Grubenunglück in Ilberstedt Grubenunglück in Ilberstedt: Gedenken an Opfer der Bergbaukatastrophe von 1921

Ilberstedt - Vor über 90 Jahren kostete ein Grubenunglück in Ilberstedt 13 Bergleuten das Leben. Weitere 17 Kumpel wurden verletzt und hatten noch Jahre damit zu kämpfen, die seelischen Folgen der Katastrophe zu verarbeiten.
Bis heute sind die dramatischen Ereignisse vom 2. Februar 1921 nicht in Vergessenheit geraten. Rund 20 Menschen gedachten am Dienstag deshalb auf dem Ilberstedter Friedhof traditionell den Toten. Neben einer Schweigeminute wurden von Vertretern des Bernburger Bergknappenvereines und des Esco-Werkes Kränze niedergelegt.
War die Katastrophe vermeidbar?
Rolf Wallbaum, Historiker des Knappenvereines, erinnerte an die geschichtlichen Zusammenhänge innerhalb des anhaltischen Bergbaus. Daran, dass das Ilberstedter Unglück eine Verkettung vieler unglücklicher Umstände gewesen ist. Denn niemand konnte damals ahnen, als an jenem Mittwoch im Februar der letzte mit 30 Bergleuten besetzte Förderkorb in den 565 Meter tiefen Ilberstedter Schacht „Johanne“ einfuhr, dass eine Schlagwetterexplosion wenig später etlichen Familien so viel Leid zufügen würde.
Immer wieder haben sich in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland Unglücke in Kali-Gruben ereignet.
2013: Im thüringischen Unterbreizbach sterben drei Bergleute im Alter von 24, 50 und 56 Jahre in einer zum Düngemittelkonzern K+S AG (Kassel) gehörenden Kali-Grube, als sich in der Grube Kohlendioxid explosionsartig ausbreitet. Die Männer ersticken. Es ist eines der schwersten Bergwerksunglücke seit Jahrzehnten in Deutschland.
2012: Ein Bergmann stirbt im niedersächsischen Kaliwerk Sigmundshall in Wunstorf. Drei weitere Männer werden in der Grube der K+S Kali GmbH verletzt. Der Unfall passiert in etwa 1200 Meter Tiefe. Die Bergleute bohren vermutlich eine Gasblase im Salz an und atmen giftige Stoffe ein.
1989: Sechs bis sieben Menschen werden bei einem schweren Unfall im thüringischen Kalibergbau verletzt. In der Grube „Ernst Thälmann“ in Merkers kommt es zu einem Gebirgsschlag. Die Erschütterungen erreichen etwa die Stärke 5,5 auf der Richterskala.
1989: Drei Bergleute sterben nach einem Ausbruch von Kohlensäuregas im Kaliwerk Wintershall im hessischen Heringen. Die Männer hatten mit einer Maschine die Kohlensäureblase im Salz aufgerissen, die unter hohem Druck stand.
1984: Zwei Bergleute ersticken bei einem Aufsichtsgang in einer Grube auf dem Gelände des Kaliwerkes Hattorf im hessischen Philippsthal. Sie fuhren in ein Gruben-Gebiet, in dem sich Kohlensäure angesammelt hatte. Ursache war eine vorherige Sprengung. (dpa)
Erklärt wird das Unglück damit, dass die technischen Zustände nach dem Ersten Weltkrieg in der Grube sehr mangelhaft waren. Zudem war der Bau eines Verbindungsschachtes nicht realisiert, über den die Wetterlage in den Schächten reguliert werden sollte. Durch die Unachtsamkeit eines Hauers, der mit seiner karbidbestückten Grubenlampe einen Teil des Sprengsalpeters und der Zündschnüre in Brand gesetzt haben soll, ist es zu einer ersten Explosion gekommen. Diese könnte der Auslöser für die Entzündung des sich im oberen Bereich des Abbaus abgesammelten Gas-Luft-Gemisches gewesen sein.
Das hatte sich angestaut, weil in der Nacht zuvor eine Wettertür geschlossen wurde, die das Abführen des Methangases verhindert hatte. Die Rettungsmaßnahmen gestalteten sich schwierig, da die gesamte Grube mit giftigen Schwaden erfüllt gewesen war. So wurden die Männer des ersten Rettungstrupps bewusstlos und wichtiges Rettungsgerät kam erst verspätet an die Unglücksstelle.
Langsames Umdenken
Dabei galt die Grube in Ilberstedt als schlagwettersicher. Es wurde mit offenem Licht - das Geleucht - und ohne Sicherheitslampen gearbeitet. Trotzdem dauerte es noch einmal 30 Jahre, bevor in den Kali-Gruben das sogenannte schlagwetterfeste elektrische Geleucht per Vorschrift eingeführt wurde. Und damit das Zeitalter der Karbidleuchten beendet wurde. Das Umdenken setzte aber auch erst ein, nachdem es zu zwei weiteren Schlagwetterexplosionen mit verheerenden Folgen im Südharz gekommen war.
Im Schuster-Verlag Baalberge ist der Roman „Schlagende Wetter auf Johanne“ erschienen, der sich mit dem Unglück befasst. Das Buch ist unter der ISBN-Nummer 978-3-9815452-4-1 im Handel erhältlich. (mz)