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Handel und Versorgung in Thale Handel und Versorgung in Thale: Ein Kränzchen mit Bello-Brunch

Von Stephan Neef 01.04.2004, 16:42

Thale/MZ. - Müllers wohnen nicht nur in der Hubertusstraße, sie arbeiten dort auch. Seit 1991. Da bauten sie sich hier ihre neuen Arbeitsplätze, direkt vor der Haustür. Wo die Nachbarn ihre Vorgärten haben, steht seitdem ein Kiosk. Mit Imbiss. Vorher war's ein Ferienquartier, das an den FDGB vermietet wurde, der nebenan seine Verpflegungsstelle besaß.

Eigentlich hätten Müllers in der Gebirgsstraße das Ferienheim des Hallenser Meliorationsbaukombinates kaufen können. Für nur 750 000 Mark. Das hatten sie nach 1985 "auf den Kopf gestellt", wie sich Siegbert Müller erinnert - er als Heimleiter, seine Frau als Wirtschaftsleiterin. Doch Müllers entschieden sich für die preiswertere Offerte eines niedersächsischen Franchise-Unternehmens. Und belebten damit nicht nur die sterbende Hubertusstraße, sondern auch Magen, Kehle oder Kühlschrank zahlreicher Thalenser und ihrer Gäste.

Und das rund um die Uhr, ohne Schließtag. Zwischen 6 Uhr und 21 Uhr konnte der Kunde fortan unter rund 800 Artikeln wählen, über 30 Gerichte probieren. "Das war neu in Thale", weiß Erika Müller, die nun - bis zur Einstellung des ersten Personals - Tag für Tag 15 Stunden auf den Beinen war. Und manches Mal aus der Fassung kam: Wo liegt welche Zigarettensorte? Was kommt auf einen Cheeseburger?

Heute werden Müllers nur noch nervös, "wenn sieben Leute zur gleichen Zeit den Laden stürmen und jeder etwas anderes essen will". Dann hat die Bockwurst Vorrang. Und der Cheeseburger kommt zum Schluss. Denn der muss zweimal in die Mikrowelle, wegen seiner Käsefüllung.

Müllers Fast Food ist keineswegs nur etwas für den grauen Alltag. Bei ihnen saß auch schon eine zehnköpfige Hochzeitsgesellschaft, die gerade aus dem Standesamt kam. Und was wurde gegessen? "À la carte, Schnitzel, Gyros", erinnert sich Siegbert Müller. Und ergänzt: "Das Gyros-Brötchen macht für uns ein Türke, wenn wir das von Deutschen machen lassen, laufen die Leute weg". Auf die Ingredienzen kommt es an.

Und so werden auch die Hähne vor Ort bearbeitet. "Die Haut muss richtig kernig sein", weiß Siegbert Müller. Etwa 200 Kunden nutzen an Sommertagen den Kiosk-Service, im Winter etwa einhundert. Es gibt sogar Urlauber, die immer wieder kommen. "Und einen soliden Stamm, der morgens hier die Zeitung kauft und dann seinen Kaffee trinkt", berichten Müllers. Und abends gebe es "ein winterhartes Kleeblatt, das in aller Ruhe sein Bier trinkt". Jetzt räumten Erika und Siegbert Müller, inzwischen sind sie 62 bzw. 60 Jahre alt, das seit 13 Jahren bestellte Feld. Und übergaben es an Pächter Sebastian Märzke.

"Es tut ein bisschen weh", räumt Inhaberin Erika Müller ein. Doch irgendwann müsse Schluss sein, sagt der Gatte. Arbeit gebe es in Haus und Garten noch genug, auch seit langem avisierte Reiseziele.

Gerhard Lohmann wird weiterhin auf ein Schwätzchen kommen und sein Käffchen trinken. Ob seine Schäferhündin Xenia aber noch auf Betriebskosten die geliebte Leckerlie-Kaustange genießen kann, ist ungewiss.