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Bernburg Bernburg: Ein Kuckucksei bei der Polizei

Von Herbert Jeschke 22.02.2012, 18:39

bernburg/MZ. - Von der Nachkriegs-Schreckensherrschaft des Alfred Rieck als Polizeichef in Bernburg handelt das Buch "Rieck - der Henker von Bernburg". Autor Michael Schuster hat es am Dienstagabend zum zweiten Mal vor einem breiten Zuhörerkreis in der Bernburger Buchhandlung "Thalia" vorgestellt. Der Baalberger, der in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Publikationen aus der Geschichte Anhalts veröffentlichte, legt nun eine Dokumentation vor, die sich mit den ersten Monaten nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Bernburg auseinandersetzt.

Erpressungen, Vergewaltigungen

In der von der Roten Armee besetzten Saalestadt übernahm im August 1945 ein bis dahin unbekannter Mann den Posten des Polizeichefs. Alfred Rieck baute in den folgenden Monaten mit seinen zu Polizisten gemachten Kumpanen ein wahres Schreckensregime auf. Dabei gehörten brutale Verhöre, Erpressungen, Vergewaltigungen und Raub zu den Methoden, mit denen sich die Verbrecher bereicherten.

Alfred Rieck wurde in Metz im Elsass geboren. 1920 wurde er erstmals aktenkundig straffällig und legte sich in den Folgejahren ein reiches Strafregister zu. Im Jahr 1934 wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, landete er als Krimineller über Umwege 1944 im Konzentrationslager Buchenwald. Rieck gelang mit Kumpanen die Flucht bei einem Tieffliegerangriff während eines Marsches der Häftlinge. Nach Kriegsende von einem Ortsbürgermeister als KZ-Häftling dokumentiert, umhüllte er sich und seine Kumpanen mit dem Deckmäntelchen eines Antifaschisten.

Sein Weg führte ihn nach Halle, wo er aufgrund seines fingierten Lebenslaufes als Kommunist mit offenen Armen empfangen und nach Bernburg delegiert wurde, um dort die politische Gewaltübernahme durch die Sowjets vorzubereiten. Mit dem Geheimdienst der Sowjets, dem NKWD, stellte Rieck sich gut und schuf sich so Rückhalt für seine verbrecherische Unterdrückung der Bürger.

Diese Gewaltherrschaft übte er gegen alle Versuche der Ablösung und Verhaftung stets mit Unterstützung des NKWD aus, ehe er zum Jahreswechsel 1945 / 46 aus Bernburg verschwand. Er tauchte später nochmals in Begleitung eines sowjetischen Offiziers auf und versuchte erneut Erpressungen, bis er endgültig sein Tätigkeitsfeld verlagerte.

Eigenen Verlag gegründet

Der aus Berlin stammende Michael Schuster schrieb schon in jungen Jahren erzählende Prosa und war Mitarbeiter des DDR-Fernsehens. Über viele Stationen seines Lebens blieb er der Schriftstellerei treu und verfasste ab 1993 Texte für Komponisten, war als freier Journalist tätig. Im Jahr 2000 verschlug es ihn nach Baalberge. In der neuen unbekannten Heimat begann er sich für die hiesige Geschichte zu interessieren. Angeregt durch eine Dokumentation des Magdeburger Journalisten Bernd Kaufholz, stieß er auf die Person des Alfred Rieck, die ihm interessant genug erschien, darüber ein Buch zu schreiben.

Michael Schuster musste viel Arbeit in die Recherchen zu den damaligen Ereignissen investieren. Er suchte viele Quellen und gab auch bei negativen Ergebnissen seine Nachforschungen nicht auf. Der Autor deckte viele Ungereimtheiten bei den damaligen Vorgängen auf, durch die sich Rieck immer wieder der strafrechtlichen Verfolgung entziehen konnte. Die genauen Daten über Bernburgs damaligen Polizeichef erhielt er aus den Archiven der Stasi, was wiederum zeigt, wie präzise über auffällige Bürger Buch geführt wurde.

Renommierte Verlage zeigten indes kein Interesse an den Manuskripten von Michael Schuster. So entschloss er sich, seinen eigenen Verlag zu gründen. Ein Schritt, der von Erfolg begleitet ist. Denn mittlerweile sind 19 Werke, davon fünf aus eigener Feder, in seinem Verlag erschienen.

Das Buch ist unter der ISBN-Nummer 978-3-9813121-8-8 zum Preis von 8,90 Euro im Handel erhältlich.