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Breitband-Versorgung Breitband-Versorgung: Stadt Nienburg will Internet-Ausbau vorantreiben

Von torsten adam 22.07.2014, 12:13
Systemadministrator Steffen Fiedler (links) und Frank Schaaf, Inhaber der Pobziger Firma Aller-Glas, hoffen inständig darauf, in dem Nienburger Ortsteil bald auf eine schnellere Internetverbindung zurückgreifen zu können.
Systemadministrator Steffen Fiedler (links) und Frank Schaaf, Inhaber der Pobziger Firma Aller-Glas, hoffen inständig darauf, in dem Nienburger Ortsteil bald auf eine schnellere Internetverbindung zurückgreifen zu können. Pülicher Lizenz

nienburg/pobzig/MZ - Wenn Steffen Fiedler, Administrator der Pobziger Firma Aller-Glas, vor dem PC sitzt, ist er des Öfteren der Verzweiflung nahe. Nur mühsam geht das Empfangen und Senden von E-Mails mit größerem Datenvolumen voran.

Dem Familienunternehmen mit seinen acht Mitarbeitern, vor 24 Jahren im Nienburger Ortsteil gegründet, steht nur eine 7,5 MB-Leitung zur Verfügung und erschwert die Kommunikation mit Geschäftspartnern ungemein. Vor allem das Anschauen von Präsentationsvideos ist nahezu unmöglich. Dabei ist Steffen Fiedler froh, dass Vodafone seit zwei Jahren die Funktechnik LTE in der Region anbietet.

„Vorher haben wir mit einer ISDN-Leitung gearbeitet. Da war die Verbindung sehr langsam, jetzt ist sie langsam“, schätzt der Fachmann ein. Deshalb sei immer nur einer der drei Firmen-Computer am Netz, um überhaupt arbeiten zu können. Der Einstieg in den Online-Handel sei derzeit undenkbar.

Im Salzlandkreis ist die Versorgung mit schnellem Internet (mindestens 50 Megabit/Sekunde) am weitesten in den Gemeinden Calbe und Egeln vorangeschritten. Hier haben 75 bis 95 Prozent aller Haushalte einen entsprechenden Anschluss. Dies geht aus dem aktuellen Breitbandatlas des Bundesverkehrsministeriums hervor.

In den Städten Schönebeck, Alsleben, Nienburg und Hecklingen haben zehn bis 50 Prozent der Haushalte solch einen schnellen Zugang zum weltweiten Netz. Noch in den Kinderschuhen steckt die Versorgung in den anderen Regionen des Kreises. Hier liegt die Anschlussquote unterhalb von zehn Prozent. Besonders schlecht sieht es in der Einheitsgemeinde Könnern und den Dörfern im Nienburger Umland aus.

Die Bundesregierung strebt an, dass bis 2020 Deutschland flächendeckend mit High-Speed-Internet oberhalb von 50 Mbit/Sekunde versorgt ist.

Der neue Landrat Markus Bauer (SPD) hält eine schnelle und zuverlässige Internet-Versorgung heutzutage für unabdingbar. „Für die Ansiedlung von Gewerbe ist das vielfach ein k.o.-Kriterium“, sagt er. Denn viele Mittelständler würden inzwischen international agieren und wären auf einen leistungsfähigen Datenaustausch angewiesen. Gleiches treffe auf Schulen zu, für die eine Kommunikation per Internet selbstverständlich geworden sei.

Um insbesondere auch junge Familien und Studenten der Hochschule Anhalt in der Region zu halten, sei schnelles Internet ein wesentlicher Standort-Faktor. Markus Bauer hält es darum für nötig, dass die hiesigen Kommunen nun selbst tätig werden, um mit Hilfe von Fördermitteln die Internetversorger zu Investitionen zu animieren. Der Landrat kann sich aber auch die Gründung eines kreisweiten Zweckbündnisses der Städte und Gemeinden nach altmärkischem Vorbild vorstellen. (tad)

Aber das Unternehmen, das laut Inhaber Frank Schaaf Flachglaszuschnitte und Isolierglas herstellt, sowie alle anderen Betriebe und Privathaushalte im Nienburger Umland können auf Besserung hoffen.

