Kultur Bernburg empfiehlt sich
Das Festival „Wildwechsel“ hat gezeigt, dass die Saalestadt mehr kann als man gehofft hatte. Weitere größere Veranstaltungen sind in Planung.

Bernburg/MZ - „Es sind noch so viele Eindrücke in meinem Kopf. Das muss ich erst einmal ordnen.“ Karola Marsch ist zurück in Berlin. Einige Tage im Oktober war Bernburg ihre Zuhause. Karola Marsch war künstlerische Leiterin bei „Wildwechsel“, dem Festival der ostdeutschen Kinder- und Jugendtheater, das vom 16. bis 21. Oktober stattfand. Doch eines weiß sie schon jetzt, bevor alles soweit erfasst und auch ausgewertet ist: „Es waren anstrengende, aber sehr schöne Tage in Bernburg. Es war ein Erfolg“, sagt sie und meint, es waren ganz viele Highlights.
Kompliment an Bernburg
Dabei gibt Karola Marsch ein Kompliment gern an die Bernburger. Die Einwohner waren aufgerufen, sich mit einzubringen. Und das haben sie gemacht. Ob Schulen, Vereine oder auch die Menschen auf der Straße, alle haben mitgemacht. „Es war einfach gut, dass wir die Wilhelmstraße mit eingebunden und die leeren Geschäfte nicht nur mit einer Einzelaktion in den Blick gerückt haben“, so Karola Marsch. Denn neben Ideenwerkstätten waren hier auch Miniaturen zu sehen. Es war in den leeren Geschäften plötzlich Leben.
Bei den Aufführungen in den Spielstätten hätte sich Karola Marsch ebenso eine Teilnahme gewünscht. Doch hier blieb das Publikum überschaubar. So war ein Austausch, der über Kunst und Kultur und über das, was die Künstler zeigten, eher sparsam. Man diskutierte unter sich.
Anders war es in der Stadt. Schon zum Auftakt mit einer Tanzperformance zeigte sich, dass Bernburg sich als würdiger Gastgeber präsentieren wird. Und auch die vielen Kinder aus Bernburger Schulen, die entlang der Wilhelmstraße sich zeigten und alles, was sich um Gesellschaft und Demokratie drehte sowie verarbeitet wurde, zog die Passanten in ihren Bann. Bernburg atmete Kultur. In Bernburg ging es mit dem Motto „Garten der Demokratie“ um die demokratischen Werte der Gesellschaft, so Ulrich Katzer, Geschäftsführer des Bühnenvereins Ost. Dass man in einer Stadt mit einem reinen Gastspieltheater ein solches Projekt wagte, war spannend und er sieht es als richtigen Schritt an, es gewagt zu haben. Bernburg hat Potenzial für mehr und das wird auch genutzt werden. Weitere Projekte sind bereits angeschoben, so Katzer. Eines würde 2023 in Bernburg stattfinden und vom Deutschen Bühnenverein veranstaltet. Erstmals in einer Stadt, die nicht dem Bühnenverein angehöre, so Katzer. Auch erstmals in einer Stadt mit einem Theater ohne eigenes Ensemble. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn Anita Bader, Geschäftsführerin der Theater- und Veranstaltungs GmbH, sich nicht so dahintergeklemmt hätte, das Festival an die Saale zu holen. Das Festival zeigte, dass man Neues einfach mal probieren sollte.
Einfach Neues probiert
Denn es war auch hier das erste Mal, dass das Festival an einem Ort spielte, wo es zwar ein Theater gab, das aber ausschließlich mit Gastspielen läuft. „Eigentlich waren wir viel zu wenige Leute, um das zu stemmen“, schätzt Karola Marsch ein. Doch es klappte. Auch Anita Bader zeigt sich überaus zufrieden, obwohl das Festival zum Abschluss durch Sturm und Coronafälle etwas abrupt zu Ende ging. Insgesamt wurden ihre Erwartungen erfüllt, so Anita Bader. Das nächste Projekt ist schon fest im Blick. Es wird ein Tanzevent sein, freut sie sich.
Landrat Markus Bauer (SPD) lobte diesen Einsatz. „Es nützt nichts, wenn man Geld bekommt. Es sind die Inhalte, die zählen und die zeigen, was Kultur auch im ländlichen Bereich bewegen kann“, so Bauer. Der Landkreis hatte eine sechsstellige Summe vom Land für die Kultur erhalten. Das Festival bot Gelegenheit, kulturelle Netzwerke zu knüpfen, um sich auszutauschen, so Bauer.
Mit dem Festival „Wildwechsel“, das seit September 2014 in verschiedenen Städten der Region ausgerichtet wird, schaffte der Arbeitskreis Ost einen neuen Spiel-Raum für Akteure und richtet den Scheinwerfer auf die Kinder- und Jugendtheaterlandschaft in der Region. Der Arbeitskreis setzt sich aus 39 Kinder- und Jugendtheater in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Berlin zusammen. Er setzt sich gemeinsam für eine Bestärkung bestehender Theaterstrukturen, den künstlerischen Austausch der Theaterschaffenden und die Weiterentwicklung der Theaterlandschaft für ein junges Publikum in der Region Ost der Bundesrepublik ein.