1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Ladenbehüter Frank Thiede in Aschersleben: Ladenbehüter Frank Thiede in Aschersleben: Vom Rohrbauer zum Tabakhändler

Ladenbehüter Frank Thiede in Aschersleben Ladenbehüter Frank Thiede in Aschersleben: Vom Rohrbauer zum Tabakhändler

Von harald vopel 05.01.2016, 08:56
Frank Thiede (l.) betreibt seit einem Vierteljahrhundert das Tabakwaren- und Spirituosen-Eck in Aschersleben.
Frank Thiede (l.) betreibt seit einem Vierteljahrhundert das Tabakwaren- und Spirituosen-Eck in Aschersleben. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Frank Thiede ist so etwas wie der Angler, der selbst keinen Fisch isst. Er betreibt sein Geschäft aus Leidenschaft. Seit einem Vierteljahrhundert ist der Nichtraucher Inhaber des Tabakwaren- und Spirituosengeschäfts in der Hecknerstraße. Der Laden an der Ecke zur Augustapromenade gehört zu den Geschäften in Aschersleben, die - zumindest gefühlt - schon immer dort waren, wo sie heute noch sind. Und im Fall des Tabak- und Spirituosen-Ecks dürfte das sogar buchstäblich stimmen. Zumindest weist darauf ein Foto hin, das Frank Thiede von einem Stammkunden geschenkt bekam. Darauf zu sehen ist die Außenansicht des Geschäfts. Bei genauer Betrachtung - unter Zuhilfenahme einer Lupe - ist in einem Schaufenster ein Hinweis mit der damals aktuellen Jahreszahl 1937 zu erkennen. Und schon seinerzeit fanden sich in der Auslage Zigarren und diverse Getränkeflaschen. Und so darf daraus geschlossen werden, dass von Anfang des Hauses an Zigaretten, Zigarren, Kautabak, Priem, Pfeifen und Pfeifentabak, Klarer, Kümmel, Kognak und anderes Hochprozentige an die Kunden gebracht wurden.

Ob die Regale allerdings immer so gut gefüllt waren, wie sie es jetzt bei Inhaber Frank Thiede sind, das steht auf einem anderen Blatt. Wahrscheinlich nicht, denn die oberste Regalreihe sei noch vor der Wende im Jahr 1989 mit Holzplatten abgedeckt und zugenagelt worden. Offensichtlich, um den Mangel an präsentationswürdiger Ware zu kaschieren. Und süffigen Rosenthaler Kadarka, grünen Pfeffi und Co. gab’s damals in der Branche sowieso nicht aus dem Regal, sondern meist nur unter dem Ladentisch.

Als das eine oder andere noch knapp war und sogar Aschenbecher und Feuerzeuge unter die Rubrik Mangelware fielen, da dachte Frank Thiede noch nicht daran, dass er einmal in einem Tabakwarengeschäft stehen würde. Da war er Ingenieur für Rohrleitungsbau, später Nachfolger seines Vaters in dessen privater Samen- und Blumenhandlung und schließlich Betreiber eines Garten-Centers direkt in der Nachbarschaft seines heutigen Geschäfts. Als die Konkurrenz durch die großen Garten-Center übermächtig wurde, suchte der Aschersleben nach einer Alternative und nach einem neuen Standbein.

Als es sich ergab, dass er das Tabakwaren- und Spirituosengeschäft nach der Insolvenz des Vorgängers übernehmen könnte, ließ sich Frank Thiede nicht lange bitten und wechselte noch einmal die Branche. Das ging allerdings nicht, ohne dass er als jetzt ehemaliger Verkäufer von Rosenstöcken, Apfelbäumen, Erdbeerpflanzen und sonstigem Gartenbedarf noch einmal die Lehrgangs-Schulbank drücken musste. Schließlich hatte er sich - als Nichtraucher, der plötzlich Zigaretten und Whisky verkaufen wollte - selbst ins sprichwörtlich kalte Wasser gestürzt.

Und es gab viel zu lernen - über Tabakanbau, Zigarrenproduktion, Tabaksorten. Über die Technik von Feuerzeugen, die auch schon einmal mehrere hundert Euro kosten können; über die Handhabung von Tabakpfeifen, die genau so teuer sein können, über die Reifung und Produktion von Blended Whiskys, Bourbon, Single und Malt; oder über Anbau, Ausbau und Lagerung von Weinen und über vieles andere. Heute verkauft Frank Thiede nicht nur - er berät seine Kunden, was diese inzwischen zu schätzen wissen. Und der Geschäftsmann ist einer von denen, die eines der selten gewordenen Ascherslebener Traditionsgeschäfte - gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Brigitte - bewahrt. Auch wenn das Überleben längst nicht mehr so problemlos ist, wie er sich das wünschen würde. (mz)