Abitur für Corona-Jahrgang Prüfungen werden zur echten Prüfung
Tausende Schüler in Sachsen-Anhalt legen gerade ihre Hochschulreife ab. Wie die Prüfungen unter Schutzbedingungen laufen. Und was die Betroffenen vermissen.

Aschersleben - Das Stephaneum in Aschersleben hat schon viel gesehen in den 696 Jahren seit seiner Gründung. Die Corona-Jahre stechen dabei durchaus heraus. In diesen Tagen absolvieren dort - wie überall in Sachsen-Anhalt - Schüler und Schülerinnen ihre Abiturprüfungen. Und für sie ist vielleicht nicht alles anders, aber vieles - die Pandemie ist durch die Planungen gefegt wie ein Frühjahrssturm.
Keine Party, kein Umzug
Zu den Dingen, die nicht anders gemacht werden, sondern wegfallen gehören die außerschulischen Aktivitäten. Seit Mitte März vergangenen Jahres gab es keine Arbeitsgemeinschaften, keine Studienfahrten, kein Abi-Konzert oder ähnliches. „Besonders auf den letzten Schultag freut man sich jahrelang“, sagt die 17-jährige Gina Mundkowski betrübt. Dieser findet traditionell an dem Freitag vor den Prüfungen statt. Doch statt ausgelassener Party und einem Umzug durch die älteste Stadt Sachsen-Anhalts gab es nur eine 90-minütige Verabschiedung des Klassenlehrers im kleinen Kreis. Ansonsten: normaler Unterricht.
„Es fehlt einfach dieses gewisse Jahrgangsgefühl. Und so etwas Einmaliges kann man später einfach nicht nachholen. Das wäre nicht das gleiche“, sagt Abiturient Yannik Hulsch. Es bleibt nun noch zu hoffen, dass wenigstens der Abi-Ball dieses Jahr – wenn auch erst im September – nachgeholt werden kann. „Später wird’s schwierig“, gibt Schulleiter Klaus Winter zu bedenken, „denn nach dem Abi schwärmen die Jugendlichen in alle Himmelsrichtungen aus.“
Doch nun erstmal die Abschlussklausuren und mündlichen Prüfungen: Abiturprüfungen sind schon in normalen Jahren für die Betroffenen regelrechte Zitterpartien, sind diese doch mit viel Vorbereitungsstress und Leistungsdruck verbunden. Dieses Jahr kam für die Schüler in Sachsen-Anhalt neben erschwerten Unterrichtsbedingungen wegen der Pandemie aber noch etwas ganz anderes hinzu: Die Frage, ob die Prüfungen überhaupt stattfinden werden.
In dem Fall hätten nur die Halbjahresnoten aus dem 11. und 12. Schuljahr den Abi-Durchschnitt gebildet. Diese machen normalerweise etwa zwei Drittel der Abinote aus. Mit einem Drittel Anteil lässt sich in den Prüfungen also noch gehörig etwas verändern. Und einem ganzen Jahrgang hätte vielleicht die Stigmatisierung gedroht, nur ein vermeintlich leichteres Not-, ein „Mogel-Abi“ geschafft zu haben.
Abiturprüfungen finden trotz Notbremse statt
Soweit kommt es nicht. „Die Abiturprüfungen finden statt - und das vor Ort unter den standardisierten Hygiene- und Abstandsregelungen“, erklärt Klaus Winter. Auch die Notbremse ändert daran nichts, denn Abschlussklassen sind von der Regelung ausgenommen. 80 Schüler sind am Stephaneum für die Abiprüfungen zugelassen, die seit Montag laufen.
Die Zwölftklässler schreiben diesmal nicht wie üblich in der Aula, sondern sie werden in Klassenräume aufgeteilt, in denen Waschbecken, Seife, Desinfektionsmittel und reichlich Platz vorhanden sind. Die Räume werden regelmäßig gelüftet und die Schüler müssen während der Prüfungen Maske tragen. „Zum Essen und Trinken dürfen sie die natürlich absetzen“, so der Schulleiter. Ein Negativtest sei weder nötig, noch berechtige er zum Absetzen der Maske. Denn die Schule teste nur zweimal die Woche, und so können Prüfungen auch außerhalb des Testzeitraums liegen.
Für alles gibt es 30 Minuten mehr Zeit
Aufgrund der erschwerten Bedingungen haben die Schülerinnen und Schüler 30 Minuten mehr Zeit als sonst für die Aufgaben. Außerdem habe es in den vergangen Wochen sogenannten Kompaktunterricht gegeben, erzählt Gina Mundkowski. „Die Themen wurden zwar stark eingegrenzt, dafür konnten wir uns intensiver mit dem Stoff auseinandersetzen.“
Durch die zusätzlichen Unterrichtsstunden, den vielen Wiederholungen und die gute Betreuung der Lehrkräfte fühlt sie sich gut auf die Prüfungen vorbereitet. Hinzu kommt, dass die Abschlussklassen unabhängig vom Inzidenzwert von der Homeschooling-Regelung ausgeschlossen waren. Dadurch waren die Zwölftklässler fast das gesamte Schuljahr im Präsenzunterricht.
Gina Mundkowski und Yannic Hulsch hätten es verkraftet, wären die Prüfungen ausgefallen: Sie will Personalmanagement studieren, er möchte Polizist werden - bei beiden ist die Abschlussnote nicht vorentscheidend. Anders ist das bei Mitschülerinnen und Mitschülern, die etwa Medizin studieren wollen – da entscheidet die Abschlussnote über die Zulassung. Und da können die Prüfungen nun die Gelegenheit sein, den Notenschnitt noch zu verbessern. Außerdem findet Hulsch: „Wir haben eh schon den Stempel ‚Corona-Jahrgang‘. Wären jetzt auch noch die Prüfungen ausgefallen, wäre das unfair den anderen Jahrgängen gegenüber gewesen“. (mz/Kristina Hammermann)