Einzelhändler Giuseppe (74 Elektroladen und Kiosk Lous-Braille-Platz Bernburg: Giuseppe Bentivenga mag keinen Stress

Bernburg - Das Geheimnis, wie Giuseppe Bentivenga sein Geschäft über all die Zeit halten konnte, ist einfach: „Ehrlich währt am längsten. Man muss immer fair sein“, sagt er. Aus diesem Grund gibt es Leute, die nach 28 Jahren immer noch in seinem Laden einkaufen. „Oder deren Nachkommen“, sagt Bentivenga. Er strahlt, wenn er darüber spricht. „Das ist schön, davon lebt man.“
Es war ein Zufall, der den heute 74-Jährigen nach mehreren Zwischenstationen in verschiedenen Ländern bis nach Bernburg geführt hat. Nachdem er in Italien seine Lehre zum Elektroinstallateur beendet hatte, arbeitete er zunächst in Frankreich, Belgien und Luxemburg.
Mit 20 Jahren kam er nach Westdeutschland
Er habe die Welt sehen wollen, sagt Giuseppe Bentivenga. Mit 20 Jahren kam er schließlich in die damalige BRD und fand dort einen Job in einer Elektrofirma. Das war 1963. Ohne Deutschkenntnisse, erinnert er sich, bestand er damals seine Führerscheinprüfung in Göttingen. Wie? „Durch meinen Willen.“
Deutsch lernte er später übrigens ohne jeglichen Unterricht, sondern vor allem durchs Zeitungslesen. „Ein Viertel hab ich verstanden und mir den Rest irgendwie zusammengereimt“, erzählt er mit einem Lachen.
Leute aus Güsten als Kunden in Kreiensen
1976 erwarb Bentivenga seinen Elektro-Meistertitel und zog in den niedersächsischen Ort Echte, wo er sich mit seiner Frau und Tochter ein Zuhause und einen Familienbetrieb aufbaute, eine Elektroinstallationsfirma. Ein weiteres Geschäft eröffnete er in Kreiensen - der Partnerstadt von Güsten.
So kam es, dass er nach der Grenzöffnung Besuch von einigen Güstenern in seinem Laden bekam. „Die haben das Geschäft gesehen und gesagt: ,Sowas brauchen wir auch’“, erinnert sich Bentivenga.
Sein erstes Geschäft eröffnete Bentivenga in Güsten
Kurz darauf fuhr er an einem Wochenende nach Güsten und begann gerade einmal vier Wochen später, dort ein Geschäft aufzubauen. Bernburgs Bürgermeister habe ihn schließlich angesprochen, ob er nicht auch dorthin kommen wolle. Bentivenga begann mit Verkaufsausstellungen im Bernburger Kulturhaus.
„Die waren ein voller Erfolg“, sagt der gebürtige Italiener. Waschmaschinen, Kühlgeräte, Satellitenschüsseln - das seien Verkaufsrenner gewesen. „Und Videorekorder wollten alle haben.“ Weil es so gut lief, übernahm Bentivenga 1990 schließlich das Gebäude am Louis-Braille-Platz, in dem sich bis dahin „Saale Obst“ und ein Filmstudio des Kulturhauses befanden.
„Wir haben alles rausgerissen, nichts ist stehen geblieben“, erzählt der 74-Jährige. In einem Verkaufsraum entstand der Kiosk, in dem anderen das Elektrogeschäft. Seine Ware habe er mit Lkw aus Niedersachsen hergefahren. „Das gab es hier alles noch nicht. Das war eine Sensation.“
„Die Bürger waren ehrliche Menschen“
Weil seine Kunden erstmal ihre DDR-Mark umtauschen mussten, habe er in der ersten Zeit viel angeschrieben. Im Wert von 40.000 DM, schätzt er heute, habe er den Menschen Waren gegeben und sie später bezahlen lassen. „Die Bürger waren ehrliche Menschen“, sagt Bentivenga. „Bis auf eine haben alle pünktlich ihr Geld gewechselt und bezahlt.“ Neben dem Verkauf hat der Bernburger mit seiner Firma auch Elektroinstallationen in der Stadt übernommen. Fünf Mitarbeiter gehörten damals zum Betrieb.
Männertag gefeiert auf Louis-Braille-Platz
Giuseppe Bentivenga lebte sich in Bernburg ein, baute sich hier einen Freundeskreis auf. Mit der Zeit, sagt er, hätten sich schöne Traditionen entwickelt. Einige Jahre lang habe man auf dem Louis-Braille-Platz den Männertag groß gefeiert.
Die ganze Straße wurde eingeladen, es gab Musik und nachmittags Kaffee und Kuchen. „Es war richtig wie ein kleines Volksfest“, erzählt der Elektro-Meister. Dann habe es Ärger mit dem Ordnungsamt gegeben, seither wird nicht mehr gefeiert. Die schönen Erinnerungen aber sind geblieben.
Der Weinanbau ist sein Hobby
Neben seiner Arbeit engagiert sich der Italiener in Bernburger Vereinen, unter anderem bei den Weinbaufreunden. Für ihn war das naheliegend. „Ich komme aus einer Weinfamilie in Italien“, erklärt Bentivenga. Das Pflücken der Trauben und die Weinherstellung seien zwar harte Arbeit, aber es mache auch viel Spaß. 110 Liter Rotwein habe er im vergangenen Jahr produziert.
Sein Heimatland vermisst Giuseppe Bentivenga bis heute manchmal. Mindestens zweimal im Jahr fährt er dorthin. Dennoch will der 74-Jährige in Bernburg bleiben, auch wenn er im Ruhestand ist. Für den wäre es so langsam Zeit, findet er. „Ich möchte das Geschäft an jemanden übergeben, der es erfolgreich weiterführt“, sagt Bentivenga.
Stress macht er sich aber keinen - der mache nur krank. Und schließlich hat der Italiener sich noch etwas vorgenommen, wie er lachend erzählt: „25 Jahre will ich noch leben. Das ist mein Ziel.“ (mz)
