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"Nacht der Sinne" in Aschersleben "Nacht der Sinne" in Aschersleben: Bis sich alles dreht

Von Marianne Bothe 10.08.2014, 18:02
Die unterschiedlichen Lichtinstallationen von Viktoria Scholz entzückten die Besucher im Stadtpark.
Die unterschiedlichen Lichtinstallationen von Viktoria Scholz entzückten die Besucher im Stadtpark. Kristina Hammermann Lizenz

Aschersleben/MZ - Ausgestattet mit sechs Sinnen geht der Mensch durchs Leben und nimmt die unmittelbare Umgebung - oftmals nur unbewusst - auf seine Weise wahr. Samstagabend umgaben die Gartenträume-Parks eine große Besucherschar in Aschersleben, die sich ganz bewusst verzaubern lassen wollte. Der Stadtpark, das Rosarium sowie die Eine-Terrassen bestachen aus einer ungewöhnlichen Perspektive und setzten wirkungsvoll ihre besonderen Reize. Reize für jeden einzelnen der besagten sechs Sinne. Wer sich einließ, erlebte eine sinnliche Sommernacht, eindrucksvoll, eindringlich, überraschend und verführerisch.

Bereits in vierter Auflage hatte die Aschersleber Kulturanstalt die Nacht der Sinne auf ihrem Veranstaltungskalender und sah ihre ambitionierten Bemühungen in der Vorbereitung durch gut gelaunte Gäste aller Altersschichten in großer Zahl belohnt.

Für Beate Kramer und ihre Mitarbeiter der Aschersleber Kulturanstalt war die „Nacht der Sinne“ kurz. „Meine Leute laufen jetzt schon wieder fleißig durch den Park und sind beim Aufräumen“, lobte sie am Morgen danach das Team.

Eine Woche zuvor hatte die heiße Phase eingesetzt, in der die Parks nach eigenem Konzept und bis ins letzte Detail vorbereitet wurden. Alles hat gepasst - auch das Wetter - und war stimmig in sich. „Wir freuen uns, dass unsere Ideen aufgegangen sind und die Besucher das Fest gut angenommen haben. Die Leute waren zufrieden, das habe ich von ganz vielen bestätigt bekommen. Kleine Dinge sind mir aufgefallen, die wir im nächsten Jahr ändern werden. Neue Ideen habe ich auch.“ Damit sinniert Kramer bereits über die fünfte Nacht der Sinne. Aschersleben kann gespannt sein und sich freuen.

Zu sehen

Als sich die Schleier der Dunkelheit langsam über die Parkanlagen legen, gehen gleichsam die Lichter der Kerzen, Fackeln, Laternen und Strahler auf. Sie säumen die verschlungenen Wege zwischen den hohen, alten Bäumen. Von Künstlern gestaltete Lichtinstallationen als riesige Papierblüte inmitten der Stadtpark-Wiese oder als luftig fließende Ornamente zwischen Erde und Himmel am Übergang zur Eine-Terrasse, ziehen sie die Blicke magisch auf sich.

Das Auge muss sich entscheiden. Denn wie lichte Inseln locken die aufgebauten Programmbühnen in jeden Winkel zwischen Süd und Nord des Stadtparks und auf die großzügige Terrasse mit dem Weindorf an der Eine. Überall einladende Plätzchen, Lauben, Tische und Bänke zum Stehen, zum Sitzen, selbst zum Liegen. Davor, dazwischen oder im Séparée.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was es noch bei der „Nacht der Sinne“ zu erleben gab.

Zu riechen und schmecken

Eine Sommernacht im Park verströmt ihre typischen Essenzen von Blattwerk und Blüten. Von Rosen, Schönaster, Eisenhut oder Ochsenauge, wie sie hier wachsen und bezeichnet sind. Alles üppig geraten in diesem Jahr, kräftig, saftig und prall. Und liebevoll gepflegt. Diese ganz spezielle Nacht mischt zudem die Duftschwaden des brennenden Lampenöls bei, das sich vereint mit Gerüchen aus den lukullischen Nischen und den blumigen Parfüms der Damenwelt, die sich besonders aufgehübscht hat. Man will flanieren, einatmen, sehen und gesehen werden.

Zu hören

„Schema F“ bietet den ersten Mu-sik-Act auf der Eine-Terrasse und begrüßt das hereinströmende Publikum: Herzlich willkommen. Wir wünschen einen unterhaltsamen Abend! Hier gibt’s handgemachte Stimmungsmusik aufs Ohr. Daneben Akustik-Blues der Barbarossa-Band um Dixi Dixon, einen Mix aus Ska, Klezmer, Jazz bis Techno vom angesagten Berliner Skazka-Orchestra mit russischem Hintergrund. Swing und Rock’n Roll steuert das Schefski-Quartett bei.

DJ Göran unterlegt seine Lounge mit einem typischen Klangteppich, während The Nasty Monchichi, das junge Quartett, mit kräftiger Stimme und frischen Sounds zum Feiern einlädt. Jule Werner & Rehab treten mit „Abseits der Gleise“ an und befinden sich mitten im Geschehen. „Abseits der Gleise“ heißt das Debütalbum, das sie den Fans ihres authentischen Sounds von Rock’n Soul erstmals vorstellen, nicht, ohne die bekannten und beliebten Titel ihres rockigen und souligen Repertoires in die Nacht zu schicken. „Come on, baby, light my fire“ - ihre Zugabe um Mitternacht - fordert dazu auf, was zu diesem Zeitpunkt seit vier Stunden im vollen Gange ist. Die Nacht der Sinne endet an dieser Stelle. Aber die lange Vollmondnacht und was man - so sinnengeschärft oder -strapaziert - daraus macht, dauert bis die Sonne wieder aufgeht.

Zu fühlen

Tangotanzen ist engster Körperkontakt. Die Tänzer fühlen den Druck und die ausstrahlende Wärme des anderen. Was das Duo Filigran zur Musik von Bandoneon und Gitarre auf dem kleinen Tanzboden darbietet, vereint eigentlich alles, was zwischenmenschliche Begegnung in dieser Nacht im besten Sinne ausmacht. Es sprüht Leidenschaft, schmeckt ein wenig nach Melancholie und riecht wie der frische, spritzige Wein aus dem funkelnden Glas, den man an bodenlang gedeckten Tischen genießen kann. Es ist Raum und Ruhe für Gespräche und Gedanken beim genüsslichen Zuschauen.

Zu spüren

Bleibt der sechste Sinn, der Gleichgewichtssinn. Den muss Künstlerin Kaja beherrschen bei ihrer kraftvollen Akrobatik an vertikalen Tüchern wie auch bei der Feuershow mit Feuerschwert und Feuerfächern: Räumliche Orientierung und Körperbalance. Wichtig auch bei Tarantella unplugged - ausgelassenes Tanzen im nächtlichen Gras mit I Pizzicatti. Das wirkt leicht und unbeschwert. Mancher lässt sich hinreißen und dreht sich mit. Dreht sich und dreht sich, bis sich alles dreht. Gut, dass der Mensch mit einem Gleichgewichtssinn ausgestattet ist.

Tanz mit I Pizzicati
Tanz mit I Pizzicati
Kristina Hammermann Lizenz
Jule Werner heizt musikalisch ein.
Jule Werner heizt musikalisch ein.
Kristina Hammermann Lizenz