonntagabend die Walpurgisfeier und lobte die herrliche Kulisse, die das zum Teil restaurierte Schloss bietet: „Ich finde es sehr authentisch hier, bis auf das Parkschild mitten auf dem Schlosshof. Da hätte man doch einen Kartoffelsack drüber hängen können.“

Arg schaurig anzusehen war Christine Knüpfer. Die Magdeburgerin war in das Kostüm eines Fauns geschlüpft. „Das ist ein Zwitter zwischen Teufel und Mensch“, erklärte die Frau, die seit Jahren in der Mittelalter-Szene unterwegs ist und sich eine große Tarantel aus Stoff um den Bauch gebunden hatte. Den von viel Feuerzauber begleiteten Hexentanz in der Walpurgisnacht ließ sie sich natürlich nicht entgehen. (mz)