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Besondere Dienstleistung Besondere Dienstleistung: Flinke Frauenhände wehren Automaten-Gauner ab

Von Stephan Neef 14.11.2002, 16:49

Thale/MZ. - Amerikanische Kultserien gibt es nicht nur im Fernsehen, sondern auch auf offener Straße. Und das fast allerorts. Eine bekannte US-Zigarettenmarke stellt ihre Kippen-Palette neuerdings als "Kultserie" vor und verrät auch, dass sie ständig greifbar ist - nämlich "montags bis sonntags, überall wo es Tabak gibt". Und den gibt es - rund um die Uhr und an jeder zweiten Straßenecke - per Automat, wie nicht nur Heinz Gorges weiß.

Der Geschäftsführer der Thalenser Warenautomaten GmbH (ThaWa) weiß aber auch, dass manche Raucher den gewünschten Nachschub offenbar nicht immer bezahlen wollen. Und deshalb gern versuchen, die Automaten auszutricksen - ob mit einer auf Euro-Durchnmesser getrimmten 20 Cent-Münze oder einem indonesischen Bat. Denn das fernöstliche Geldstück gleicht in Format und Gewicht einer Zwei-Euro-Münze, hat aber selbst nur geringen Pfennig-Wert.

Und so bietet das Unternehmen, das noch in diesem Jahr den alten Standort in der Kahlenbergstraße verlassen und in das Gewerbegebiet Thale / Nord umziehen will (die MZ berichtete), einen bei Zigaretten-Großhändlern begehrten Service: Es programmiert Münzprüfer. Die kleinen, aber klugen Geräte sollen den Münzfluss kontrollieren und sortieren, erwünschte von unerwünschten, echte von falschen Münzen trennen. Das geschieht seit der Euro-Einführung auf elektronischem Weg. Da werden Oberfläche, Durchschnitt und Stärke gemessen, da wird die Münzmasse gewogen, die Legierung geprüft. Das genaue Prüfschema hüten die Hersteller wie ihren Augapfel. "Das ist ihr Geheimnis, das geben sie nicht preis", erläutert Gorges.

Mindestens 500 000 Prüfgeräte gebe es auf dem Markt, etwa 20 000 hätten den Thalenser Betrieb bereits passiert, verrät der ThaWa-Chef. Ursache der massenhaften Prüfer-Wanderung war die Ablösung der Deutschen Mark durch den Euro. Das Software-Programm musste so umgestellt werden, dass die Automaten künftig die neue Währung akzeptieren, die alte dagegen abstoßen.

"Jeder Prüfer ist ein Unikat, das macht die Sache so schwierig", weiß Gorges. Die Toleranzen der elektronischen Bauteile würden zum Teil sehr unterschiedlich ausfallen und die Einstellung genauer Messwerte erfordern. Eine Sisyphus-Arbeit, mehrfach mussten damals die Programme geändert werden, zumal die Prägequalität oft mangelhaft war. "Die schlechtesten Münzen kamen aus Bayern", erinnert sich Gorges. Und so sei mancher Euro als "Falschgeld" identifiziert worden. Zeitweise lief eine Programmier-Station zweischichtig, waren drei Mitarbeiter mit der Prüfer-Umstellung beschäftigt.

An der Station sitzen grundsätzlich Frauen, ergänzt Gorges. Nur sie besäßen die nötige Fingerfertigkeit, könnten so flink mit "Maus" und Münzsätzen hantieren, dabei im Computer von Programm zu Programm springen, Informationen abrufen, mit dem Display kommunizieren. "Super geschickt" seien vor allem Mütter, die oft mit ihren Sprösslingen die heimischen Spielcomputer bzw. Computerspiele strapazieren. Diese Kolleginnen sind "total hemmungslos, da kommt kein anderer mit", schmunzelt der Chef. Er könne das auch, gesteht Gorges auf Nachfrage. "So schnell wie meine beste Frau bin ich aber nicht", fügt er hinzu.

Momentan läuft der Programmierbetrieb auf Sparflamme. "Kommt irgendwann wieder eine exotische Münze aus Vorderasien oder Hinterindien, die sich als Euro-Ersatz eignet, haben wir wieder zu tun", weiß Gorges. Das könne theoretisch jeden Tag passieren. Das "Bezahlen" mit Falschgeld sei kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug, stellt der Fachmann klar. In der Region um Magdeburg habe die Polizei mit ThaWa-Hilfe zeitweise bestimmte Automaten observiert. Die Münzprüfer waren mit einer Funkstation verbunden und sandten nach Falschgeld-Einwurf alarmierende Signale, der Möchte-Gern-Betrüger konnte gegriffen werden.

Inzwischen arbeitet die zwölfköpfige ThaWa-Belegschaft an einer neuen Automaten-Generation. Ab 2007 kontrollieren die Tabak-Spender vor der Münzannahme erst die (dann obligatorische) Geldkarte des Nutzers - ist der noch nicht 16 Jahre alt, kommt der Zigaretten-Transfer nicht zustande.