Der Bäckermeister aus der Plötzkauer Friseurfamilie
PEISSEN/MZ. - In diesem Jahr hat er von der Handwerkskammer Halle den "Goldenen Meisterbrief" erhalten.
Dass Wolfgang Freitag überhaupt den Beruf des Bäckers erlernt hat, war anfangs gar nicht so klar. 1930 in Peißen geboren, zog die Familie nach Plötzkau. "Mein Vater und mein Großvater waren beide Friseure", erzählt der Bäckermeister. Und in Plötzkau hatten die Freitags ihr Friseurgeschäft. Dann musste sein Vater Walter in den Krieg, aus dem er nicht wieder kam. "Wir zogen zu den Eltern meiner Mutter nach Peißen", erinnert sich der Rentner. Der Peißener Großvater Paul Peters war Bäcker, hatte seine Bäckerei aber verpachtet. "Er sagte zu mir, du musst Bäcker lernen", erinnert sich Freitag. Freitag folgte dem Wunsch seines Großvaters und ging nach dem Krieg als junger Mann in Roschwitz bei Bäcker Hentschke in die Lehre, der aber sein Geschäft aufgeben musste. Beim Peißener Bäcker Renning beendete er schließlich seine Lehrjahre.
Bereits 1957 hat er sich in der Backstube seines Großvaters selbstständig gemacht. "Innerhalb eines Jahres musste ich meine Meisterprüfung machen. Das war die Anweisung damals", erzählt der Peißener. Die Anfangsjahre waren schwierig. "Ich hatte keine Maschinen, musste alles mit der Hand machen", erinnert er sich. Hilfe in der Backstube erhielt er damals von seiner Mutter Erna und Schwester Hannelore. Solange, bis er 1959 seine Frau Renate kennenlernte, die ihm fortan helfend zur Seite stand. Die gelernte Verkäuferin spezialisierte sich auf das Kuchenbacken. Zehn große Bleche haben die Freitags jeden Tag gebacken. Jedes neue Rezept mussten die Freitags beim Rat des Kreises einsenden. "Zur Überprüfung, ob auch unsere Kalkulation stimmte", erinnert sich Renate Freitag. Die Preise hat sie heute noch im Kopf: Den Amerikaner gab es für elf, das Stück Kuchen kostete 25 Pfennig.
Wenn Renate Freitag erzählt, wie schwierig es zu DDR-Zeiten war, Obst für den Kuchenbelag zu erstehen, dann muss sie lachen. "Wir hatten kein Auto. Zwei Faltbeutel voll mit Konserven habe ich jedes Mal nach Hause geschleppt. In den Geschäften in Bernburg wussten schon immer alle, was ich will", erinnert sich die 67-Jährige. Ähnlich knapp waren Mandeln, die in der Backstube zur Weihnachtszeit dringend benötigt worden. "Selbst aus Berlin haben Verwandte uns Mandeln mitgebracht", erinnert sich der Bäckermeister. 7 Uhr morgens haben die Freitags ihr Geschäft in der Woche geöffnet. "Bereits ab fünf Uhr gab es aber auch schon Brötchen im Flur", erzählt Renate Freitag. Nachts um halb eins stand ihr Mann täglich in der Backstube. Zuerst wurde der Brötchenteig angerührt, dann der Kuchenteig und schließlich das Brot. Geheizt wurde der Backofen in den ersten Jahren mit Kohle. Später dann mit Gas.
1998 erlitt Wolfgang Freitag einen Schlaganfall, ein Jahr später hat er schließlich das Geschäft an Bäcker Latsch verkauft.