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Bernburg Bernburg: Salus-Mitarbeiter fordern Angleichung der Gehälter

Von SUSANNE WEIHMANN 05.12.2011, 18:24

BERNBURG/MZ. - Genervt schlägt eine Frau in der Bruno-Hinz-Straße das Fenster ihrer Wohnung zu. Auf der anderen Seite stehen zwei Rewe-Mitarbeiterinnen und beobachten neugierig den Zug, der gerade an ihnen vorüber zieht. Auch an anderen Fenstern stehen die Leute, aufgeschreckt durch den Lärm von der Straße. Es sind die Mitarbeiter der Salus gGmbH, die vorbei gehen und sich mit Trillerpfeifen und Trommeln Gehör verschaffen wollen.

Die Gewerkschaft Verdi hatte die Mitarbeiter des Maßregelvollzugs zum Warnstreik aufgerufen, nachdem die Tarifverhandlungen zwischen Verdi und der landeseigenen Salus gGmbH am 17. November keine Annäherung gebracht hatten. Begonnen hatte der Protestzug auf dem Salus-Gelände in der Olga-Benario-Straße. Von der Bruno-Hinz-Straße zogen die Streikenden weiter über die Antoinetten- und die Hallesche Straße durch die Innenstadt in Richtung Kurhaus.

Auf Transparenten forderten die Mitarbeiter des Maßregelvollzugs und der Salus Service, ihre Gehälter an das Niveau des Öffentlichen Dienstes in Sachsen-Anhalt anzugleichen (siehe Seite 3). Die Salus biete lediglich eine Gehaltserhöhung von ein bis zwei Prozent an, nur für examinierte Pflegekräfte vier Prozent, berichtete Verdi-Verhandlungsführer Jens Berek. "Das ist lächerlich." Er fordert einen "deutlichen Schritt" von der Arbeitgeberseite. "Mindestens eine sechs muss vor dem Komma stehen." Ein zweiter Grund für die Demonstration sei der Personalmangel im Maßregelvollzug.

Zahlreiche Fluchtversuche - bis Ende November waren es bereits 23 Insassen - hatten in den vergangenen Monaten immer wieder für Aufsehen gesorgt. Ein Grund sei sicher der Personalmangel, sagt Manfred Zeller, der Betriebsratsvorsitzende. Man habe in den vergangenen Jahren immer mehr Fachkräfte abgebaut, sagt Zeller. "Im Gegenzug nehmen die Übergriffe und die Gewalt zu." Bisher liegt die Quote der Fachkräfte laut Zeller bei 60 Prozent, die der Pflegehelfer bei 40 Prozent. Nach Plänen des Landes soll sich dieses Verhältnis in den kommenden Jahren umkehren. Damit sei eine qualitativ wertvolle Arbeit nicht mehr möglich. Qualifiziertes Personal könne helfen, die Gewaltbereitschaft abzubauen. "Mit genügend Freizeitangeboten wie zum Beispiel Sport werden die Patienten ausgeglichener", meint Zeller. Auch in Gesprächen würden sie Frust abbauen. Natürlich gebe es auch bei ausreichend und besser bezahltem Personal keine Garantie, dass Patienten nicht mehr fliehen, sagt Manfred Zeller. Aber die Zahl ließe sich verringern, ist er sich sicher.

Jana Pella kennt die Zustände im Maßregelvollzug in Bernburg bestens. Seit anderthalb Jahren arbeitet sie dort als Krankenschwester. Zuvor hat sie bereits 14 Jahre im Fachklinikum gearbeitet. Sie berichtet, dass die Patienten immer aggressiver und gewalttätiger werden. "Die Arbeit wird immer intensiver. Das wollen wir auch entsprechend honoriert haben", sagt Pella. Auch Marco Apel ist lange genug dabei. Und auch er will sich nicht länger mit der Situation abfinden. "Ich sehe es nicht mehr ein, dass wir stets in Mindestbesetzung und für wenig Geld hier arbeiten", sagt der 33-Jährige, der seit neun Jahren als Krankenpfleger im Fachklinikum arbeitet. Nach Schätzungen von Jens Berek haben am Montag rund 200 von 600 Beschäftigten des Maßregelvollzugs und der Salus Service - dazu zählt unter anderem das Küchenpersonal - ihre Arbeit niedergelegt. Unterstützt wurden die Bernburger von 28 Kollegen aus dem Maßregelvollzug in Uchtspringe (Landkreis Stendal), die bereits vor zwei Wochen gestreikt hatten. "Bei uns herrscht die gleiche Situation", sagte ein Pfleger.

Verhandlungsführer Berek begrüßte "die Kollegen aus dem billigsten Maßregelvollzug Deutschlands". Und legte gleich mit einigen Zahlen nach: "Die Gehälter der Beschäftigten bei der Salus hinken bis zu 17 Prozent hinter denen von Landesbediensteten her." Konkret würde beispielsweise eine Krankenschwester oder eine Ergotherapeutin monatlich 300 Euro weniger als Angestellte im Öffentlichen Dienst des Landes verdienen, Pflegehilfskräfte hätten gar über 400 Euro weniger. "Das Maß ist voll", sagt Berek.