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Ausstellung Verstehen kontra Vorurteile wird in der Stephanikirche Aschersleben gezeigt

Die multimediale Wanderausstellung YOUNIWORTH will jungen Migranten ein Gesicht geben und zum Austausch einladen.

Von Anja Riske 09.09.2021, 10:00
Ein digitales Koffer-Pack-Spiel gehört zur Ausstellung.
Ein digitales Koffer-Pack-Spiel gehört zur Ausstellung. Foto: Frank Gehrmann

Aschersleben/MZ - Migration: Was bedeutet das eigentlich? „Viele Menschen denken sofort an Flucht“, erklärt Annett Bürger, Leiterin des Jugendmigrationsdienstes (JMD) Aschersleben. Doch hinter dem Begriff steckt viel mehr, wie die Wanderausstellung YOUNIWORTH in der Stephanikirche deutlich macht.

Woher manche deutschen Wörter eigentlich stammen

So kommen beispielsweise die Gitarre und das Glas aus dem arabischen Raum, das Papier aus China und die Jeans aus den USA. Sie sind ebenso durch Migration zu uns gekommen wie einige - vermeintlich typisch deutsche - Wörter erst durch den Kontakt mit anderen Kulturen Teil unseres alltäglichen Sprachgebrauchs geworden sind. Wer hätte gedacht, dass der „Tollpatsch“ aus dem Ungarischen stammt? Oder unser „Kiosk“, an dem wir Zeitungen, Würstchen und Getränke kaufen, aus dem Persischen? Der erste Teil der Ausstellung versucht, den Besuchern die verschiedenen Arten und Bedeutungen von Migration zu vermitteln, mit Hilfe von Sprache, Musik und einem digitalen Koffer-Pack-Spiel.

Ein weiterer Abschnitt der Ausstellung beschäftigt sich mit dem Zusammenleben unterschiedlicher Menschen in Deutschland. Besucher können ihre eigenen Vorurteile hinterfragen, gemeinsam Selfies aufnehmen und ihre Wünsche und Ideen für ein Miteinander in unserem Land aufschreiben.

Der letzte Teil widmet sich schließlich der Begegnung. In Videobotschaften berichten junge in Deutschland lebende Migranten aus ihrem Leben, erzählen, was Heimat für sie bedeutet und was ihnen im Leben wichtig ist. Ein Tisch mit dem Modell einer Stadt zeigt Fragen und Probleme auf, mit denen Zuwanderer in der neuen Heimat oft konfrontiert werden. Wie kann man beispielsweise seinen Abschluss anerkennen lassen? Wie ein Konto eröffnen? Und wo kann man andere Leute kennenlernen? Bei diesen Fragen kommen die Jugendmigrationsdienste ins Spiel. Ihre Arbeit wird auf einer letzten Tafel vorgestellt.

Unterstützung auch im Alltag

Im ganzen Land unterstützen die Jugendmigrationsdienste Migranten zwischen zwölf und 27 Jahren bei alltäglichen Dingen wie Hausaufgaben, Bewerbungen schreiben oder einfach beim Knüpfen von Kontakten. Zu ihnen gehört auch Sidra Ismail. „Beim JMD hilft man uns wirklich bei fast allem“, erzählt sie. Nach ihrem Abschluss an der Burgschule in Aschersleben besucht die 17-Jährige nun die Fachoberschule in Staßfurt. Die 14-jährige Norsham Al Mahamid pflichtet ihr bei: „Da sind alle richtig nett.“ Die beiden Mädchen waren 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen.

Gegen Vorurteile und Rassismus

In jenem Jahr änderte sich vielerorts die Stimmung in Deutschland in Bezug auf das Thema Migration. Aileen Emmert arbeitet als Bereichsleiterin für den Salzlandkreis beim Internationalen Bund (IB). Der Trägerverein des JMD Aschersleben feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Emmert erinnert sich: „Es gab schon 2014 eine Vorgängerausstellung zu YOUNIWORTH. Aber heute ist es umso wichtiger, Vorurteilen und Rassismus entgegenzuwirken.“

Claudia Wernicke, als Respekt- Coach verantwortlich für die Unterstützung von Schulen, berichtet aus ihrem Alltag: „Schüler mit Migrationshintergrund werden wegen ihres Aussehens oder sprachlicher Probleme oft gehänselt und in Klassenchats verbal angegangen.“ Auf dem Schulhof stünden sie oft allein in der Ecke. Über die Ziele der Ausstellung sind sich die Organisatorinnen daher einig. Sie hoffen, dass das Projekt seine Besucher zum Nachdenken anregt und Austausch und Verständnis untereinander fördert.

Gemeinde ist schon unterstützend tätig

Die Stephanikirche schien für die Ausstellung in Aschersleben der bestmögliche Ort. Der JMD hatte bereits zuvor mit der Kirche und mit der Pfarrerin Anne Bremer kooperiert. Die Diskussion über das Miteinander in der Gesellschaft sei außerdem auch für die Kirche ein relevantes Thema. Die Gemeinde unterstütze laut Bremer auch selbst regelmäßig Familien mit Migrationshintergrund, beispielsweise bei Asylanträgen oder im Tagescafé und der Kleiderkammer im Stephanikirchhof.

Die Ausstellung YOUNIWORTH, deren Name übrigens auf die englischsprachigen Begriffe für „Du“, „Jugend“, „Wertvoll“ und „Universum“ anspielt, ist noch bis zum 17. September in der Stephanikirche zu sehen. Zielgruppe sind vor allem Jugendliche bzw. Schulklassen und deren Lehrer. In 90 Minuten werden sie durch die Ausstellung geführt und haben Zeit, sie selbstständig zu erkunden. Eingeladen sind aber natürlich auch alle anderen Interessierten.

Führungen für Schulklassen können im Vorfeld bei Annett Bürger gebucht werden. Senden Sie dafür einfach eine E-Mail an: [email protected]