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Geschichte in Aschersleben Geschichte in Aschersleben: Feuerwehr unter Polizeiaufsicht?

Von bernd schulz 15.06.2015, 09:22
Das Bild zeigt einen Instrukteur bei der Ausbildung der Werksfeuerwehr in der Zuckerfabrik Aschersleben.
Das Bild zeigt einen Instrukteur bei der Ausbildung der Werksfeuerwehr in der Zuckerfabrik Aschersleben. PRIVAT Lizenz

aschersleben - In den Jahren von 1950 bis 1952 wurden in der damaligen DDR in zahlreichen Verwaltungsbereichen neue Strukturen errichtet, zum Teil nach sowjetischem Muster - aber auch nach dem Muster der staatlichen Ordnung der NS-Zeit vor 1945. Letzteres vor allem in Sachen Gleichschaltung. Davon war auch die Organisation des Brandschutzes betroffen.

Was nach dem 2. Weltkrieg schon im Mai 1945 abgeschafft wurde - nämlich die Leitung der Feuerwehren unter Polizeiverwaltung - , sollte ab 1949 unter der Überschrift Zentralisierung teilweise wieder Einzug halten. So auch die Abschaffung der kommunalen Selbstverwaltung des Feuerschutz- und des Feuerlöschwesens. Unter anderem waren ab 1946 die Brandschutzämter in Aschersleben und das Kreiswehramt mit Sitz im städtischen Rathaus für diese Aufgaben zuständig. Dem war auch die Freiwillige Feuerwehr Aschersleben in allen Aufgaben und Strukturen unterstellt.

Neue Struktur entsteht

Ab 1950 erfolgte schließlich die Überleitung dieser Ämter in die zentralgeführten Strukturen des Ministerium des Inneren, hier in die unterstellte Hauptverwaltung (HV) „Deutsche Volkspolizei“. Die Deutsche Volkspolizei erhielt 1948 mehrere Dienstzweige, so auch die Abteilung Feuerwehr - später Hauptabteilung „F“. Der Innenminister war damit auch oberster Dienstherr aller Feuerwehren. Es wurden von staatlicher Seite keine Feuerwehr-Verbände oder Vereine zugelassen, um zentralistisch den Einfluss durch Gesetze und Verordnungen voll ausschöpfen zu können.

Nach einer erfolgten Gebietsreform Anfang der 1950er-Jahre, wurde Aschersleben kurzzeitig dem Kreis Bernburg zugeordnet. Somit auch die Polizeiverwaltung. In diesem Prozess bezog die neue Abteilung „F“ ihre Diensträume im Polizeirevier Hohe Straße 7, wo sie bis 1953 ihren Sitz hatte.

Die sieben bis elf Bediensteten dieser Abteilung waren jetzt Angehörige der Deutschen Volkspolizei, trugen aber eine blaue Dienst-Uniform mit malinoroten Effekten, blaue Einsatzbekleidung und erhielten feuerwehrtypische Dienst- gradbezeichnungen bis in die Führungsebene. Das aufgabenbezogene Arbeitsspektrum war hauptsächlich die Ordnung und Sicherheit auf dem Gebiet des Brandschutzes und die Gewährleistung der ständige Einsatzbereitschaft der Feuerwehren und teilweise auch der Einsatzkräfte für den Katastrophenschutz in den sogenannten Kreislöschbereitschaften (KLB).

1952 erfolgte schließlich die endgültige Festlegung der Gebietsstrukturen - Aschersleben wurde Kreisstadt im Kreis Aschersleben und gehörte zum Bezirk Halle. Für Kontrollfahrten oder als Fahrzeuge der Einsatzleitung wurden zunächst drei Fahrräder, ein Pkw „Adler Trumpf“, 1954 ein ehemaliger Wehrmachts-Kübelwagen „VW Typ 82“ und 1956 ein Kübelwagen „F9 E“ in Polizeigrün zugeführt. Auch Motorräder waren im Einsatz, so ab 1955 je zwei „Awo 425“ und „EMW 350“.

Im Laufe der folgenden Jahre erweiterte sich auch das Aufgabengebiet der Ascherslebener Brandschützer. So wurde 1952/53 eine im Volksmund so genannte Berufsfeuerwehr - das Kommando F (Kdo.F) - mit anfangs 21 Feuerwehrmännern aufgestellt und der Abt. F unterstellt. Es erfolgte 1953 eine Erhöhung der Einsatzkräfte auf 26 und 1961 nochmals auf 36 Bedienstete. Um 1953 wurde auch das Volkspolizeikreisamt (VPKA) in der Dr.- W.- Feit-Straße eingerichtet und die Abt.F übernahm gemeinsam mit dem Kdo.F Räumlichkeiten in der neu ausgebauten Feuerwache in der Magdeburger Straße 19.

Neue Aufgaben

Jeder Instrukteur, so war die Dienstbezeichnung, hatte sein Aufgabengebiet. Es mussten die Schulung und Ausbildung für die Feuerwehren organisiert und durchgeführt werden. Brandsicherheits-Kontrollen in der Landwirtschaft, in Betrieben und Einrichtungen waren an der Tagesordnung. Dazu kam noch die Fertigung von Brandermittlungsberichten für Versicherungen und übergeordnete Dienststellen sowie die Übernahme der Einsatzleitung im Brand- und Einsatzfall nach einem Diensthabenden-System rund um die Uhr.

