Nach 25 Jahren Leerstand Auf dem Graben 75 Aschersleben: Im Einzeldenkmal von 1890 entstehen neun Wohnungen

Aschersleben - Schlagbohrer fressen sich in die Wand, Bodenfliesen werden verfugt. Dass in kaum vier Wochen hier die ersten Mieter einziehen sollen, ist kaum zu glauben. Noch haben die Handwerker im schmucken Gebäude Auf dem Graben 75 das Sagen. „Herberge Heimat - St. Elisabeth Hospiz“ steht schon seit zwei Jahren in frischen altdeutschen Lettern an der sanierten Fassade.
Das Haus gehörte einst zu einem Armen- und Krankenhaus. Nun steht der Innenausbau vor dem Abschluss. Bei einem Baustellentag konnten viele neugierige Ascherslebener einen Blick in das markante Einzeldenkmal aus dem Jahr 1890 werfen, in dem neun Wohnungen entstanden sind.
Gebäude- und Wohnungsgesellschaft investierte mehr als eine Million Euro
„Wir haben deutlich über eine Million Euro in die Hand genommen, um das Haus wieder instand zu setzen“, erklärt Mike Eley, Geschäftsführer der Gebäude- und Wohnungsgesellschaft (AGW). Mindestens 25 Jahre hatte das Gebäude leer gestanden.
Feuchtigkeit drang durch das undichte Dach ein. Die Eigentümergesellschaft hatte daher schon 2016 für eine Notsicherung eine Förderung bekommen. Nun musste ohne Förderung in das Denkmal investiert werden. Nur die Kreditanstalt für Wiederaufbau habe für die energetische Sanierung ein zinsgünstiges Darlehen ermöglicht, sagt Eley.
Ilse und Hans-Georg Leuschner erinnern sich an ihren Polterabend im Jahr 1962
Ilse und Hans-Georg Leuschner kennen das Haus. Der Rentner hat als Jugendlicher mit seinen Eltern und den Geschwistern von 1960 bis 1962 hier gewohnt. Die Eltern wohnten im Obergeschoss, er hatte im Erdgeschoss ein Zimmer, berichtet er. „Wir haben 1962 unseren Polterabend hier gefeiert“, erinnert er sich.
Heute lebt das Paar in der Winninger Siedlung. „Es war eine schöne Lage hier“, blickt Ilse Leuschner zurück, die sich vor zwei Jahren hier schon mal umschauen konnte und sich freut, wie schön das hier wieder geworden ist.
Simone Schmidt ist mit dem Zollstock im ersten Geschoss unterwegs. Ab 20. Mai will sie hier mit ihrem Sohn einziehen. Für sie ist es eine Rückkehr in die Heimat. Die Eltern wohnen gleich gegenüber und freuen sich deshalb besonders über den Einzug der Tochter, die bislang in Halberstadt wohnt. „Man ist in der Stadt und doch nicht drin“, findet die Lehrerin an der Kastanienschule.
Simone Schmidt freut sich auf den Einzug in die neue Wohnung
Während die Straßenseite mit sanierten historischen Schmuckelementen aufwartet, ist die Hofseite modern. Die Außenwände waren im letzten Jahr quasi neu hochgemauert worden. Freihängende Balkone sind entstanden und hohe Fenster. Der Garten soll zur Erholung und zum Trocknen der Wäsche dienen, sagt Mike Eley.
Da es keine Hofeinfahrt und Parkmöglichkeiten auf dem Grundstück gibt, haben die Mieter Parkplätze in der Nähe bekommen. In den Wohnungen liegen zwar noch historische Dielen, doch über die werden neue Dielen montiert.
Im Keller werden Anschlüsse für die Waschmaschinen geschaffen, sodass die Holzböden der Wohnungen nicht belastet werden. Der Strom kann von der installierten Photovoltaik-Anlage auf dem Dach genutzt werden, so der AGW-Geschäftsführer.
Zwei-, Drei- und Vierraumwohnungen waren besonders gefragt
Die Mieten liegen zwischen 7,30 Euro für die größeren und 7,60 Euro für die kleineren Wohnungen. Nur eine der drei Einraumwohnungen war bis zum Baustellentag noch zu vergeben. Die Zwei-, Drei- und Vierraumwohnungen mit Größen zwischen 68 und 107 Quadratmetern waren gefragter.
Die Fenster auf der Straßenseite passen zur historischen Fassade. Im Erdgeschoss gibt es auch Jalousien. Eine neue Wohnungseingangstür im historischen Stil beeindruckt besonders. Im Flur gibt es wie früher aufgemalte Ranken an den Wänden.
„Die Wohnungen haben schon Alleinstellungsmerkmale“, ist Mike Eley sicher. „Es ist richtig schön hier“, freut sich Simone Schmidt.
(mz)