Tag des Orgasmus Tag des Orgasmus: .. und nun zum Höhepunkt

Aschersleben - Ohne Sex gäbe es die Menschheit nicht. Punkt. Trotzdem wird über den Fortpflanzungsakt oft nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Der Welttag des Orgasmus würdigt den biologischen Höhepunkt dieser zutiefst menschlichen Tätigkeit.
Heute lockern sich die Tabus beim Thema Sex zunehmend - nicht zuletzt durch die unlimitierte Verfügbarkeit von Pornografie im Internet. Die macht es entsprechenden Fachgeschäften immer schwerer zu überleben. Etwas abgelegen an der Güstener Straße in Aschersleben hält sich seit knapp 30 Jahren das Erotik-Eck, eines der letzten Geschäfte dieser Art in der Region. Eine Anlaufstelle für alle, die beim Orgasmus etwas nachhelfen oder ihn einfach nur noch intensiver machen wollen.
Spätestens beim Schamgefühl während des Trittes über die Türschwelle zeigt sich, wie tief die gesellschaftlichen Tabus sitzen. Wer den Schritt dennoch wagt, den empfangen Regale voller schlüpfriger DVD-Cover, Dildos in allen Farben und Größen, Peitschen, Handschellen und Gummipuppen. „Heute ist das ganz normal“, winkt Inhaber Wolfgang Kutz ab. Er betreibt das Geschäft seit den frühen Neunzigern und weiß: „Die Wahrnehmung hat sich rapide geändert. Heute nehmen das alle viel lockerer.“
Aktueller Kassenschlager ist Vibrator der „härteren Sorte“
Das ist nicht alles, was sich verändert hat: Zu seinen Kunden zählten immer mehr Frauen, sagt Kutz. Die seien aufgeschlossener als die Männer. Der aktuelle Kassenschlager: Ein besonders großer Vibrator der „härteren Sorte“. Der hat mit dem Klischee der hautfarbenen Gummigurke nicht mehr viel zu tun. Er erinnert eher an einen edlen Rührstab aus dem Teleshopping-Kanal. „Das Teil war auch in der TV-Serie Sex-and-the-City“, verrät Kutz.
Erstaunlich: Trotz kostenloser Porno-Webseiten machen DVDs immer noch einen beträchtlichen Teil des Umsatzes aus. Etwa 500 Stück davon stehen im Laden, weitere 2 500 warten im Lager. Doch warum werden die noch gekauft, wenn sich im Netz doch jeder Pornofilme umsonst ansehen kann? Kutz wagt einen Erklärungsversuch: „Um einen Film ruckelfrei und in guter Qualität ansehen zu können, brauche ich ja auch eine ordentliche Internetleitung. Die gibt es auf dem Land nicht überall.“
Frauen bevorzugen Lustmacher, Männer eher Potenzmittel
Neben den DVDs füllen vor allem Sexspielzeuge die Regale. Einigen sieht man ihr Alter deutlich an. Daneben erscheinen allein die modernen Verpackungen der nun „Satisfyer“ oder „Womanizer“ genannten Vibratoren hochwertiger, fast wie die von Kosmetikartikeln. „Heutzutage ist alles viel ansprechender gemacht. Früher waren die Aufmachungen eher lieblos“, bestätigt Kutz.
Während die Frauen elegante, kleine Lustmacher bevorzugen, gehe es vielen männlichen Kunden um eine grundlegendere Sache: die Erektion. Bei der „Potenz“ nachzuhelfen, ist bei den Männern ein ebenso sensibles wie vielgefragtes Anliegen. Viagra darf zwar nur in der Apotheke verkauft werden, im Erotik-Eck gibt es aber Alternativen: die Penispumpe zum Beispiel. Durch das Abpumpen von Luft in einem Plexiglaszylinder entsteht Unterdruck, der dazu führt, dass Blut in das Glied fließt. Ein sogenannter Penisring verhindert anschließend, dass das Blut wieder abfließt.
Kunden des Erotik-Ecks kommen aus allen Schichten
„Wir Männer haben es ja manchmal nicht so einfach“, sagt Kutz und lacht. Wer nun denkt, dass Sexspielzeug nur etwas für die ganz Verruchten sei, der irrt. Zu den Kunden des Erotik-Ecks zählen Menschen aller sozialen Schichten und Altersklassen. Auch Sadomaso-Artikel wie Handschellen und Peitschen laufen sehr gut im Erotik-Eck. „Man sieht es den Menschen nicht an“, sagt Kutz und weist darauf hin: Während jedem Kind und jedem Jugendlichen mit einem internetfähigen Handy die ganze Welt der Pornografie offen steht, ist der Erotik-Einzelhandel ein abgeschlossener Bereich. Der Eintritt ist hier nämlich erst ab 18 Jahren gestattet.
Sex: „Das ist ja vor allem auch eine Kopfsache“
Kutz betreibt auch die angrenzende Spielhalle und eine Pension. Solange das Geschäft seinen Umsatz abwerfe, sei er zufrieden. Doch der ist stark gesunken, seit Amazon und Co. auch in diesem Markt mitmischen. Im Netz können Kunden alles bestellen, ohne einem anderen Menschen unter die Augen treten zu müssen. „Die Hemmschwelle ist bei manchen sicherlich da. Aber wer spontan kaufen oder sich das entsprechende Teil vorher anschauen will, kommt hierher.“
Wolfgang Kutz hat kein Problem mit diesem Part seines Unternehmertums. „Es ist besser, als auf dem Kartoffelacker zu arbeiten“, sagt er scherzhaft. Außerdem sei Sex ja etwas sehr Schönes. Beim Thema Orgasmus lässt sich der Erotik-Eck-Inhaber dann sogar zu einem geradezu geschäftsschädigenden Satz hinreißen: „Das ist ja vor allem auch eine Kopfsache.“
Übrigens: Auf den 21. Dezember fällt nicht nur der Welttag des Orgasmus, sondern auch die Wintersonnenwende, also die längste Nacht des Jahres. Wenn das mal kein Zufall ist ...
(mz)