Geldmangel bedeutet weniger Übung
ASCHERSLEBEN/MZ. - Die Durchfallquote liegt in Sachsen-Anhalt mit 44,4 Prozent bei der theoretischen und 36,1 Prozent bei der praktischen Prüfung jeweils über zehn Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Die wenigsten Durchfaller gibt es in Niedersachsen (25,5 Prozent in der Theorie) und Hessen (19,8 Prozent in der Praxis).
Auch schwarze Schafe
Die Fahrlehrer der Ascherslebener Fahrschulen können dieses vernichtende Ergebnis nicht nachvollziehen. "Ich kann sofort widerlegen, dass es so viele sind", bekräftigt Fahrlehrer Axel Ebers von der gleichnamigen Fahrschule. Für die Fahrschule Udo Keil gilt dasselbe. Udo Keil ist davon überzeugt, dass die Statistik auch aufgrund einiger schwarzer Schafe zustande gekommen ist, die mit nicht vertretbaren Festpreisangeboten und "in sieben Tagen zum Führerschein" locken.
Sind die Ossis einfach dümmer? Welche Gründe gibt es dafür, dass in den neuen Bundesländern mehr Fahrschüler durchfallen? Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, sieht die Ursachen in fehlender Motivation sowie strengeren Prüfungskriterien und einer komplizierteren Straßensituation im Osten. Außerdem sei die Gebühr für die theoretische Prüfung so niedrig, dass viele Prüfling sich zu früh dafür anmelden würden.
Prüfung ist schwerer
An einem geistigen Defizit in den neuen Bundesländern liegt die hohe Durchfallquote jedenfalls nicht. "Es ist Quatsch, dass die Schüler heute dümmer sind als früher", so Axel Ebers. Schüler fielen auch durch, weil sei aufgeregt wären oder Angst vor der Prüfung am Computer hätten, die jetzt in Halberstadt durchgeführt wird. "Es wäre eine Bestrafung, die Kosten für die theoretische Prüfung zu erhöhen", meint er. Diese liegen derzeit bei rund 20 Euro. Für die praktische Prüfung verlangt die Dekra 85 Euro. So mancher Schüler sollte einige Fahrstunden mehr nehmen, doch weil das Geld knapp werde, gehe das nicht. "Die praktische Prüfung ist schwerer geworden", ergänzt Ebers. Er wisse nach der Prüfung manchmal selbst nicht, wo der Prüfer überall hat langfahren lassen.
Eine Benachteiligung des Ostens durch die Straßensituation mit vielen baulichen Maßnahmen und sehr engen Straßen sehen sowohl Axel Ebers als auch Udo Keil gegeben. "Aber der Fahrschüler muss mit allen Situationen klar kommen", schränkt Keil ein. In seiner Fahrschule setzt man auch auf das allerneuste Lehrmaterial, um die Durchfallquote geringstmöglich zu halten, denn "wir wollen keine Sponsoren der Dekra werden". Das Lehrmaterial besteht aus einem Computerprogramm, einem Buch und passender Hör-CD. Der Fahrschüler kann zu Hause, an PC-Arbeitsplätzen in der Fahrschule oder mit Hilfe eines mobilen Gerätes lernen und üben. Über das Internet oder mittels USB-Stick wird der Lernfortschritt an den Fahrlehrer weitergeleitet. So kann gezielt auf Fehler und schwierige Situationen eingegangen werden. "Es ist die Verantwortung der Fahrschule, den Schüler nicht zu früh zur Prüfung vorzustellen, wenn er das Ziel noch nicht erfüllt", so Keil.
Jürgen Seider kann sich die hohe Durchfallquote bei theoretischen Prüfungen nicht erklären. In seiner Fahrschule seien die Theoriestunden in der Grundgebühr enthalten, egal, wie lange der Schüler sie in Anspruch nimmt. Wer die Prüfung jedoch ohne Abnicken des Lehrers angehen will, den lässt er gehen, denn "es ist die eigene Entscheidung des Prüflings".
Weniger Geld
Der Hauptgrund für das Durchfallen durch die praktische Prüfung liegt für Seider an der finanziellen Seite, an nichts anderem. Weder die Prüfer seien strenger geworden noch würde die Straßensituation einen Nachteil darstellen. "Der Hauptgrund ist, dass die Menschen im Osten weniger Geld haben und nur das Mindestmaß an Kosten für die Fahrschule ausgeben wollen", erklärt Seider. Wer am Ende nur noch 100 Euro hätte, müsse damit die Prüfung bezahlen und könne keine zusätzlichen Fahrstunden nehmen, die er möglicherweise noch bräuchte.