Die Stadtverwaltung will den Breitband-Ausbau unter eigener Regie zügig vorantreiben und hat dazu bereits eine Machbarkeitsstudie beim vom Land Sachsen-Anhalt zertifizierten Beratungsunternehmen GRK Potsdam erarbeiten lassen.

Die Ergebnisse stellte deren Geschäftsführer Rüdiger Kramer in der Vorwoche im Rathaus vor.

Latdorf die rühmliche Ausnahme

Stand heute hat neben dem westlichen Teil der Stadt Nienburg der Ortsteil Latdorf mit 16 Mbit momentan die beste Versorgung.

„Laut Deutscher Telekom ist dort bis 2015 ein Ausbau auf 50 oder gar 100 Mbit vorgesehen“, sagte Kramer. Das Dorf am Rand von Bernburg ist jedoch die rühmliche Ausnahme.

Die Internetversorger halten sich mit dem Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes im ländlichen Raum zurück, weil hohe Investitionskosten eine überschaubare Kundenzahl gegenüber steht, mit denen sich die Kosten kaum refinanzieren lassen.

Welche Möglichkeiten die Kommune hat, den Ausbau anzuschieben, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Laut Rüdiger Kramer hat die Kommune drei Möglichkeiten, den Ausbau anzuschieben: Erstens den Aufbau eines eigenen Glasfasernetzes und dessen anschließende Verpachtung an einen Betreiber. Hier wären perspektivisch sogar Geschwindigkeiten von bis 2500 Mbit möglich.

Hohe Tilgungskosten

Die Verlegung von knapp 90 Kilometer Leitung zu allen Haushalten würde allerdings zirka 13,5 Millionen Euro kosten. Die Stadt, die in der Konsolidierung ist, dürfte dafür zwar einen Kredit aufnehmen und würde Fördermittel vom Land bekommen, doch aufgrund der hohen Tilgungskosten wäre diese Variante zu risikobehaftet, riet Kramer davon ab.

Zweitens könnte die Kommune vorhandene Kupferkabel der Telekom nutzen und ein 20 Kilometer umfassendes Glasfasernetz errichten. Damit wären noch bis zu 100 Mbit möglich, die Kosten würden bei 2,5 Millionen Euro liegen.

Ausschreibung favorisiert

Drittens - und dieses Modell favorisiert Kramer - könnte die Stadt den Aufbau eines Netzes ausschreiben. In diesem Fall müsste sie dem Betreiber die Wirtschaftlichkeitslücke decken. Diese würde nach Berechnungen des Potsdamers höchstens 2,28 Millionen Euro betragen. Bei einem zu erwartenden Zuschuss durch das Land müsste Nienburg aus dem Stadtsäckel 456.000 Euro aufbringen.

Auf Seite 3: Was Berater Rüdiger Kramer der Kernstadt und den Ortsteilen empfiehlt.

Kramer empfahl, die Netze für Kernstadt und Ortsteile separat auszuschreiben. Denn würde in Nienburg selbst das vorhandene Koaxialkabel für die Breitbandnutzung ertüchtigt, könnten die Kosten nochmals gesenkt werden. Der Berater ist überzeugt, dass sich an solch einer Ausschreibung genügend Interessenten beteiligen, beruhigte er die Befürchtung der Wedlitzer Ortsbürgermeisterin Brigitte Kühnemund, dass die Dörfer auf der Strecke bleiben könnten.

Er riet, sofort loszulegen. „Denn es kommt kein weißer Ritter, der ohne Fördermittel baut.“ Findet die vorgeschlagene Variante im Stadtrat Zustimmung, wäre das gesamte Territorium der Einheitsgemeinde zirka anderthalb Jahre nach der Ausschreibung mit Hochgeschwindigkeitsinternet versorgt.