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Heimspiel nach 30 Jahren Heimspiel nach 30 Jahren: Ulrich Tarlatt zeigt im Schloss Bernburg Malerei und Plastik

Von Kai Agthe 02.08.2018, 08:00
Der Künstler experimentiert derzeit gern mit Aluminium-Guss. Die „Kathedrale“ entstand in diesem Jahr und wiegt zwölf Kilogramm.
Der Künstler experimentiert derzeit gern mit Aluminium-Guss. Die „Kathedrale“ entstand in diesem Jahr und wiegt zwölf Kilogramm. Ulrich Tarlatt

Bernburg - „Der Prozess des Malens ist spannend“, sagt Ulrich Tarlatt beim Rundgang durch seine Ausstellung „Tagträume und Nachtgedanken“ im Museum des Bernburger Schlosses - und er ergänzt: „Aber nicht so leicht, wie es für den Betrachter aussehen mag.“

Dennoch wird man Uwe Gellner beipflichten dürfen, der im Begleitheft zur Schau notiert: „Kunst entsteht bei Ulrich Tarlatt nach wie vor aus leichter Hand, mit viel Bild- und Wortwitz.“ Der Sammlungskurator des Kunstmuseums Unser Lieben Frauen Magdeburg mag das mit Blick auf jene Arbeiten geschrieben haben, die, an der Grenze vom Figürlichen zum Abstrakten, solch wunderbare Titel tragen wie „Guter Geist in Linkskurve“ oder „Noah, du hast das Einhorn vergessen“.

Der von Gellner attestierte Bild- und Wortwitz Tarlatts spricht auch aus dessen humoristischem Gemälde „Unterwegs, on the road“, wo durchaus unklar ist, ob das hier durch das Bild rollende Vehikel noch ein Kinderwagen oder doch schon ein Formel-1-Bolide ist. Der Betrachter darf es nach Gusto deuten. Denn, so Tarlatt: „Die Geschichte eines Bildes muss sich jeder selbst erzählen.“

Das Boot als Motiv

In der Bernburger Schau sind vor allem jüngere Arbeiten zu sehen, die zwischen 2016 und 2018 entstanden. Auch wenn nur eine kleine Auswahl gezeigt wird, bekommt man eine recht genaue Vorstellung von der Produktivität des 66-jährigen Bernburgers, der in der Malerei und Grafik ebenso zu Hause ist wie in der Plastik und Buchkunst. Auf letztere hat der Künstler in der aktuellen Ausstellung ganz verzichtet. Die von ihm gestalteten und herausgegebenen Künstlerbücher und Buchobjekte zu zeigen, hätte die räumlichen Möglichkeiten im Schloss schlichtweg gesprengt.

Dafür überrascht Tarlatt als Plastiker mit einigen großartigen Arbeiten aus Aluminiumguss. Erst in diesem Jahr entstand das dreiteilige Ensemble „Gewendete Boote“. Er mag das Motiv des Bootes, erklärt der Künstler. Einerseits trägt es den Menschen seit Jahrtausenden sicher über das Wasser, andererseits kann es, wenn man es umdreht, zu einer schlichten, aber ebenso sicheren Behausung werden. In diesem Sinne korrespondiere die Dreiergruppe mit seinen anderen Aluguss-Arbeiten.

Da ist das „Siedlung“ betitelte Ensemble aus kegelförmigen Bauten, die den Menschen buchstäblich behüten, sowie die beiden je zwölf Kilogramm schweren „Kathedralen“, die eine spirituelle Zuflucht darstellen. Die Technik des Alu-Gusses will es, dass jedes Stück ein Unikat ist. Das Leichtmetall habe er gewählt, weil er damit kostengünstiger experimentieren könne als mit Eisen oder Bronze.

So umtriebig Tarlatt auch ist, im Museum von Schloss Bernburg hat er zuletzt vor 30 Jahren ausgestellt. Entsprechend groß ist die Freude des künstlerischen Tausendsassas, in den kleinen und verwinkelten Räumlichkeiten, die dennoch schöne Sichtachsen öffnen, seine Arbeiten zeigen zu können. Umso mehr, da dieser Flügel des Schlosses nach Ende der Schau restauriert und modernisiert wird.

Ulrich Tarlatt bevorzugt heute die Acrylmalerei. Aus ganz praktischen Gründen. Sein Atelier befindet sich in Bernburgs alter Saalemühle, was bedeutet, dass immer wieder Partikel von der Decke herabrieseln, die auf Ölfarben, die nur langsam trocknen, gern haften bleiben. Acryl hingegen trocknet schnell.

Dass er aber auch die Ölmalerei vorzüglich beherrscht, zeigen Arbeiten wie das expressive Gemälde „Gralssucher“ aus dem Jahr 2000, auf dem er die Farbe pastos auf die Leinwand brachte und mit den Händen statt mit dem Pinsel verteilte. Aus besagtem Jahr stammt auch das kleinformatige „La Mer“, eine Ölstudie wildbewegten Wassers, das von einem breiten Rahmen im Zaum gehalten wird. „Das hätte ich schon dutzendfach verkaufen können“, sagt Tarlatt über das Werk, zu dem ihn das gleichnamige französische Chanson von Charles Trenet inspiriert habe. „Aber es gibt Arbeiten, von denen trennt man sich nicht.“

Zu diesen mögen auch die aus Holz gefertigten Skulpturen „Engel 1 und 2“ zählen, die für himmlische Wesen erstaunlich wuchtig sind. „Meine Engel haben etwas Bodenständiges“, nimmt Tarlatt einen entsprechenden Hinweis des Betrachters vorweg, derweil er beiden Wesen sanft über die massiven Flügel streicht.

Ein Welten-Ei aus Holz

Aber man muss nicht zwingend selbst Hand anlegen, um Holz eine Form zu geben. Die Natur kann das auch. Und so gehört ein Stück eines Baumstammes zu der Ausstellung, das am Bernburger Saalewehr so lange vom Wasser bewegt und geschliffen wurde, bis es eine ovale Form annahm. „Welten-Ei“ hat Tarlatt das „Readymade“, also den zum Kunstobjekt erklärten Naturgegenstand, betitelt und an den Beginn seiner Ausstellung gestellt.

„Wenn man minimale gestalterische Mittel mit einer eigenen Handschrift zu verbinden weiß, dann hat man es geschafft“, lautet das künstlerische Credo von Ulrich Tarlatt, der die Hände nicht in den Schoß legen kann. Der lateinische Ausspruch „Nulla dies sine linea“ (Kein Tag ohne Strich) sei wie für ihn gemacht, gesteht der Künstler. Mag der Umfang auch bisweilen variieren, so widmet Tarlatt dennoch jeden Tag seiner künstlerischen Arbeit.

Und nach der Ausstellung ist vor der Ausstellung: So wird von dem Bernburger bereits Mitte September eine Schau in der Galerie Zaglmaier in Halle eröffnet.

Ulrich Tarlatt: „Tagträume und Nachtgedanken“, Museum Schloss Bernburg, bis zum 9. September, Di-So 10-17 Uhr. Das Begleitheft kostet 4,95 Euro. (mz)

Ulrich Tarlatt in seinem Atelier in der Bernburger Saalemühle. Das Bild „Unterwegs, on the road“ (hinten links) ist Teil der aktuellen Schau.
Ulrich Tarlatt in seinem Atelier in der Bernburger Saalemühle. Das Bild „Unterwegs, on the road“ (hinten links) ist Teil der aktuellen Schau.
Engelbert Pülicher