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Blauer Turm Blauer Turm: Der hohle Zahn von Bernburg

Von FRAUKE HOLZ 11.09.2013, 09:12
Planer Jan Schwesinger (l.) und Uwe Hey vom Amt für Stadtentwicklung und -erneuerung schauen sich die Sicherungspläne an.
Planer Jan Schwesinger (l.) und Uwe Hey vom Amt für Stadtentwicklung und -erneuerung schauen sich die Sicherungspläne an. ENGELBERT PÜLICHER Lizenz

BERNBURG/MZ - Die gute Nachricht zuerst: Der Blaue Turm von Bernburg ist zu retten. Aber der Zustand ist ernst, wie Jan Schwesinger vom Architekturbüro Cuboidoo feststellt: „Er könnte ohne Vorwarnung einstürzen. Ein solches plötzliches Ereignis ist möglich.“ Denn die breiten und teils meterlangen Risse vergrößern sich weiter.

Entgegen mancher Vermutungen rühren diese Risse aber weniger von Setzungen her. Das eigentliche Problem sind die verschiedenen Umbauten, die der Turm erfahren hat. So wurde in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder an ihm gebaut und repariert. Mittlerweile finden sich an allen Seiten vertikale Risse, Spalten und Baunähte. „Er ist sehr durchlöchert, wie ein hohler Zahn. Lediglich die Turmecken sind stabil bis nach unten geführt“, erklärt Schwesinger. Das bedeute gleichzeitig aber auch, dass die gesamte Last des Turmes auf den Ecken ruht. Die Folge: „Der Turm drückt sich nach außen.“

Was im Inneren so offensichtlich zu Tage tritt, ist von außen kaum zu sehen. Dennoch muss der Turm alsbald statisch gesichert werden. Pläne für eine Notsicherung haben Jan Schwesinger und sein Kollege Jonas Jüttner bereits erstellt. Diese beinhalten eine Umgurtung des Turmes. Zunächst erfolgt eine Einrüstung. „Dann werden an den äußeren Ecken vertikale Hölzer angelegt, die schließlich mit Spanngurten zusammengeschnürt werden“, erklärt Schwesinger das Vorgehen.

Derzeit könne man allerdings noch nicht mit den Sicherungsarbeiten beginnen, da die Ausschreibung dazu noch laufe. Uwe Hey vom Amt für Stadtentwicklung und -erneuerung hofft dennoch, dass die Sicherung bis zum Ende des Jahres erfolgt. Rund 100 000 Euro werde das die Stadt kosten.

Ein erster Schritt. Denn damit ist der Turm noch nicht gerettet. Eine Sanierung wird folgen müssen. Bevor diese begonnen werden kann, muss geklärt werden, was baulich zu welcher Zeit an dem Turm verändert wurde. Eine entsprechende Untersuchung war seitens der Stadt in Auftrag gegeben und am Denkmaltag vorgestellt worden.

Der hallesche Bauforscher Maurizio Paul konnte dabei nicht nur Aufschluss über konstruktive Zusammenhänge geben, sondern auch nachweisen, dass der Turm älter ist als gedacht: Er stammt aus der Gotik und wurde innerhalb der Renaissance-Zeit im damaligen Stil erneuert. Im Zuge dessen wurden beispielsweise Geschossdecken versetzt, was heute noch deutlich im Inneren zu sehen ist.

Die Sanierung wird bis zu 500 00 Euro kosten. Wann diese erfolgen kann, ist allerdings unklar. Ein Verzögerungsgrund sind die vielen anderen Baustellen, die es derzeit auf dem Schlossgelände gibt. Zudem fehlt bislang ein einheitliches Gestaltungskonzept für das gesamte Schlossensemble, in das sich letztlich auch der Blaue Turm einfügt.

Seinen Namen verdankt der Blaue Turm übrigens dem ehemaligen Schieferdach, das im Zuge der Sanierung ersetzt werden soll. So wird der Turm schon im Saalbuch von 1641 beschrieben als „ein gemauerter Thurm ins Gevierdte, darauff eine blaue Haube mit Schieffer gedecket“.

An der Ostfassade zieht sich der Riss nahezu einmal von oben nach unten durch den Turm.
An der Ostfassade zieht sich der Riss nahezu einmal von oben nach unten durch den Turm.
ENGELBERT PÜLICHER Lizenz
Die Risse und Fugen sind im Inneren in jeder Etage deutlich zu sehen.
Die Risse und Fugen sind im Inneren in jeder Etage deutlich zu sehen.
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