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Bernburger sind das Schicksal des Palastes

30.03.2007, 18:43

Berlin/Bernburg/MZ. - Nicht nur, dass der Askanierfürst Albrecht der Bär (um 1100 bis 1170) mit dem Erringen der Mark Brandenburg von den Slawen den Weg ebnete, um Berlin zu gründen. Nein, auch das Schicksal einer der umstrittensten Bauten bestimmen die Saalestädter mit: Es geht um den Palast der Republik am Spreeufer gegenüber dem Dom.

Von 1976 bis 1989 leitete mit Günter Bischoff ein gebürtiger Bernburger den Palast - und nun ist es eine Bernburger Firma, die das Ende besiegelt.

"Bierflaschen fliegen uns nicht mehr um die Ohren", sagt Polier Detlef Wendt. Anfang letzten Jahres war das noch anders. Damals, als die Bernburger Firma Jaeger Umwelttechnik mit dem Abriss vom "Palast der Republik" begann, hatte man mit viel Gegenwind zu kämpfen, erinnern sich Wendt und sein Polier-Kollege Jürgen Fischer.

"Es gab sogar Demonstrationen gegen den Abriss", sagt Fischer. Doch mittlerweile hat sich das beruhigt. Es ist eh nichts mehr zu retten vom symbolträchtigen Prunkbau der Honecker-Ära. Denn nur noch das Stahlskelett steht. Zumindest ein Teil, denn das Baufeld 2, wie es auf dem Bau heißt, ist Geschichte. Hier befanden sich das Foyer mit der riesigen gläsernen Blume und die Gastronomie. Die letzten zwei Träger wurden am Dienstag auseinandergebrannt und demoniert.

Aber selbst das restliche Skelett beeindruckt in seiner Größe und seinem Zustand - denn der Schwedenstahl macht den Eindruck, dass der Palast für die Ewigkeit gebaut wurde. 20 000 Tonnen bester Stahl, der zum Schrott mutiert, hielten einst das Statussymbol der Hauptstadt der DDR stabil. Jetzt bringt der Schrott Berlin ein stattliches Sümmchen ein. Denn den Verkauf des Eisens hat sich der Senat ausdrücklich vorbehalten. Bei derzeit weit über 100 Euro pro Tonne ein gutes Geschäft, das die Abrisskosten etwas mildern hilft.

Durch die Asbestbelastung sind die nämlich weitaus höher, als bei vergleichbaren Gebäuden. Die Angaben schwanken zwischen 20 Millionen bis 60 Millionen Euro. Doch bei vielen Berlinern, die mit dem Palast aufgewachsen sind, ist das Argument "Asbestbelastung" vorgeschoben. Denn, so sagt ein Berliner, das Internationale Congress Centrum (ICC) sei nicht weniger belastet. Aber das steht in einem politisch unbelasteten Teil Berlins.

Technisch, das sagten auch die beiden Poliere, rechtfertigt nichts den Abriss. "Der Bauzustand war einwandfrei", meint Fischer, der seit einem Jahr bei Jaeger Umwelttechnik beschäftigt ist. Der Asbest, der aus Brandschutzgründen in den einzelnen Decken eingebaut wurde, sei eine gesundheitliche Gefahr, wenn er freigesetzt wird, weiß Fischer, der für die Asbestsanierung zuständig ist. Aber hier, so sein Urteil, war Asbest fest im Zement eingebunden. Und der hätte noch ewig gehalten.

Fischer hängt nicht an dem Prestigebau der DDR. "Der Abriss sichert meinen Job und den der 55 Leute hier auf dem Bau", sagt er pragmatisch. Damals, als er vor etwa 15 Jahren gezwungenermaßen in die Branche einstieg, war das anders. "Mitgenommen hat mich, als ich meinen eigenen Arbeitsplatz abreißen musste", blickt er zurück. Damals war er im Kraftwerk "Schwarze Pumpe" beschäftigt - und bekam einen Job, um das Kraftwerk abzureißen, als es dicht gemacht wurde. "Seit dem habe ich keine Emotionen mehr, wenn wir etwas abreißen", meint der Polier. Sein Kollege Wendt, der für den Stahlbau zuständig ist, sieht das ähnlich. Er war 1985 in die Lausitz gekommen. Aufgewachsen ist er in Teutschenthal. Aber bei einer Sendung "Außenseiter - Spitzenreiter" habe man gesagt, in der Lausitz gebe es die hübschesten Frauen, schmunzelt er. Da habe er sich aufgemacht, eine zu heiraten. Auch Wendt bekam die "Chance", eine Arbeit zu bekommen, die damit begann, seine eigene Förderbrücke im Kohlebergbau abzureißen. Seit fünf Jahren nun ist er bei Jaeger Umwelttechnik. Als er letztes Jahr mit dem Abriss in Berlin begann, war ihm der Palast an sich egal. Aber: "Es tat weh, als wir die Bühnentechnik demontierten", blickt er zurück. "Die war vom Feinsten. Mechanisch ein perfektes Spiel von Kräften und Gegenkräften, wenn die Bühnen umgeschwenkt oder versenkt wurden."

Ausgestattet war der Palast wie kein anderes Gebäude. Freilich, jedem DDR-Bürger war das nicht vergönnt, hier zu Bowlen, Aufführungen oder Veranstaltungen zu sehen. Aber nach der Wende, als die Vergnügungen zugänglicher waren, war immer alles ordentlich ausverkauft, wissen die Bauleute von Angestellten und Künstlern, die hier arbeiteten. So bleibt halt für die Befürworter des Palastes, dass der Abriss eine Art Rache ist, um die Sprengung des alten Stadtschlosses 1950 zu sühnen. Ob das wieder in Teilen aufgebaut wird, bleibt fraglich.

"Ehrlich gesagt, scheint das keinen groß zu interessieren", meint Wendt, wenn er so an Gespräche denkt, die er bei dem einen oder anderen Bierchen führt. Denn mittlerweile wird sich gern mit den Abrissleuten vom Palast unterhalten und das Bier aus dem Glas getrunken, ohne mit den Bierflaschen nach ihnen zu werfen.