Schiess GmbH Interview mit Sanierungsberater Robert Tobias: Aufträge beenden und Service bieten mit kleinerer Belegschaft

Aschersleben - Am 31. März endet für die Mitarbeiter der zahlungsunfähigen Schiess GmbH der Insolvenzgeldzeitraum. Nun stehen Entlassungen bevor, über die die Geschäftsführung die Belegschaft am Mittwoch informiert hat.
Ob und wie es nun weitergeht bei Schiess, darüber sprach MZ-Redakteurin Kerstin Beier mit Sanierungsberater Robert Tobias. Mit Beginn der Eigenverwaltung war er von der Geschäftsführung vor Ort als Generalbevollmächtigter eingesetzt worden, um die Sanierung zu begleiten.
Gehen bei Schiess jetzt endgültig die Lichter aus?
Robert Tobias: Obwohl es zum 1. April noch keine Lösung gibt, wollen wir die Chance auf eine Sanierung erhalten. Deshalb werden wir den Geschäftsbetrieb mit 40 bis 50 Leuten aufrechterhalten. Es geht jetzt darum, begonnene Aufträge zu beenden und weiterhin Service zu bieten.
Die Belegschaft kritisiert, dass nicht genügend Anstrengungen unternommen wurden, das Unternehmen zu retten ...
Es stimmt nicht, dass es kein Sanierungskonzept gibt, wie immer behauptet wird. Die Geschäftsführung hat gemeinsam mit Arbeitsgruppen aus verschiedenen Teilen der Belegschaft ein Konzept erarbeitet, das dem Betriebsrat am 26. Februar auch vorgestellt wurde. Im Kern geht es darum, dass sich Schiess auf das Retrofit- und Servicegeschäft sowie die Konstruktion und Fertigung profitabler Maschinen konzentriert und dabei seine enormen Überkapazitäten abbaut. Mit diesem Konzept haben wir in einem offenen Investorenprozess 300 potenzielle Käufer weltweit angesprochen. Aktuell verhandeln wir mit vier Interessenten. Es handelt sich um Unternehmen aus der Branche, zwei kommen aus Deutschland, zwei weitere aus dem Ausland. Es sind aber noch viele Fragen offen, entschieden hat sich noch niemand.
Warum hat sich die Lage bei Schiess so zugespitzt?
Dem Unternehmen geht es bereits seit Jahren nicht gut, zuletzt waren die Verluste größer als der Umsatz. Die Zahl der Kunden ging immer weiter zurück, es wurden kaum Maschinen außerhalb des chinesischen Marktes verkauft. Trotzdem hat der chinesische Gesellschafter, die Shenyang Machine Tools, immer zu ihrer Tochter gestanden. Seit der Übernahme 2004 hat der Eigentümer rund 140 Millionen Euro in das Unternehmen gesteckt. In der vergangenen Woche hat er deutlich gemacht, dass er nicht mehr bereit oder in der Lage ist, weiter in den Betrieb zu investieren. Das ist das Recht eines jeden Eigentümers, ein anderer wäre diesen Schritt wahrscheinlich schon viel früher gegangen.
Wenn die Lage so prekär war: Warum sind nicht schon viel früher Sanierungsmaßnahmen ergriffen worden?
Vor einem Jahr bereits sind Sanierungsmöglichkeiten ausgelotet worden und die Geschäftsführung vor Ort hat empfohlen, mit einem Umbau zu beginnen. Das hätte jedoch zwangsläufig auch Arbeitsplatzabbau bedeutet. Vermutlich sind die Chinesen davor und vielleicht auch vor dem Gesichtsverlust zurückgeschreckt.
Die Gewerkschaft kritisiert die Insolvenz in Eigenverwaltung. Warum ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Wir wollten im Rahmen der Sanierung vor allem auch Investoren im Ausland ansprechen. Dort wird ein deutsches Regelinsolvenzverfahren meist als Zerschlagungsfall wahrgenommen. Die Leute denken dann schnell, da ist nichts mehr zu machen. Eine Eigenverwaltung ist ausdrücklich als Sanierungsfall konzipiert und wird so auch im Ausland wahrgenommen. Das hat uns geholfen, Türen offen zu halten.
Sie mussten der Belegschaft die schlechte Nachricht überbringen. Wie haben die Mitarbeiter reagiert?
Natürlich hat das bei manchem Emotionen freigesetzt, das ist verständlich. Die meisten haben die Nachricht aber recht gefasst aufgenommen. Denn vielen ist klar, wie es seit Jahren um den Betrieb bestellt ist.
Ist Schiess aus Ihrer Sicht überlebensfähig?
In dieser Größe sicher nicht. Mit einer Konzentration auf die rentablen Bereiche und einer Belegschaft von 40 bis 70 Mitarbeitern schon. (mz)