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Lebenshilfe Bernburg Lebenshilfe Bernburg: Mitarbeiter wollen nach Tarif bezahlt werden

Von felix filke 07.03.2013, 07:59
Werkstatt-Leiterin Jeannette Kirst (links) von der Lebenshilfe Bernburg übergab 941 bemalte Postkarten an Günter Kurczyk (rechts), Leiter der Werkstatt für behinderte Menschen in Neinstedt. Er will die Protest-Karten an Landessozialminister Norbert Bischoff übergeben.
Werkstatt-Leiterin Jeannette Kirst (links) von der Lebenshilfe Bernburg übergab 941 bemalte Postkarten an Günter Kurczyk (rechts), Leiter der Werkstatt für behinderte Menschen in Neinstedt. Er will die Protest-Karten an Landessozialminister Norbert Bischoff übergeben. engelbert pülicher Lizenz

bernburg/MZ - Prozentangaben sind relativ. Und 25 Prozent sind relativ viel. Vor allem dann, wenn es ums Gehalt geht. Die Mitarbeiter der Lebenshilfe bekommen nach eigenen Angaben gegenüber ihren Kollegen in vergleichbaren sozialen Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft 25 Prozent weniger Geld. Und das wollen Geschäftsführer Norbert Zacher und seine Mitarbeiter der Bernburger Lebenshilfe gGmbH nicht mehr länger hinnehmen.

„Meine Leute hier bekommen 300 bis 500 Euro im Monat weniger als Arbeitnehmer bei der Kommune“, sagt Zacher. Für die selbe Arbeit. Nur würden die anderen im Gegensatz zu seinen Mitarbeitern eben nach Tarif bezahlt - und mit dieser Forderung nach Tarifentlohnung tritt er auch an die Landesregierung heran. Das nicht erst seit heute. „Wir ärgern uns seit Jahren mit dem Land herum“, so Zacher. Auch Anwälte sind längst eingeschaltet - bislang ohne Ergebnis: „Die Politiker reden nicht mit uns und nehmen uns nicht ernst.“

Vorläufiger Höhepunkt des Unmuts über die geringe Bezahlung war eine Protestaktion im Juni vergangenen Jahres, als mehr als 1000 Angestellte und auch behinderte Beschäftigte von Lebenshilfe-Werkstätten aus ganz Sachsen-Anhalt vor dem Landtag in Magdeburg protestierten. Damals hatte sich Landessozialminister Norbert Bischoff (SPD) für eine Tarifbezahlung ausgesprochen. Passiert ist seitdem nichts.

Deshalb bekommt Bischoff nun Post. Und zwar gleich viele tausend Karten aus den Werkstätten des Landes, die alle den selben Inhalt haben: die Forderung nach kostendeckenden Entgelten für die Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe. Denn die vergleichsweise niedrige Bezahlung der Mitarbeiter ist nur das eine Problem. Das andere ist, dass durch die geringen Mittel, die vom Land aus dem Steuertopf zur Verfügung gestellt werden, viele Maßnahmen der so genannten Eingliederungshilfe nicht mehr durchgeführt werden können. Und dazu zählt nicht nur die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das normale Arbeitsleben, sondern auch so alltägliche Dinge wie Haushaltsführung, Einkaufen oder die Förderung sozialer Kontakte. Und das habe eben nichts mit Bespaßung zu tun, sondern sei im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung gesetzlicher Auftrag der Behindertenwerkstätten, so Zacher. Genau diesem Auftrag könne aber nicht mehr nachgekommen werden, wenn das Geld fehlt.

Die Einführung des Tariflohnes wäre für Zacher auch ein wichtiges Zeichen für die Anerkennung der in den Werkstätten geleisteten Arbeit. Denn bisher steht für ihn fest: „Wir werden mit unserer Arbeit nicht ernst genommen.“ Die Reaktion auf die Postkartenaktion will er noch abwarten. Gibt es kein positives Echo, will und kann er seine Mitarbeiter nicht mehr länger zurückhalten. „Dann sage ich: Geht auf die Straße!“