Ein Symbol stiftet Identifikation
BERNBURG/MZ. - Seit September 1982 fanden regelmäßig jeden Montag Friedensgebete in der Nikolaikirche statt, die im Herbst 1989 zum Kulminationspunkt der friedlichen Revolution in der DDR wurde. "Der Fokus ist gerichtet auf die Auseinandersetzung der unabhängigen Friedensbewegung und dem DDR-Staat", sagt Johannes Lewek. Der Pfarrer der Kirchengemeinden Marien / St. Nikolai hat die Ausstellung des Martin-Luther-King-Zentrums im sächsischen Werdau (Landkreis Zwickau) nach Bernburg geholt. Auf 21 Tafeln wird erläutert, auf welchen Wegen sich die Friedensbewegung in der DDR seit Anfang der 1980er Jahre gefunden hat und wie empfindlich die staatliche Doktrin darauf reagierte.
"Es war auch ein Kampf um die Symbole", sagt Lewek. Das Symbol "Schwerter zu Pflugscharen", das junge Leute in der DDR als Aufnäher auf ihren Jacken trugen, war einem Text des alttestamentarischen Propheten Micha entlehnt. Das Symbol wurde Ausdruck einer Abrüstungsvision in einer Zeit, da die Großmächte ihre Raketen-Arsenale bis zur Groteske aufgerüstet hatten. Das Tragen des Symbols "Schwerter zu Pflugscharen" war juristisch nicht verboten, wurde von den Ordnungsbehörden aber dennoch verfolgt. Die Folge war, dass Polizei, Staatssicherheit oder Lehrer junge Leute dazu drängten, den Aufnäher abzunehmen, obwohl es dafür keine juristische Grundlage gab.
In der Ausstellung schildern Schüler, Studenten oder Auszubildende ihre persönlichen Erlebnisse in der Schule oder am Arbeitsplatz, wenn sie sich weigerten, den Aufnäher abzunehmen. Es folgten Drohungen wie Ausschluss vom Unterricht, Nichtzulassung zum Abitur oder die Exmatrikulation von der Uni. "Niemand konnte wissen, wie weit das gehen würde", sagt Pfarrer Lewek.
Aufschlussreich ist die Entwicklung eines weiteren Symbols der Friedensbewegung. 1980 schrieben die Vereinten Nationen einen Plakatwettbewerb für die UN-Generalversammlung 1982 zum Thema Abrüstung aus. Den gestalterischen Wettbewerb gewann Professor Dr. Gerhard Voigt aus Halle mit einem pazifistisch anmutenden Motiv.
Das Plakat zeigt in Schwarz einen Mann mit zerbrochenem Gewehr vor einer grünen UN-Weltkugel. Der "schwarze Mann", wie das Friedenssymbol genannt wurde, tauchte anfangs in den Medien der DDR auf, verschwand dann aber wieder schnell in der Versenkung. In Bernburg scharte sich seit 1982 eine Gruppe um Jugendpfarrer Martin Kwaschik, der sich für die Friedensbewegung stark machte. Einer der Beteiligten war Hans Strecker - heute Geschäftsführer des Vereins "Rückenwind e. V.". Strecker, der bei den Montagsdemonstrationen 1989 in Bernburg eine tragende Rolle spielte, wird am Sonntag, den 9. August, ab 11 Uhr bei einer Veranstaltung in der Marienkirche über seine Erlebnisse berichten. Ergänzt wird die Ausstellung durch Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Herbst 1989 in Bernburg, die von Axel Eckert bei den Montagsdemonstrationen aufgenommen wurden.
Die Ausstellung in der Marienkirche ist montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.