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Lauschiges Plätzchen auf Stephanikirchhof

Von Kerstin Beier 24.08.2007, 17:19

Aschersleben/MZ. - Unermüdlich begleiten Stadtführer Fremde und Einheimische durch die Stadtgeschichte und weisen die Teilnehmer bei ihren Rundgängen auf Wissens- und Sehenswertes hin. Doch wo halten sie sich selbst gern auf? Gibt es Lieblingsplätze? Wir wollten es wissen und haben einige Stadtführer gefragt.Jutta Gallas ist ein geborener Möhrenkopp. Ihre Stadt kennt sie wie sich selbst, und es fällt ihr schwer, auf Anhieb eine Antwort zu finden auf die Frage, wo in Aschersleben sie am liebsten ist. "Ich finde vieles schön", sagt die gelernte Buchdruckerin, die derzeit über eine ABM beim Kulturkreis "Adam Olearius" beschäftigt ist. Der hat sein Domizil im Rondell, einem Teil der mittelalterlichen Befestigungsanlage, das sich seit einigen Jahren saniert und restauriert der Öffentlichkeit zeigt. Sie arbeitet also in einem geschichtsträchtigen Teil der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts, und auf diesen ist Jutta Gallas ebenso stolz wie auf anderes: die Kniestockhäuser zum Beispiel, die Seltenheitswert in Deutschland besitzen.

Nach einigem Überlegen fällt ihr aber doch noch ein, wo sie sich besonders gern aufhält. Auch außerhalb der Führungen, die sie als Stadt- und Geschichtskundige mit Gästen oder Einheimischen unternimmt, zieht sie sich gern auf den baumbestandenen Stephanikirchhof zurück. Idyllisch gelegen sei er - mitten in der Stadt und doch etwas abseits vom allgemeinen Trubel.

Gern setzt sie sich im Schatten der 500 Jahre alten Kirche auf eine Bank und lässt den Blick auf den Fassaden der Häuser ruhen, die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert gebaut wurden. Unter ihnen, blau verputzt, das Geburtshaus von Rudolf Christian Böttger, dem Erfinder der Streichhölzer. Des Mannes, der sein Patent an die Schweden verkaufte, weil er damit in Deutschland nicht landen konnte. "Die Schweden haben dann damit den großen Reibach gemacht", lacht Jutta Gallas, die ihre Landsleute damals wie heute "manchmal ganz schön ignorant findet", wie dieses Beispiel ja wohl zeige.

Begeistern kann sich Frau Gallas auch am Anblick des Scharrens, einer in Sachsen-Anhalt einzigartigen Anlage. Hier wurde im 18. Jahrhundert Fleisch verkauft, die kleinen Läden, dicht an dicht, sind heute noch zu erahnen. "Man müsste mal ne Zeitreise machen können, dann könnte man sich manches viel besser vorstellen", träumt Jutta Gallas das Unmögliche. Aber sie würde immer wieder zurück wollen, denn sie lebe gern im Hier und Heute. Sie hofft nun, dass auch der zweite Teil des Scharrens, der dem restaurierten Gebäude gegenüberliegt, bald in einen ansprechenden Zustand versetzt werden kann.

Natürlich liege auch in Aschersleben noch einiges im Argen, man könne aber viel Schönes entdecken, "wenn man mit liebevollen Augen durch die Stadt geht", findet Jutta Gallas. Eben auch solche "lauschigen Ecken wie den Stephanikirchhof".