Salzlandkreis Salzlandkreis: Wenn Musketiere Torfstecher treffen
FROSE/MZ. - Das Pannésamt-Oberteil leuchtet in einem strahlenden Blau und ist aufwendig mit Spitzen besetzt. "Dazu ein Hut mit Federn", setzt Hannelore Graßhoff die verwegene Kopfbedeckung in Szene, "und fertig ist das Musketierkostüm." Das ist einer der Renner des Froser Nähstübchens (Stadt Seeland), das nicht nur zur Faschingszeit die fantasievollsten Kostüme verleiht.
"An die 100 haben wir bestimmt - und alle sind sie selbst gemacht", verrät die Näherin, die seit über acht Jahren das Nähstübchen im Bendix-Stift mit Leben erfüllt - mal ehrenamtlich und mit Unterstützung anderer Frauen, mal über ABM, aber immer voller guter Ideen.
Denn Anregungen findet die 60-Jährige, die ihr Handwerk im Ascherslebener Kindermoden-Werk gelernt hat, überall: in Filmen, Zeitschriften, auf der Straße. "Bei großem Aufwand dauert es schon ein bis zwei Tage, bis so ein Kostüm fertig ist", nickt Hannelore Graßhoff und denkt dabei auch an das Musketierkostüm mit der vielen Spitze. Ein Aufwand, der sich aber lohnt. Denn die Kostüme - von der Kindergröße 110 an aufwärts - werden gerne ausgeliehen. "Besonders beliebt", weiß die Näherin, "sind bei den Erwachsenen auch die Charlestonkleider oder die Mäuse, die Kinder mögen Cowboy, Clown und Biene Maja."
Das Material dafür bekommt das Nähstübchen, das sich in Obhut des Froser Vereins für Frauen-, Jugend- und Seniorenarbeit befindet, oft von den Leuten geschenkt. Den Rest - vor allem die Spitzen und den Besatz - kauft der Verein selbst. Dafür näht Hannelore Graßhoff Klammerkleider oder kleine Deckchen, die auf Weihnachts- oder Bauernmarkt verkauft werden und das entsprechende Geld einbringen.
Denn der Faschingsfundus ist nicht das einzige Projekt der kleinen Einrichtung. "Wir nähen auch für Bedürftige, machen Änderungen für sozial Schwache und bieten einen Nähkurs für Kinder an", berichtet die 60-Jährige, die derzeit für drei Jahre über Kombilohn beim Verein für Frauen-, Jugend- und Seniorenarbeit beschäftigt ist. Auch anderen Vereinen wird beim Kostümnähen Hilfe angeboten. "Allerdings müssen sie sich dafür rechtzeitig melden, denn es dauert seine Zeit", gibt Christiane Stert, die Vorsitzende des Frauenvereins, zu bedenken.
Zur Zeit bereitet das Nähstübchen nämlich die 1075-Jahr-Feier von Frose vor, an deren Festumzug der Verein natürlich ebenfalls teilnehmen wird. "Dafür nähe ich zur Zeit die Torfstecher - an die zehn Kostüme für Männer und Frauen", berichtet Hannelore Graßhoff. Denn Torf wurde einstmals in der Froser See gestochen und gehört damit zur Geschichte des kleinen Ortes. Bereits vorhanden sind historische Kostüme aus dem 30-jährigen Krieg: Marketenderinnen, Landsknechte, Wallenstein und sein Sterndeuter, eine Bauernfamilie.
"Die haben wir für den Ascherslebener Festumzug von 2003 genäht und auch beim Sachsen-Anhalt-Tag sind sie schon zum Einsatz gekommen", erzählt die 60-Jährige, die die detailreiche Kleidung zum Froser Jubiläum aufarbeiten will. Genug zu tun also für die Ascherslebenerin, die in einem Jahr in Rente gehen kann. Doch auch dann will sie der kleinen Einrichtung im Bendix-Stift - dann wieder ehrenamtlich - die Treue halten. "Es ist nämlich wirklich schön, dass Frose so etwas zu bieten hat."
Faschingskostüme können montags und mittwochs von 10 bis 16 Uhr, dienstags und donnerstags von 8 bis 14 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr ausgeliehen werden. Die Gebühr beträgt für Kinderkostüme 2,50 Euro und für alle übrigen fünf Euro.