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Segelfliegen Segelfliegen: Vom Himmel zur Bundespolizei?

Von harald vopel 24.07.2013, 19:18
Letzte Vorbereitungen, bevor die Ascherslebenerin Katja Trepte mit ihrem Segelflugzeug abhebt.
Letzte Vorbereitungen, bevor die Ascherslebenerin Katja Trepte mit ihrem Segelflugzeug abhebt. frank gehrmann Lizenz

aschersleben/MZ - Kondensstreifen, tausende Meter hoch am strahlend blauen Himmel. Gezeichnet von Airlinern, die Passagiere und Fracht in aller Herren Länder bringen. Die beiden Segelflugzeuge - nur wenige hundert Meter über dem Flugplatz an der Güstener Straße in Aschersleben - kommen sich auf der Suche nach der Thermik immer näher. Am Boden beobachtet Flugleiter Wolfgang Lieder die Situation. Dann greift er ein - auch wenn der Abstand noch ausreichend ist. Er fordert einen der beiden Piloten auf, weiter nach Osten zu fliegen. Der reagiert sofort.

„Hätte Wolfgang uns nicht angefunkt, wäre ich wenig später ausgewichen“, sagt Katja Trepte, die im Cockpit des anderen Seglers saß, nach der Landung. Schließlich müsse man ja keine gefährliche Situation heraufbeschwören. Und Sicherheit sei beim Fliegen nun mal das Wichtigste.

Schnell Feuer gefangen

Katja Trepte ist Segelflug-Schülerin und Mitglied des Luftsportvereins Ostharz Aschersleben. Eine inzwischen erfahrene Schülerin. Immerhin hat sie bereits 280 Starts absolviert. Und gelandet ist sie auch immer wohlbehalten. In dieser Woche könnten im Rahmen des vereinsinternen Flieger-Camps noch einmal 40 bis 50 Starts dazu kommen.

Die 18-jährige Ascherslebenerin, die am Gymnasium Stephaneum gerade ihr Abitur mit einem Zensurendurchschnitt von 1,8 abgelegt hat, weiß, was sie will - nämlich Hubschrauberpilotin werden. Bei der Bundespolizei. Dass sie dafür die besten Voraussetzungen mitbringt, da ist sich der Vorsitzende des Luftsportvereins und Fluglehrer, Wolfgang Lieder, sicher. Er kennt die junge Frau seit zwei Jahren. Im Juni 2011 hatte sie von einem Segelflieger-Schnuppertag erfahren und ließ sich diese Möglichkeit, als Gast einmal mit einem Segelflieger abzuheben, nicht entgehen. Dabei hat sie Feuer für die Fliegerei gefangen. Schon eine Woche später war sie wieder da. „Ich will hier mitmachen“ - hat sie damals nicht nur gesagt, sondern dann auch getan, erinnert sich Wolfgang Lieder.

Auch wenn am Anfang vor allem viel Theorie gebüffelt und praktische Handreichungen als Bodenpersonal geleistet werden mussten, kam der Tag, an dem die junge Frau zum ersten Mal einen Segler steuern durfte. Zuerst mit Fluglehrer - dann allein. Jetzt ist sie kurz davor, die Lizenz abzulegen. Dann ist Katja Trepte eine richtige Segelfliegerin.

Das Hobby zum Beruf machen

Irgendwann entstand bei Katja Trepte die Idee, aus der Fliegerei mehr zu machen als ein Hobby - nämlich den zukünftigen Beruf. Die zivile Luftfahrt biete aus ihrer Sicht dafür allerdings wenig Möglichkeiten. Es habe eher wenig mit Fliegen zu tun, wenn Computer die meiste Arbeit machen. Außerdem gebe es dort viele arbeitslose Piloten. Deshalb soll es ein Hubschrauber sein, den die Noch-Flugschülerin einmal steuern will. Den nächsten Schritt dorthin macht sie, wenn sie in diesem Jahr mit einem dreijährigen Studium zur Polizeivollzugsbeamtin am Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Neustrelitz beginnt. Erst danach kann die endgültige Ausbildung zur Hubschrauberpilotin beginnen.

Auch wenn bis dahin noch einige Zeit vergehen wird, eins steht für Katja Trepte aber schon heute fest: Der Segelfliegerei als Hobby will sie für immer treu bleiben. Möglichst im Ascherslebener Luftsportverein, was übrigens dessen Vorsitzender besonders gern hört. So fasziniert sei sie von der Ruhe zwischen Himmel und Erde, vom Umgang mit Wind und Wetter und der Möglichkeit, der Natur in ganz besonderer Weise nahe zu sein.

Zu wenig Ansteckungsgefahr

Eine andere Erfahrung hat Katja Trepte gemacht, wenn es darum geht, andere mit dem Fliegervirus anzustecken. „Wenn ich manchmal von meinem Hobby erzähle, dann finden das viele Schulkameraden schon toll, aber selbst zu fliegen, das können sich die wenigsten vorstellen“, sagt sie. Diejenigen, die sie zumindest zum Schnuppern animieren konnte, seien früher oder später wieder abgesprungen. Das bedauert nicht nur sie selbst, sondern das bedauern auch die anderen Mitglieder des Luftsportvereins. Die suchen nämlich händeringend nach Nachwuchs. Denn - „auch wenn man meist allein im Flugzeug sitzt, ist und bleibt die Segelfliegerei Teamarbeit. Ohne die Hilfe der anderen hebt kein Segler vom Boden ab“, erklärt Vereinschef Lieder. Vielleicht schrecke den einen oder anderen die Tatsache ab, dass das Segelfliegen zwar - entgegen der verbreiteten Meinung - eher weniger Geld, als vielmehr Zeit und Ausdauer kostet.

Dass aber auch das kein Problem sein muss, beweist die vielseitig interessierte und neugierige Flugschülerin Trepte. Der fällt es nicht einmal leicht, auf Anhieb ihre anderen Hobbys aufzuzählen. So ist sie auch Rettungsschwimmerin in der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, spielt Volleyball und geht tauchen.

Bis zum Wochenende schlägt Katja Trepte im Rahmen des Segelflieger-Camps auf dem Ascherslebener Flugplatz, gemeinsam mit den anderen Segelfliegern, aber weiter die Hitzeschlacht. Denn ein wolkenloser Himmel ist nicht unbedingt das, was sich die Flieger wünschen. Abgesehen davon, dass die Temperatur im Cockpit schnell einmal die 60 Grad übersteigt, fehlen mit den Wolken auch wichtige Orientierungspunkte bei der Suche nach der für Segelflieger so wichtigen Thermik - der aufsteigenden Luft, die die Flugmaschinen bis in Höhen von 2000 Meter befördern kann, erklärt Wolfgang Lieder. Und dann sagt er noch, dass Neugierige und Zaungäste an den Flugtagen auf dem Flugplatz an der Güstener Straße gern gesehen sind. Vielleicht wird ja mehr draus.

Vom mobilen Flugleitstand aus werden auf dem Flugplatz an der Güstener Chaussee die Starts und Landungen der Segelflieger koordiniert.
Vom mobilen Flugleitstand aus werden auf dem Flugplatz an der Güstener Chaussee die Starts und Landungen der Segelflieger koordiniert.
Gehrmann Lizenz