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Froser Stiftskirche Froser Stiftskirche: Alter Glockenstuhl gefährdet Besucher und Mauerwerk

Von Regine Lotzmann 18.12.2019, 14:07
Die  Bronzeglocke soll gerettet  werden und  wieder erklingen.
Die  Bronzeglocke soll gerettet  werden und  wieder erklingen. Frank Gehrmann

Frose - Die Gerüste, die die beiden Türme der Froser Stiftskirche und das restliche Westwerk für Monate umschlossen hatten, sind gerade verschwunden und schon geht die kleine Kirchengemeinde mit der Rettung der Glocken das nächste riesige Projekt an. „Wir schaffen eine neue Glockenstube“, kündigt Rüdiger Kempe, der Chef des Gemeindekirchenrates, an.

Glockenstuhl gefährdet Besucher

Denn der alte Glockenstuhl im Nordturm von St. Cyriakus hat seine Tücken und ist für die Standhaftigkeit des über 1000 Jahre alten Gotteshauses, das zur Straße der Romanik zählt, eine echte Gefahr. Ist die Aufhängung doch direkt in den dicken Kirchenmauern verankert. „Und beim Läuten übertragen sich Schwingungen auf das alte Mauerwerk, und das ist dafür nicht ausgelegt“, so Kempe.

Deshalb darf seit Jahren nur die kleine Stahlglocke erklingen. Sie läutet den Feierabend ein und gibt Feiertagen, Hochzeiten, Taufen und Gottesdiensten einen besonderen Klang.

Gemeinsam mit der großen Stahlglocke hängt sie seit den 1920er Jahren in der Stiftskirche und ersetzt dort die alten Bronzeglocken, die im Ersten Weltkrieg abgebaut, eingeschmolzen und zu Kriegsgerät verarbeitet wurden.

Geschenk von Freunden

Nur die kleinste Bronzeglocke konnte damals gerettet werden. Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Kunstwerk war ein Geschenk der Partnergemeinde Holzappel, ein Dankeschön, weil die Froser den Menschen dort in schweren Zeiten beigestanden hatten.

Doch seit Jahren ist die kleine Glocke stumm. Sie hat eine kaputte Krone, und ein Haarriss zieht sich durch den ganzen Glockenkörper. Deshalb soll die Glocke nun saniert werden, kündigt Rüdiger Kempe an. „Die wollen wir retten, die hat geschichtlichen Charakter“, sagt der Vorsitzende.

„Gleichzeitig wollen wir die neue Glockenstube bauen - direkt zwischen den beiden Türmen.“ Noch überlegen die Froser, ob dort vielleicht auch die kleine Stahlglocke mit einziehen wird.

„Die große soll auf jeden Fall als Schauglocke im Nordturm hängen bleiben.“ Hier werde der alte Glockenstuhl zurückgebaut, damit die Besucher bei Turmbesichtigungen künftig mehr Bewegungsfreiheit haben.

Denn St. Cyriakus, in der sogar Thomas Müntzer dereinst als Propst fungierte, ist ein gern genutzter Stopp an der Straße der Romanik. Rüdiger Kempe und Ortschronist Kurt Engmann, der bei solchen Führungen hilft, sprechen von vierstelligen Besucherzahlen.

Besucher aus aller Welt

„In diesem Jahr waren sogar Gäste aus Italien, der Schweiz und Frankreich, Russland, Amerika und Australien hier“, freut sich Kempe und weiß, dass die Stiftskirche aufgrund ihrer baulichen Unversehrtheit, ihres ursprünglichen Aussehens ein begehrtes Ausflugsziel sei.

Und auch der Salzländer Kulturstempel - das Gotteshaus ist eine der 40 Stationen davon - lockt Touristen an. Die Sanierung der kleinen Glocke würde sicher auch sie freuen, doch vor allem sind es die Froser selbst, die einen Nutzen davon haben und ein Stück Geschichte damit verbinden.

Geplant ist der Start dieses inzwischen vierten Bauabschnitts für 2020. „Doch erst, wenn tatsächlich alle Mittel zur Verfügung stehen“, sagt Rüdiger Kempe und erzählt, dass es danach eigentlich direkt weitergehen müsste. Denn das Dach des Nordturmes, das haben Untersuchungen jetzt ergeben, muss komplett erneuert werden.

„Der Dachstuhl ruhte auf einer Mauerlatte aus dem 17. Jahrhundert, die gar nicht mehr vorhanden ist. Der Ruhepunkt ist sozusagen nicht mehr da“, erklärt der Froser.

Zudem sei der sogenannte Kaiserstiel, der das Dach des Kirchturms stützt, kaputt, vom Holzwurm zerfressen. Es wird also auch in den nächsten Jahren Baugerüste an und in der historischen Stiftskirche geben. Dafür hofft die kleine Kirchengemeinde - wie bei der Sanierung des Westwerkes - auf die Unterstützung von Bund, Land und Lotto Toto.

(mz)