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Finotech: Wir bleiben in Aschersleben

Von Kerstin Beier 14.02.2006, 20:31

Aschersleben/MZ. - "Wir wären ja verrückt, nach Hannover zu gehen. Dort sind die Steuer-Hebesätze doppelt so hoch wie in Aschersleben." Mit diesen Worten reagierte am Dienstag der ehemalige Finotech-Geschäftsführer Jürgen Sauer, der inzwischen im Ruhestand, aber weiter als Firmenberater tätig ist.

Tatsache sei, dass Finotech in diesem Jahr erheblich weniger Gewerbesteuern an die Stadt Aschersleben zahle. "Aber nicht, weil wir umfirmiert hätten, sondern weil das Unternehmen einfach weniger Gewinn macht als in den vergangenen Jahren", erklärt er und nennt auf Nachfrage auch den Grund: Der Großkunde, der bisher ausschließlich mit Vliesstoffen für die Windelherstellung beliefert worden sei, habe den Zuschnitt für die Artikel so verändert, dass viel weniger Material benötigt werde. Um diesen Verlust auszugleichen, sei ein großes Verkaufsteam aufgestellt worden, das neue Kunden gewinnen soll. "Wir wollen wachsen und nicht schrumpfen und tun alles, um den Standort hier zu stärken", beteuert der Berater.

Und das Büro in Hannover? Dies gebe es tatsächlich, doch würden dort die Aktivitäten des Konzerns, zu dem in der Bundesrepublik noch eine Produktionsstätte in Süddeutschland gehört, gebündelt. "Das Büro hat null Einfluss auf die Gewerbesteuer. Die fließt dort, wo die Löhne gezahlt werden."

Verärgert ist man nicht nur bei Finotech, sondern auch in der Stadtverwaltung. Schließlich, so Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab), sei die Nachricht aus nichtöffentlicher Sitzung doch irgendwie an die Öffentlichkeit gelangt. Michelmann hatte dort nach eigenen Worten vor Stadträten darüber berichtet, dass die Gewerbesteuern des Vliesstoffherstellers Finotech in diesem Jahr nicht mehr so reichlich fließen würden. "Ich bin entsetzt über die Vorgänge", meinte er auf Nachfrage und befürchtet, dass das "Vertrauen zwischen der Stadt und der Wirtschaft" mit solcherlei Indiskretionen "nachhaltig gestört" werden könnte. Deshalb habe er Strafanzeige gegen unbekannt erstattet.

Michelmann bestätigte indes die Summe von 2,2 Millionen Euro, um die die Gewerbesteuern geringer ausfallen könnten. "Das ist ein Einbruch, der zwar nicht dramatisch ist, auf den wir aber reagieren müssen. Deshalb habe ich eine Haushaltssperre verfügt." Auf die städtischen Investitionen habe sie keinen Einfluss, die sollen "so kommen wie geplant". Die Sperre beziehe sich auf die Ausgaben der Verwaltung.