«Die Beine wollen nicht mehr so»
Aschersleben/MZ. - Bei einem solchen Alter gibt es schließlich auch viel zu erzählen. Einiges aus dem Leben von Frieda Eggert wusste Heike Brehmer bereits: dass Frau Eggert am 24. Februar 1907 als Frieda Charlotte Gesina Ehrenbrecht in Magdeburg geboren wurde, mit den Eltern nach Berlin zog und 1918 nach Staßfurt kam, wo ihr Vater als Wachtmeister arbeitete; ihre Mutter führte ein Blumengeschäft nahe dem Staßfurter Krankenhaus. Tochter Frieda lernte Blumenbinderin und übernahm das Geschäft von der Mutter, bis sie nach ihrer Heirat 1928 selbst Mutter von zwei Kindern und Hausfrau wurde. Mit ihrem Mann lebte sie knapp 60 Jahre zusammen.
Am 23. Dezember 2004 wechselte Frau Eggert in das zwei Monate zuvor eröffnete Caritas-Alten- und Pflegezentrum "Sankt Antonius" in Aschersleben. Notwendig geworden war der Wechsel wegen eines Krankenhausaufenthaltes - nicht ihres, sondern dem ihrer Tochter Waltraud Heine (die vor ein paar Tagen 85 Jahre alt geworden ist). Allein in der Neubauwohnung, das wollte ihr niemand zumuten.
Die ganz glücklichen Zeiten waren damit vorbei. Viele Dinge, die sie fit gehalten haben, fehlen ihr nun. Vor allem die Möglichkeit, selbst zu kochen und selbst ihren Tagesablauf zu bestimmen. Die geistig rege Frau, die liest und die dank der häufigen Besuche ihrer Enkelin Marita Pfannschmidt und deren Mann Lutz sowie ihrer Tochter noch rege am Leben um sie herum Anteil nimmt, die ein Leben lang in Bewegung war, erlebt, was es heißt: Wer rastet, der rostet.
Erstmals in ihrem Leben musste sie im Rollstuhl zu ihrer Geburtstagsfeier geschoben werden. Beinahe entschuldigend meinte sie: "Die Beine wollen nicht mehr so."
Doch die Gästeschar ließ einen leisen Kummer schnell vergessen. Zwar hatte aus gesundheitlichen Gründen ihre Schwester Erna Aurin, die auf Usedom lebt und am 30. Januar 100 Jahre alt geworden ist, nicht kommen können, dafür aber waren viele andere liebe Verwandte da. Unter ihnen Dr. Horst-Achim Ehrenbrecht (die Kurzfassung seines adligen Namens lautet Achim von Ehrenbreitstein), der eine Familienchronik über viele Jahre erarbeitet und die letztlich Lutz Pfannschmidt in Buchform gebracht hat. Bemerkenswert: Die Geschichte der Familie der Ehrenbrechts (uralter Adel) ist bis auf das Jahr 1019 zurückzuverfolgen.
Frieda Eggert beteiligte sich - so es ihre Ohren zuließen - mit Witzen und launigen Bemerkungen an den Gesprächen. Mit jeder Feierstunde kehrte stärker die Lebensfreude in sie zurück; nach vier Stunden Feier konnte sie ihre zunächst geschwächte rechte Hand wieder heben und den Gästen reichen. Sie war glücklich, wie ihren fröhlich glänzenden Augen anzusehen war.