Herzog ruht nun in Anhalt
Ballenstedt/MZ. - Es war, als ob das unsägliche Band der Vergangenheit mit einem Hieb abgeschlagen worden war. Ja, die Worte von Eduard Prinz von Anhalt klangen beinahe wie ein Schlag der Befreiung: "Die Zukunft liegt nun vor uns, und die Zukunft soll unbelastet sein." Mit diesen Worten versenkte Eduard Prinz von Anhalt eine kupferne Urne in jenem Findling im Garten des Jagdschlosses Röhrkopf. Ein Akt, der in allererster Linie symbolischen Charakter hat: In der Urne, die das Künstlerehepaar Esther Brockhaus und Marcus Hennig gefertigt hat, befinden sich die sterblichen Überreste von Eduard von Anhalts Vater Herzog Joachim-Ernst, der gestern vor 60 Jahren im sowjetischen Internierungslager Buchenwald gestorben war.
Für dessen Sohn ist die Umbettung nun in erster Linie ein Schlussstrich unter der Vergangenheit und der Neubeginn im Umgang mit Gesellschaft, Staat und Behörden. Deshalb, so Eduard Prinz von Anhalt sichtlich erleichtert am Grab, habe ihn nach der Trauer in Buchenwald nun "ein Moment der ganz großen Freunde ergriffen".
Die Erleichterung hatte offenbar auch ihren Grund in der Anwesenheit bedeutsamer Repräsentanten: Neben Ballenstedts Bürgermeister Wolfgang Schneider (FDP) war auch Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) der Einladung gefolgt. In einer Gedenkfeier hatte Kreisoberpfarrer Jürgen Dittrich zuvor mit Blick auf Herzog Joachim-Ernst von Anhalt rhetorisch die Frage gestellt, ob sich Zivilcourage auszahle oder nicht.
Im konkreten Fall wohl nicht, denn Joachim-Ernst von Anhalt wurde zum Opfer mehrerer totalitärer Systeme. So verbrachte er als Kritiker des Nationalsozialismus mehrere Monate im KZ Dachau. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ihm dann sein vermeintlicher Status als "Großgrundbesitzer" zum Verhängnis: Die sowjetischen Besatzer verhafteten ihn 1945 und deportierten ihn zusammen mit Naziverbrechern in das Speziallager Buchenwald. Dort wurde er am 18. Februar 1947 Opfer der unmenschlichen Haftbedingungen. Nach der Wende wiederum gab es dann im Zuge der beantragten Rückgabe des von Nazis und Kommunisten enteigneten Eigentums Auseinandersetzungen mit der deutschen Regierung. Letztlich musste Eduard Prinz von Anhalt enteignetes Vermögen - beispielsweise den Jagdsitz Röhrkopf - zurück kaufen.
In einem symbolischen Akt füllten die Kinder des Herzogs - Prinz Eduard von Anhalt und Edda Darboven - gestern Morgen nun Erde aus dem Gräberfeld des sowjetischen Speziallagers in jene Urne. Anschließend begab sich die Familie zum einstigen Stammsitz Ballenstedt, wo Joachim-Ernst von Anhalt um 13.50 Uhr symbolisch zur letzten Ruhe gebettet wurde.
Ein Schritt der Versöhnung, in den auch Bürgermeister Schneider nach Jahren mit vielen Querelen nun große Hoffnungen setzt. Er sei erfreut, dass die Spitze des Hauses von Anhalt seit Ende vorigen Jahres offiziell den Hauptwohnsitz nach Ballenstedt verlegt hat, dort ein Haus sanieren will, um anschließend wohl das Jagdschloss wieder herzurichten. Ballenstedt könne davon nur profitieren und er werde alles daran setzen, den Neubeginn positiv zu begleiten.