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Wenn die Straße zum Stübchen wird

Von Kerstin Beier 12.01.2005, 18:32

Aschersleben/MZ. - Inzwischen sind die Häuser weg. Abgerissen. Doch so ganz stimmt das auch nicht; die Fassaden nämlich sind stehen geblieben. Und nicht nur das: Die gelblichen Klinker haben ihre alte Farbigkeit zurückerhalten, Gesimse und Vorsprünge strahlen in einem hellen Gelbgrün. Keine Rede mehr von Unscheinbarkeit. Farbenfrohe Bilder schmücken die Fensteröffnungen und lenken die Blicke unweigerlich auf sich. Für den Betrachter sieht es so aus, als würde er von drinnen nach draußen schauen - auf verschiedene Gebäude der Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft (AGW). Ein Mann winkt eifrig, vor einem anderen Fenster belebt eine Katze das Bild.

"Eigentlich sollen die Autofahrer ja auf den Verkehr achten, aber wir freuen uns natürlich, wenn die Idee gut ankommt bei den Leuten", meint Helmuth Volkmann, technischer Mitarbeiter bei der AGW. Zwei Jahre lang standen die beiden Gebäude, die um 1900 errichtet wurden, leer. Die Abrissgenehmigung war bereits erteilt, obwohl der Straßenzug ab der Einfahrt Laue Straße unter Denkmalschutz stand. "Wir haben uns schon im Vorfeld überlegt, was mit der Baulücke werden soll", erklärt Volkmann den Werdegang. Groß schien die Gefahr, dass hier eine Dreckecke entsteht. Und da die Graffitiwände Hinter dem Zoll bereits einen geschlossenen Straßenzug simulieren, wurde die Idee geboren, das Erdgeschoss der Fassaden stehen zu lassen und zu sanieren. Fördermittel aus dem Stadtumbauprogramm machten es möglich.

Unter der Gesamtleitung des Planungsbüros Schaltke aus Aschersleben nahm die Firma Winkler & Otto aus Mehringen die Fassade unter ihre Fittiche. Die Tischlerei Hosang aus Wilsleben arbeitete die Türen, von der eine begehbar ist, liebevoll wieder auf. Die Fensterbilder entstanden in der Werbetechnikfirma Fölbrig.

"So etwas kann man sicher nicht überall machen, aber hier ist die Sache ganz passabel und vielleicht ein Versöhnungsangebot an den Denkmalschutz", findet Helmuth Volkmann. Die Kosten für den Abriss lagen bei 72 000 Euro. Die Sanierung der Fassade sowie das Herrichten der öffentlich zugänglichen Freifläche dahinter hat 36 000 Euro gekostet. Bernhard Lohe von der Unteren Denkmalschutzbehörde findet die Lösung "für die Geschlossenheit des Straßenzuges ganz angenehm. Aber mit Denkmalschutz hat das nichts zu tun." Er hätte es lieber gesehen, wenn die Häuser stehen geblieben wären.