Corona-Pandemie Corona-Pandemie : Extraschichten im Ameos-Zentrallabor Bernburg

Bernburg - „Die Mitarbeiter sind durch die aktuelle Lage zwar ein wenig unter Druck, aber die Stimmung unter den Kollegen ist gut“, sagt Dr. Mark Wasner. Der technische Leiter der Mikrobiologie im Ameos-Zentrallabor Bernburg hat wegen Corona Extra-Schichten eingerichtet.
Das Labor ist zuständig für die Ameos-Kliniken Bernburg, Schönebeck, Halberstadt und Haldensleben und befindet sich auf dem Krankenhausgelände an der Kustrenaer Straße. Hier werden alle Blut-, Gewebe- und Abstrichproben untersucht, die nicht per Schnelltest in den einzelnen Kliniken vor Ort machbar sind. Das Zentrallabor wurde vor einem Jahr neu eröffnet und entspricht den modernsten Ansprüchen. Zirka 1.000 Blutproben treffen hier täglich aus den vier Kliniken ein.
Bis zu 450 Proben am Tag können untersucht werden
Wegen des Corona-Virus sind mit aktuell zweieinhalb Mitarbeitern pro Schicht mehr als sonst im Einsatz. „Das Labor ist von 6 bis 22 Uhr besetzt“, erklärt Wasner. „Wir haben aber noch Reserven, falls es noch extremer wird.“ Der große lichte Raum hat mehrere Arbeitsplätze mit Mikroskopen, Maschinen und Computern.
An der Wand steht ziemlich unscheinbar ein Tisch mit etlichen Druckverschlussbeuteln, die je mit einem anderen Datum beschriftet sind und etliche Abstrichproben enthalten. Pro Tag testet Wasners Team 300 bis 450 Abstriche auf den Corona-Erreger. Diese werden nicht nur stündlich aus dem Testzentrum in Bernburg-Roschwitz abgeholt, sondern kommen auch aus Haldensleben, Alfeld und Halberstadt.
„Wir haben wirklich auch jede Menge Influenza-Erkrankte zurzeit“
Schritt Nummer 1 für den Corona-Test ist ein Computerarbeitsplatz. Eine Laborantin scannt den Barcode jeder einzelnen Probe am Computer ein und bekommt die Patienteninformationen gleich auf den Bildschirm. Danach geht es für die Proben in einen kleinen Raum. Hier werden alle Arten von Abstrichen untersucht, auch Influenza und Co.. „Wir haben wirklich auch jede Menge Influenza-Erkrankte zurzeit“, sagt Wasner.
Im Schritt Nummer 2 muss man erstmal die Spreu vom Weizen trennen. „Aus der Flüssigkeit vom Abstrichtupfer müssen wir jetzt sauberes Material herausbekommen“, erklärt der Mikrobiologe. Genauer gesagt filtert die Laborantin aus dem Abstrich die Nukleinsäure heraus, die die genetische Information enthält und schließlich auch den Corona-Virus in der Erbinformation nachweisen kann.
Diese „Nukleinsäure-Extraktion“ können die Mitarbeiter sowohl per Hand als auch von einem Automaten vornehmen lassen. Per Hand sind die Laboranten tatsächlich schneller: An einer Sicherheitswerkbank mit Schutzwand und Luftabsaugung holen sie das Testmaterial mit einer Pipette aus dem Röhrchen.
Von den Proben geht keine Gefahr für die Mitarbeiter aus
Ein Mitarbeiter schafft bis zu 48 dieser Vorgänge in einer Dreiviertelstunde. Zur Gefährlichkeit dieser Tätigkeit sagt der technische Leiter: „Es ist wahrscheinlicher, sich beim Mittagessen bei einem Kollegen anzustecken als an diesen Proben. Von ihnen geht gar kein Risiko aus.“
Der Extraktionsautomat, der denselben Vorgang vollautomatisch erledigt und aussieht wie ein großer Brutkasten, schafft bis zu 72 Proben in drei Stunden. Er fährt mit diversen Apparaturen über ein Kästchen, in dem die Proben stecken, und zieht die gewünschten Nukleinsäuren mit den Geninformationen per Magnet heraus.