Bei Einsätzen musste eine enge Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei und der Kreisdienststelle des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erfolgen, da fast alle Betriebe und Institutionen Staatseigentum waren. Eine weitere Aufgabe war die Feststellung der Notwendigkeit und die Zuweisung von Feuerwehr-Fahrzeugen und Einsatz-Technik für alle Feuerwehren. Die Finanzierung oblag allerdings den Kommunen und Betrieben - außer dem Kdo. F. Auch die Unterhaltung der Gerätehäuser und die Organisation der örtlichen freiwilligen Feuerwehren und Betriebsfeuerwehren mussten die jeweiligen Träger übernehmen.

27 Ortschaften gehörten von 1952 bis 1990 zum Kreis Aschersleben. In 26 Orten gab es auch eine eigene Ortsfeuerwehr.

Zehn Ortswehren besaßen allerdings kein eigenes Löschfahrzeug, sie waren auf Vorspannfahrzeuge - hauptsächlich von landwirtschaftlichen Betrieben und Genossenschaften - oder auf den Handzug für ihre Tragkraftspritzenanhänger angewiesen.

Im Kreis gab es seinerzeit unter anderem folgende Einsatztechnik: 22 Lösch- und Einsatzfahrzeuge und 30 Feuerwehr-Anhänger; 20 betriebliche freiwillige Feuerwehren mit 25 Löschfahrzeugen und 31 diversen Anhängern; eine Löschmannschaft der Polizeischule mit einem Löschfahrzeug und einem Anhänger; ein Feuerwehr-Geräte-Stützpunkt - drei Einsatzfahrzeuge und zwei diverse FW-Anhänger.

Etwa 450 Kameradinnen und Kameraden hatten sich allein in der Kreisstadt dem Feuerwehr-Dienst angeschlossen. (BS)

Im Rahmen der Landesverteidigung wurden 1958 für den Bereich „Luftschutz“ und später für die sogenannte Zivilverteidigung Brandschutz-Einheiten aus verschiedenen Feuerwehren gebildet. Auch hier hatte die Abteilung F hauptsächlich fachlichen Einfluss. Diese Brandschutz-Einheiten konnten im Katastrophenfall auch überörtlich im ganzen Land eingesetzt werden. Die Dienstgradbezeichnungen für Feuerwehroffiziere wurden 1957 in militärische Bezeichnungen umbenannt - mit dem Zusatz „der Feuerwehr“. Die Unterführer- und Mannschaftsdienstgrade blieben erhalten.

Das zur Abteilung F gehörende Kommando F wurde schließlich am 31. Dezember 1963 wieder aufgelöst. Die Freiwillige Feuerwehr Aschersleben übernahm die Räumlich der Feuerwache und die gesamte Feuerwehr-Fahrzeug- und Einsatztechnik. Die weiter bestehende Abt. F erhielt noch vier Büroräume und eine Garage - zur Miete bis zum Jahr 1976. Die Abteilung F wurde danach in ein Polizeigebäude der Außenstelle des VPKA, Bahnhofstraße 3, verlegt und war dort bis zur Auflösung im Jahr 1991 untergebracht.

Neue alte Technik

In den 1960er-Jahren wurde ein gebrauchter Funkstreifenwagen in Polizeiausführung vom Typ „Wartburg 311-4/Kübel“ und im Jahr 1970 ein gebrauchter ADW (Ausrücke-Dienst-Wagen/ Kommando-Wagen) „Wartburg 311-4 Limousine“ in der Farbe Rot übernommen. Da diese Fahrzeuge bereits mit Funktechnik ausgestattet waren, konnten schnell Meldungen in Bezug auf die Nachforderung weiterer Kräfte und Mittel erfolgen. Letzterer Kommando-Wagen hatte übrigens während einer Dienstfahrt nach Ermsleben (1973) einen Unfall und war nicht mehr instand zu setzen. Ersatz gab es vorerst nicht. Es hieß, schließlich könne auch ein Funkstreifenwagen der Polizei angefordert werden. Dafür wurden ein neues Motorrad vom

Typ ES 250 sowie mehrere Kleinkrafträder „Schwalbe“ angeschafft.

Die Zuweisung eines weiteren Motorrades ETS 150 und eines fabrikneuen „Wartburg 353-W“ durch die Bezirksbehörde, erfolgte erst im Jahr 1978. Der Einsatzwagen war bis Juli 1988 im Einsatzdienst. Je aktiver die Abteilung F geführt wurde, umso mehr stieg das Niveau und die Ausstattung der einzelnen Feuerwehren und die Brandsicherheit im Kreisgebiet. Das zeigte sich besonders in den Jahren 1970/80, als der Ausstattungsgrad und die Einsatzbereitschaft fast aller örtlichen und betrieblichen freiwilligen Feuerwehren im Kreis Aschersleben als sehr effektiv und hochqualitativ eingeschätzt wurde. Mitte 1988 wurde noch einmal ein neuer „Wartburg 353-W“ übernommen und bis 1994 eingesetzt.

Nach der politischen Wende 1989/90 ist die Abteilung F Anfang 1991 aus der Polizeistruktur ausgegliedert und in die neue kommunale Landkreisverwaltung Aschersleben - in das Amt für Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen – überführt worden. (mz)

Anfangs gehörte auch dieser VW-Kübel zur Ausstattung der Ascherslebener Feuerwehr.
Anfangs gehörte auch dieser VW-Kübel zur Ausstattung der Ascherslebener Feuerwehr.
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