Gastfamilie Gastfamilie: Frühstück im Schlaraffenland
ASCHERSLEBEN/MZ. - Die drei Jungen am Frühstückstisch von Eleonore und Knut Balster lassen es sich schmecken. Zum einen müssen sie nach dem Konzert am Vorabend im Bestehornhaus und nach einer 4,5 Kilometer langen morgendlichen Joggingrunde quer durch Aschersleben einfach hungrig sein. Zum anderen möchte das Rentnerehepaar ein guter Gastgeber sein und lässt sich nicht lumpen. Es gibt Marmelade, Käse und Wurst, gekochte Eier, heiße, gerade aufgebackene Brötchen und Toastbrot. Selbst frische Kirschen und Erdbeeren dürfen nicht fehlen.
90 Jugendliche zu Gast
Ian Olive, Trent Wimbiscus und Jack Hu hätten es nicht besser treffen können. Für sie ist es das Schlaraffenland - zumindest, was das Frühstück angeht. Die drei 16-Jährigen aus den Bundesstaaten Michigan und Ohio in Amerika gehören zu den 90 Jungen und Mädchen im Alter zwischen zwölf und 22 Jahren des Jugendsymphonieorchesters "Blue Lake Orchestra", das am Dienstagnachmittag nach einer 20-stündigen Reise via Paris und Köln in Aschersleben eintraf. Es ist der Beginn einer großen Europatournee, die sie noch in weitere Städte Deutschlands, Belgiens und Frankreichs führt. Bis Freitagnachmittag dürfen die drei Violinenspieler noch Balsters Ersatzsöhne sein - und genießen das.
"Zu Hause gibt es zum Frühstück eigentlich nur Müsli und Müsli und Müsli", erzählt Trent - auf Englisch. Ian, Jack und er beherrschen neben ihrer Muttersprache nur ein wenig Spanisch, Eleonore und Knut Balster praktisch nur Deutsch. Ein riesiges Wörterbuch liegt zwar auf dem Wohnzimmertisch und ein paar Brocken Englisch haben sie aus ihrem Kalifornienurlaub mitgebracht. Doch der liegt auch schon drei Jahre zurück. So gestaltet sich die verbale Kommunikation im Alltag schwierig. "Aber mit Händen und Füßen geht alles irgendwie", meint die 69-jährige Gastgeberin. Und ein gemeinsames Thema haben sie, die gebürtige Pragerin, und Trent, dessen Vater tschechische Wurzeln hat, auch schon gefunden.
Eigentlich hatte sich das Ehepaar Balster zunächst nur als Reserve-Gasteltern angeboten. Jetzt haben sie sogar drei Jugendliche zu Gast, weil andere Familien als Gastgeber absprangen. Aber sie bereuen nichts: "Es ist spannend, junge Gäste zu haben", sagt der 67-jährige Balster. Und geübt sind sie auch: "Vergangenes Jahr, während der Landesgartenschau, ging es bei uns zu wie im Taubenschlag", ergänzt seine Frau. Doch Amerikaner? Die waren noch nie in dem hübschen Einfamilienhaus.
Deutsche Kultur
Denen wollen sie - zumindest ein bisschen - auch die deutsche Kultur im Allgemeinen und die schönen Seiten Ascherslebens im Speziellen mitgeben. Für Knut Balster ist das ein Heimspiel: Er ist schon seit Jahren der wohl bekannteste Stadtführer und weiß ganz genau, wo der Ort am Attraktivsten ist. So können Ian, Jack und Trent bei ihrer Rückkehr zu Hause von der "pretty, nice town" (englisch - ziemlich hübschen Stadt, die Redaktion) berichten. Nur mit den Namen berühmter deutscher Personen hapert es bei den drei Schülern der Highschool noch ein bisschen. Da fällt ihnen spontan keiner ein. Aber das ist letztendlich auch egal. Schließlich sind die Leute hier einfach super. "Es ist eine tolle Zeit", sagt Jack.