Bauarbeiten auf der Bernburger Saale Bauarbeiten auf der Bernburger Saale: Neue "Leitplanken" für Schiffe

Bernburg - So mancher Passant am Bernburger Saale-Ufer mag sich schon gefragt haben, welche Gründe die seit Wochenanfang oberhalb des Wehres positionierte Technik hat. Des Rätsels Lösung: Es sind vorbereitende Arbeiten für den geplanten Austausch von sogenannten Schutzdalben, die ein Abdriften von vorbeifahrenden Schiffen über die Wehrkrone verhindern. Sie sind also im übertragenen Sinne Leitplanken für den Schiffsverkehr, wie sie Kraftfahrer von Straßen und Autobahnen kennen. Der Bund, der das Vorhaben bezahlt, rechnet mit Kosten von rund 350.000 Euro.
Die sieben Eisenpfeiler haben inzwischen genau 60 Jahre auf dem Buckel und werden nun quasi in Frührente geschickt. „Durch die schwankenden Wasserstände sind sie anfällig für Rost. Bei unseren regelmäßigen Inspektionen haben wir zuletzt festgestellt, dass die verbliebene Reststärke zu gering ist, um ihre Funktion weiter zu gewährleisten“, erklärt Matthias Pusch, Leiter des Außenbezirks Bernburg des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Magdeburg, den Handlungsbedarf.
Warten auf höheren Wasserstand
Die Arbeiten waren eigentlich schon für Herbst vergangenen Jahres geplant, doch der andauernd niedrige Wasserstand der Saale machte diesem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung. Die vom Bund beauftragte Firma Otto Mette aus Berlin konnte mit ihrem Schiff aufgrund dessen verhältnismäßig großen Tiefgangs den Fluss einfach nicht befahren. Das hat sich erst vor Kurzem geändert. Derzeit führt die Saale im Bereich Bernburg rund einen halben Meter mehr Wasser als im langjährigen Durchschnitt.
Bevor der eigentliche Dalben-Austausch in der nächsten Woche startet, ist einiges an Vorbereitung nötig. Am vorigen Freitag erreichte der erste von mehreren Schwerlasttransporten die WSA-Zentrale an der Dr.-John-Rittmeister-Straße, um unter anderem die neuen Dalben und weitere benötigte Technik abzuladen. Von hier aus werden sie flussabwärts zum Wehr gebracht.
Tonnenschwere Stahlkolosse
Die Berliner Firma leitete zudem ein Beweissicherungsverfahren an Häusern der Umgebung ein, so entlang der Fischergasse, auf der Schleuseninsel und auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik, um eventuell durch die Arbeiten verursachte Schäden dokumentieren zu können. Denn die tonnenschweren Stahlkolosse werden mittels Bohrgerät und Vibrationsramme neun Meter tief im Flussgrund verankert, damit sie auch Kollisionen mit größeren Schiffen standhalten können.
100 Millionen Euro-Großprojekt angemeldet
An zwei derartige Havarien, als die Dalben tatsächlich Schlimmeres verhinderten, kann sich Matthias Pusch während seiner bisherigen 20-jährigen Tätigkeit in Bernburg noch gut erinnern. Das erste Mal sei ein Schiff 1995 gegen die Pfeiler geprallt, den zweiten Vorfall gab es nach der Jahrtausendwende. Beide Male hätten die Schiffsführer falsch agiert und seien aus der Fahrrinne abgetrieben worden. Besonders bei höheren Wasserständen, wenn die Strömung stark Richtung Wehr läuft, ist Vorsicht geboten, weiß der WSA-Außenbezirksleiter.
Ihm zufolge ist geplant, in der kommenden Woche zunächst die neuen Dalben zu installieren. Es sind ebenfalls sieben Stück. Sie sollen ihren Platz drei Meter neben ihren Vorgängern finden. Anschließend seien die korrodierten Dalben herauszuziehen. Dies werde nicht ganz einfach sein. Sollten die Dalben nämlich an einer Schwachstelle unterhalb des Flussgrundes brechen, müssten auch Taucher zum Einsatz kommen. Voraussichtlich bis Ende April werden die Arbeiten oberhalb des Wehres andauern, schätzt Matthias Pusch.
Kanal-Entscheidung naht
Offen bleibt, ob dann das Arbeitsschiff nach Berlin zurückkehren kann. Dies wird vom Wasserstand abhängen. Eine deutliche Erleichterung für die Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße wäre der Bau des Seitenkanals bei Tornitz, der die im Mündungsbereich stark mäandernde Saale als Passage ablösen würde. Das zuletzt auf 100 Millionen Euro geschätzte Großprojekt, über das seit zwei Jahrzehnten diskutiert wird, ist vom sachsen-anhaltischen Verkehrsministerium für den neuen, bis 2030 geltenden Bundesverkehrswegeplan angemeldet worden.
Mit 413 Kilometern Länge ist die Saale nach der Moldau der zweitlängste Nebenfluss der Elbe. Seit dem Tag der deutschen Wiedervereinigung ist sie ab der Elbmündung bei Barby bis zum Kilometer 124 stromaufwärts nahe Bad Dürrenberg als Bundeswasserstraße klassifiziert und wird im Auftrag des Bundes vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Magdeburg betreut. Durch die zwischen den Jahren 1933 und 1942 vorgenommenen Begradigungen verkürzte sich die Gesamtlänge der Saale um 14 Kilometer.
Insgesamt 17 Schleusen gewähren die Schiffbarkeit des Flusses, darunter auch eine in Bernburg. Sie war um das Jahr 1940 errichtet worden. Die Spundwände in ihrem Trichter sind - wie die Schutzdalben - inzwischen auch stark vom Rost angegriffen und sollen deshalb ebenfalls ersetzt werden. Laut Matthias Pusch, Bernburgs WSA-Außenbezirksleiter, sollen die Arbeiten möglichst noch dieses Jahr beginnen. Bislang stehe aber die Genehmigung durch die Generaldirektion der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes noch aus.
Seit Monaten immer wieder verschoben, soll dessen Erstentwurf nun nach neusten Informationen aus Berlin am kommenden Mittwoch im Rahmen einer Sondersitzung des Bundestags-Verkehrsauschusses veröffentlicht werden. Dann wird klar sein, ob die Unternehmen entlang der Saale ihre Hoffnung, Güter auf dem Wasserweg transportieren zu können, endgültig begraben müssen. Matthias Pusch jedenfalls ist überzeugt, dass der Kanal einen Nutzen bringt: „Wenn vernünftige Verhältnisse geschaffen werden, würden hier auch Schiffe fahren.“ (mz)