"Haare mit Ideen" in Bernburg "Haare mit Ideen" in Bernburg: Friseursalon in dritter Generation

Bernburg - „Tradition leben“ – das ist das Motto der Bernburger Friseurfamilie Jaeschke. Seit drei Generationen verschönert sie die Köpfe der Saalestädter. Doch nicht nur das: Auch für Gesicht, Hände und Füße sind die Jaeschkes Spezialisten.
Jüngstes Aushängeschild: der derzeitige Geschäftsführer René Jaeschke. Er hat seine ganz eigene Meinung zur Entwicklung des Handwerks und zur Mitarbeiterführung.
Handwerker seit 90 Jahren
1927 eröffnete René Jaeschkes Großvater Karl mit seiner Frau in Chemnitz seinen ersten eigenen Damen- und Herrensalon. Zehn Jahre später zog es die beiden nach Bernburg. Im Laden in der Halleschen Straße 10 gingen schon bald zahlreiche Stammkunden ein und aus. 1964 übernahm Karl Jaeschkes Sohn. Mit nur drei Mitarbeitern. Das ganze Haus gehört der Familie.
Keine Alternative zum Beruf
„In dem Haus bin ich aufgewachsen“, sagt René Jaeschke. Für den 47-Jährigen gab es keine Alternative zum Friseurberuf: „Ich habe schon als Kind immer begeistert bei meinem Vater zugeschaut.“ Ihm habe vor allem der Austausch mit den Leuten gefallen.
Bei seinem Vater absolvierte René Jaeschke auch seine zweijährige Ausbildung, bevor er 1993 seinen eigenen Laden an der Steinstraße eröffnete. Nach dem Tod des Vaters vor einigen Jahren übernahm er auch das Traditionsgeschäft an der Halleschen Straße. Dort wird auch Kosmetik und Fußpflege angeboten.
Nur Übung macht den Meister
Doch nur dem Handwerk im Alltag nachgehen, ist nicht genug für den gebürtigen Bernburger. Er muss sein Können regelmäßig unter Beweis stellen. Zum Beispiel mit Preisfrisieren.
Darin wurde er bereits zum Bezirksmeister und Landesmeister im Herrenfach gekürt. Das habe er seiner Meinung nach geschafft, weil er ständig an sich arbeitet und sich von Profis trainieren lässt.
Angefangen bei Jo Bösken aus dem nordrhein-westfälischen Unna. „Einer der besten Friseure Deutschlands“, erklärt René Jaeschke. Er habe den Bernburger auch bei der Finanzierung seines Ladens beraten.
Zu den Trainings gehört auch, nach Ladenschluss zu arbeiten und an Wochenenden quer durch Deutschland zu reisen. Der Gewinn ist laut dem Bernburger Friseur jedoch groß: „Man entwickelt sich weiter, knüpft zahlreiche Kontakte und bekommt unbezahlbare Ratschläge.“
Am Können feilen
Nur das Handwerk habe sich entgegen seinen Vorstellungen entwickelt. „Damals hat man noch an lebenden Modellen geübt“, sagt der 47-Jährige. „Heute gibt es nur noch diese Puppenköpfe - die finde ich schrecklich.“
Insgesamt empfinde er es heute viel schwieriger, Trainings umzusetzen. „Es fehlt die Finanzierung durch die Industrie“, sagt Jaeschke. Man müsse auch immer Personal dafür abstellen.
Deshalb hat es sich der Friseurmeister zur Gewohnheit gemacht, Trainer in den Laden kommen zu lassen. Da müssen er und seine insgesamt zwölf Friseurinnen während eines Arbeitstages oder auch außerhalb der Arbeitszeit an ihrem Können feilen. Ein Muss, um sich weiterzuentwickeln und auf dem neusten Stand zu bleiben, so der Tenor.
Mitarbeiter selbst ausgebildet
Nichtsdestotrotz scheinen die Anforderungen für die Mitarbeiter nicht zu hoch zu sein. Jaeschke schafft es, sein Team zu halten: von der 17-jährigen Auszubildenden bis zur langjährigen Mitarbeiterin über 50. „Wir bieten hier viel: ein gutes Klima und einen sehr gut ausgestatteten Laden mit allerhand Arbeitsmaterial zum Experimentieren.“ Die Mehrheit der Beschäftigten habe er selbst ausgebildet.
„Darauf bin ich besonders stolz“, sagt der 47-Jährige. Um das Team weiterzubilden und die Läden mit neuen Strategien weiter voranzubringen, hat er nun auch einen Unternehmensberater beauftragt.
Auch überregional gefragt
Über die Jahre, die er nun schon an der Steinstraße ansässig ist, hat sich ein großer Kundenstamm gebildet. „Von drei bis 80 Jahren ist alles dabei“, sagt Jaeschke. „Die Kleinen, die mit ihren Eltern als Kinder zu mir gekommen sind, sind auch heute noch meine Kunden.“ Sein Laden sei über Bernburg hinaus bekannt.
„Es gab auch schon Wochenenden, an denen nur zwei Kunden Bernburger waren, der Rest kommt aus naher und ferner Umgebung“, sagt Jaeschke. „Die weiteste Entfernung, die eine Kundin für uns zurücklegt, sind über 450 Kilometer.“
Auch aus Leipzig kämen Leute trotz der dortigen Friseurdichte regelmäßig zu ihm. Eine Frage der Qualität und vielleicht auch des Preises? „Wir liegen mit dem Preis im Vergleich zu Leipzig locker noch 20 bis 25 Prozent drunter“, sagt Jaeschke.
Was das Angebot in seinem Laden so besonders macht? „Wir sind farbstark“, sagt der Geschäftsführer. Auch Haarverlängerungen seien eine Stärke der Mitarbeiter.
Modernes Auftreten im Netz
Mit seinem Auftritt nach außen versucht René Jaeschke potenziellen Kunden einen Eindruck zu geben, was sie erwartet. Sein Internetauftritt ist jung und modern. Auch auf den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram hat er viele Fans, die regelrecht auf neue Bilder aus dem Salon warten.
Seine Leistungen präsentierte der Friseur auch schon auf Fashion-Shows, zum Beispiel auf dem „Walk of Fashion“ in Berlin.
15 Jahre lang hat René Jaeschke bei Post Bernburg Tischtennis gespielt. Heute habe er keine Zeit mehr für Hobbys. „Ich lebe für den Beruf“, sagt er. Da bleibt nur, den neu gestalteten Teich im Privatgarten flüchtig durchs Wohnzimmerfenster zu betrachten.
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Läden eröffnen, wechseln den Besitzer oder ihren Standort, sie schließen wieder. Und doch gibt es sie noch - die Traditionsgeschäfte in der Region, die teilweise sogar verschiedenste Gesellschaftsformen mit- und überlebt haben. In Bernburg mehr als in den umliegenden Kleinstädten und Dörfern, die aufgrund der niedrigen Kaufkraft noch viel mehr mit der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet zu kämpfen haben. Aber eben nicht jede Dienstleistung und jedes Produkt lässt sich heutzutage mit einem Mausklick online nach Hause bestellen. Was wäre das für ein Leben ohne Bäcker, Fleischer, Friseure, Modeboutique, Optiker oder Tabakhändler vor Ort?
Die MZ wird in der Serie „Unsere Schaufenster“ einmal wöchentlich Geschäfte im Altkreis Bernburg vorstellen, die mindestens ein Jubiläum gefeiert haben, die es also schon 25 Jahre und länger gibt. (mz)
