MZ-Serie Land und Leute MZ-Serie Land und Leute: Enno Nikodym - der "Al Bundy" aus Sachsen

Aschersleben - Schuhgeschäfte gibt es in Aschersleben einige. Und doch sagt eine 77-jährige Frau aus Aschersleben, dass sie für ihren Mann einfach keine Hausschuhe bekommen würde.
Das Rentnerpaar ist froh, dass es nun aber auf dem Wochenmarkt in Aschersleben Hausschuhe und ein paar Damenschuhe gekauft hat, die sie auch mit gesundheitlichen Einschränkungen problemlos anziehen können.
„Er hat ein Angebot für die ältere Generation“, freut sich die 77-Jährige über den Schuhhändler aus Markranstädt.
MZ-Serie Land und Leute: Seit zehn Jahren kommt der Schuhverkäufer nach Aschersleben
Enno Nikodym kommt seit rund zehn Jahren zu den Wochenmärkten nach Aschersleben. In dieser Woche war er erstmals mit seinem neuen großen Verkaufswagen da, statt des Verkaufsanhängers.
„Ich bin ein rollendes Fachgeschäft“, sagt Nikodym, der sich selbst eingedeutscht „Schuh-Elbandi“ in Anlehnung an eine amerikanische Serie mit dem Schuhverkäufer Al Bundy nennt.
Vor dem Wagen hat er Schuhständer aufgebaut, auf denen er 350 Paar „fußgerechte“ Schuhe anbietet. Im Wagen warten noch weitere in Kartons. „Ich habe genügend Auswahl. Die Leute wollen ja was sehen.“
MZ-Serie Land und Leute: Ware wird bei Schuhmessen gekauft
Seine Ware kauft er auf großen Schuhmessen direkt ein. Dabei achtet er darauf, dass es Ware ist, die eben von den Wochenmarktbesuchern angefragt werden. Mit seinem Nischenangebot spreche er vor allem diese an, sagt Nikodym.
Er weiß auch, wenn es regnet, muss er nicht nach Aschersleben kommen. Weil dann die Leute aus den umliegenden Dörfern nicht in die Stadt kommen. „Auf die sind wir angewiesen.“
Alle zwei Wochen bezieht Nikodym seinen Platz vor dem Ascherslebener Rathaus. „Das hat sich so ergeben, weil es ein privater Markt ist.“ Weil so viele Essenstände da sind und Frischehändler, könne er als Schuhhändler auch gut leben. „Ich habe viele Stammkunden.“
MZ-Serie Land und Leute: An Wochenenden auch bei großen Veranstaltungen
Der Markranstädter mit der kräftigen tiefen Stimme, der der sympathische sächsische Dialekt anzumerken ist, fährt noch auf einen Wochenmarkt nach Döbeln und zu Edeka-Märkten.
An den Wochenenden ist er mitunter auch bei größeren Festen wie dem Walpurgismarkt Thale, dem Burgfest Tangermünde oder dem Salzfest und Lichterfest in Halle.
Draußen ist er aber nur von April bis November. In den Wintermonaten sei er bei Hallen-Weihnachtsmärkten oder Freizeit- und Verbrauchermessen, erzählt Nikodym.
Er habe auch mal von 1994 bis 1996 in Wolfen ein Geschäft gehabt. Nach den Entlassungen bei Orwo musste er es aufgeben. In Leipzig hatte er auch einen Laden, wo aber die Mieten zu hoch und die Umsätze zu gering waren.
MZ-Serie Land und Leute: Einst in der Gastronomie gelernt
Der 56-Jährige hatte einst in der Gastronomie gelernt und gearbeitet. Als er nach der Wende arbeitslos wurde, kam er 1991 auf die Idee, es als Markthändler zu versuchen.
„Angefangen habe ich mit einem Wäscheständer, an dem ich Schlüpfer verkauft habe“, sagt er lachend. Als er dann einen Schuhhändler traf, versuchte er es mit Schuhen.
Enno Nikodym fährt dabei nicht die Niedrigpreis-Schiene, sondern verkauft Schuhe auf einem mittleren Preisniveau. Bezahlt werden kann hier auch mit EC-Karte.
MZ-Serie Land und Leute: Job bei Wind und Wetter ist hart
Der Job bei Wind und Wetter ist hart. Natürlich seien auch schon mal Ständer im Sturm umgekippt und Eiszapfen an den Stiefeln in der Auslage gewachsen. Doch Nikodym ist gern Markthändler.
„Es gibt so viele schöne Sachen, die ich mit den Leuten erlebt habe.“ Seine Kinder, die früher mal mithalfen, haben sich andere Berufe gesucht. „Wer will heute noch Markthändler machen?
Mit unserer Generation stirbt das aus“, ist er überzeugt. Seine 50- bis 90-jährigen Kunden will er aber die nächsten Jahre noch weiter in Aschersleben bedienen. „Haben Sie einen Beutel?“, fragt er das Ascherslebener Rentnerpaar. „Na klar“, heißt es, und die Dame zückt ihren Nylon-Beutel. (mz)