In Schritt Nummer 3 kommt dann die Maschine zum Einsatz, die den Erreger an sich erkennt. Sie ist kleiner und erinnert an ein Waffeleisen. Das Instrument für die sogenannte „quantitative Echtzeit-PCR“ hat Einfassungen für bis zu 96 Proben.
Mit Hilfe des Wechsels von Wärme und Kälte simuliert der Apparat die Reproduktion von DNA in Form einer Kettenreaktion über mehrere Zyklen. Weil Fluoreszenzstoff beigemischt wird, wird die Entwicklung der fraglichen Virus-DNA innerhalb eines „Laufes“ sichtbar. Wasner erklärt: „Im Apparat ist eine kleine Kamera angebracht, die sich jede einzelne Probe von oben anschaut. Während der Reaktion werden bestimmte Farbstoffe freigesetzt.“
Farbige Linien belegen die Virus-Infektion
Am Laptop neben dem Apparat kann der Molekularbiologe einzelne Proben oder ganze Reihen auswählen und beobachten. Mit der Zeit schlagen einzelne farbige Linien immer deutlicher aus und belegen so die Virus-Infektion. Wasner schaut sich jeden Lauf persönlich an, schiebt deshalb jeden Wochentag Überstunden. „Nach diesem Schritt erfolgt noch die Negativ- beziehungsweise Positivkontrolle“, erklärt der Mikrobiologe. Jedes Testergebnis wird also noch einmal validiert.
52 von 3.600 Proben waren positiv
Alles in allen braucht eine Probe fünf Stunden Laborarbeit, mit Vorbereitung, Test und Nachbereitung. Seit dem 17. März wurden in dem Bernburger Labor so insgesamt 3.600 Abstriche aus den Testzentren Bernburg, Haldensleben, Alfeld und Halberstadt geprüft, davon waren 52 positiv.
Nach dem Test werden alle Proben aufgehoben. Die Positivproben werden benutzt, um die Funktionstüchtigkeit des eigenen Testsystems zu überprüfen, also mit neuen Positivproben verglichen. Die Negativproben werden nur für eine kurze Zeit aufbewahrt, falls es Rückfragen gibt. Die Befunde werden schließlich von Ameos per E-Mail oder Post an die Getesteten gesendet. „Aktuell wird auch daran gearbeitet, dass das Ergebnis per App übertragen werden kann“, sagt Wasner. Er ist der Auffassung, dass der große Schwung an positiven Corona-Fällen erst noch kommt. „Es hat in Sachsen-Anhalt in den großen Städten begonnen und schwappt nun langsam auf den ländlichen Raum über. Auch hier im Salzlandkreis werden die Zahlen noch steigen“, glaubt er. Die Zahl der aktiven Infektionen ist in der Region allerdings seit Tagen rückläufig.
„Wir können schließlich trotz Krise nicht alles andere stehen und liegen lassen“
Das Testlabor in Bernburg sei jedenfalls gut vorbereitet. Abstrichtupfer und Co. sind vorhanden, auch andere Krankheiten wie Influenza werden trotz Corona weiter bearbeitet. „Wir können schließlich trotz Krise nicht alles andere stehen und liegen lassen“, meint der Fachmann. Aktuell sei man für 10.000 weitere Tests im Labor ausgestattet. „Es wird ein heißer April“, vermutet Wasner, was die Arbeit im Labor betrifft. „Und das wird sich bis in den Mai hinein ziehen.“ Dennoch müsse man immer bedenken, wie wenig Tote Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern aufweise.
Im Sommer werde die Anzahl der Infizierten wegen der warmen Temperaturen, die das Virus nicht verträgt, und wegen Maßnahmen wie Kontaktverbot und Quarantäne abflachen. „Dann kommt die zweite Welle im Herbst“, vermutet Wasner zum weiteren Verlauf. Der Laborleiter geht wie andere Experten davon aus, dass das Virus dann wieder aufflammen wird. „Je mehr Menschen sich jetzt infizieren, desto weniger werden es im Herbst und umgekehrt.“ (vs)

