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30 Fragen, 45 Minuten Selbsttest von MZ-Reporter Max Hunger: Theorie-Prüfung für Führerschein ist auch im zweiten Anlauf schwer

Von Max Hunger 16.02.2019, 08:57
Zum Bestehen der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung reicht Wissen aus der Praxis nicht aus.
Zum Bestehen der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung reicht Wissen aus der Praxis nicht aus. Frank Gehrmann

Aschersleben/Bernburg - Den Führerschein zu machen, das war für mich ein bedeutender Schritt in die Welt der Erwachsenen. Mit wahnsinniger Nervosität absolvierte ich vor neun Jahren Theorie- und Praxistest – im ersten Anlauf. Das gelingt in Deutschland immer weniger Fahrschülern.

Laut der Statistik des Kraftfahrtbundesamtes wurden im vergangenen Jahr 39 Prozent der theoretischen Prüfungen nicht bestanden. 2008 waren es noch 30 Prozent. In Sachsen-Anhalt ist die Statistik seit Jahren besonders schlecht: 2017 lag die Durchfallquote bei theoretischen Prüfungen hier bei 45 Prozent – der bundesweit höchste Wert.

39 Prozent Fahrschüler fielen durch die Theorie-Prüfung

Um herauszufinden, wie schwierig die theoretische Prüfung wirklich ist, mache ich den Selbstversuch. Ich wage einen Testdurchlauf unter Realbedingungen in der Fahrschule Keil in Aschersleben. Dazu muss ich einen Ankreuztest in höchstens 45 Minuten absolvieren.

Das Problem: Bei jeder der 30 Fragen können alle, aber auch keine der je drei Antwortmöglichkeiten richtig sein. Mittlerweile habe ich ordentlich Fahrpraxis und bis auf ein Knöllchen ist meine Verkehrs-Weste weiß. Entsprechend gehe ich den Test mit Optimismus an.

Zu Unrecht, wie sich herausstellt: Ich habe 21 Fehlerpunkte, 10 sind das Maximum. In einer richtigen Prüfung wäre ich durchgefallen. „Dranbleiben“, sagt Fahrlehrer Udo Keil ermutigend. Ich bin ein bisschen beschämt.

Meist muss man die Antworten einfach wissen

Die Auswertung zeigt: Häufig muss man die Antworten einfach kennen. Wer hätte gewusst, dass man einen auf die Straße laufenden Hund anhupen muss? Oder dass der orangefarbene Pfeil auf Autobahnschildern auf wenig befahrene Streckenabschnitte hinweist? Ich jedenfalls nicht.

In der Fahrschule Keil bereiten sich die Fahrschüler mit einem Lernprogramm auf ihrem Handy auf die Prüfung vor. Udo Keil kann dann von seinem Computer aus sehen, wo noch Wissenslücken sind. Wer nicht mindestens fünf Testdurchläufe erfolgreich am Stück absolviert, wird nicht zugelassen.

80 Prozent der 97 von seinen Schülern absolvierten Theorieprüfungen im vergangenen Jahr wurden bestanden. „Man muss sich die Zeit nehmen, die Statistik auszuwerten“, sagt Keil. Angesichts der schlechten Erfolgsquote in Sachsen-Anhalt sieht er die Fahrlehrer in der Pflicht: „Von meinen Kollegen weiß ich, dass die Fahrschulen in Aschersleben eine gute Quote haben. Aber die Landesstatistik ist kein Zufall.“

„Fahrschulen in Aschersleben haben eine gute Quote“

Michael Wiesemes, Fahrlehrer und Inhaber der BKF Fahrschule in Aschersleben, sieht die Verantwortung für die hohe Durchfallquote im Land vor allem bei den Fahrschülern: „Viele zeigen wenig Interesse, schauen nur auf ihr Handy. Bei den Theorieseminaren redet man oft gegen eine Wand“, beklagt Wiesemes. Die BKF Fahrschule bildet auch für Lkw, Gabelstapler und andere große Fahrzeuge aus. Dort bestehe fast jeder die Prüfung im ersten Anlauf. „Je größer das Fahrzeug, desto weniger Durchfälle“, so Wiesemes.

Er sieht noch einen weiteren Grund für die alarmierenden Zahlen: Während ein Fahranwärter bis vor einigen Jahren nach dem dritten Nichtbestehen drei Monate warten musste, ehe er für die Theorieprüfung erneut antreten durfte, ist eine Wiederholung heute alle zwei Wochen möglich.

„Viele der Fragen habe ich noch nie vorher gesehen“

Die 18-jährige Josy aus Frose hat vor etwa einem Jahr ihren Führerschein gemacht. Auch sie hat die Theorie erst im zweiten Anlauf bestanden. „Es gibt über 1.000 Prüfungsfragen. Obwohl ich echt viel geübt habe, habe ich viele der Fragen noch nie vorher gesehen. Das ist oft Glücksache“, erzählt die Gymnasiastin. Auch seien Schule und das Büffeln für die Fahrschule schwer in Einklang zu bringen gewesen. „Das war wirklich Stress.“

Ich bin froh, nicht noch mal in die Prüfung zu müssen. Auch hinters Steuer werde ich mich wieder setzten, wenn auch mit leicht angekratztem Ego. Und der Hand über der Hupe, sobald ich einen Hund am Straßenrand erspähe.  (mz)

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Frank Gehrmann