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Brand in Wohnhaus Aschersleben: 14 Verletzte bei Brand in Wilhelm-Bestel-Straße

Von Kerstin Beier 02.07.2017, 07:22
Wegen des Brandes mussten 24 Menschen ihre Wohnungen verlassen.
Wegen des Brandes mussten 24 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Gehrmann

Aschersleben - Dramatische Szenen waren es, die sich am späten Samstagabend in der Wilhelm-Bestel-Straße in Aschersleben abgespielt haben. In einem Hauseingang in einem der Mehrfamilienhäuser auf der ehemaligen „Schweinewiese“ hatte ein brennender Kinderwagen das gesamte Treppenhaus in kürzester Zeit in dicken schwarzen Rauch gehüllt.

Die Bewohner flüchteten auf ihre Balkons und riefen um Hilfe. Ein 28-jähriger Mann aus dem Nachbarhaus hörte die Schreie von Kindern und wollte helfen. Allerdings nahm er nicht den Weg durch die Haustür, sondern sprang vom Balkon im Erdgeschoss und brach sich dabei beide Beine. Er wird im Ascherslebener Krankenhaus behandelt.

Als die Freiwillige Feuerwehr Aschersleben gegen 23.30 Uhr mit 20 Leuten und sechs Fahrzeugen eintraf, war die Situation zunächst unübersichtlich. „Der Brand war nicht das eigentliche Problem“, sagt Einsatzleiter René Knoblauch. Dieser sei innerhalb von zehn Minuten unter Kontrolle gewesen.

Problematisch sei vielmehr die Vielzahl der Menschen, die sehr schnell aus dem Haus gebracht und versorgt werden mussten. Die Leute wurden teilweise über die Drehleiter von den Balkonen geholt. Andere, die weiter unten in dem viergeschossigen Gebäude wohnen, konnten mit Hilfe von Fluchthauben über das Treppenhaus nach draußen gebracht werden. Drei Atemschutz-Trupps der Feuerwehr durchsuchten die neun Wohnungen, um Personen zu finden und zu retten.

Brand in Aschersleben: 26 Menschen mussten aus dem Wohnhaus gerettet werden

26 Leute, darunter sieben Kinder, waren aus dem völlig verqualmten Hauseingang zu retten. Einer der Bewohner wurde mit massiven Rauchgasvergiftungen sehr schnell ins Ameos-Klinikum Aschersleben gebracht. Er gehört zu den 14 Menschen, die mit Verdacht auf Rauchgastoxikation stationär in verschiedenen Krankenhäusern behandelt werden mussten. Nach Informationen der MZ schwebt niemand in Lebensgefahr.

Während die Feuerwehr noch mit der Bergung beschäftigt war, arbeiteten draußen Polizei und Rettungshelfer auf Hochtouren. Die Besatzungen von acht Streifenwagen aus ganz Sachsen-Anhalt hatten unter anderem die Aufgabe, den Einsatzort vor Schaulustigen zu schützen und Betroffene vor überschießenden Panikreaktionen zu bewahren. Thomas Bläsing vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und auch der Feuerwehr-Einsatzleiter sprechen übereinstimmend von einem „Musterbeispiel der Zusammenarbeit“ aller Rettungskräfte. So sei es gelungen, beruhigend auf die Betroffenen, darunter einige Flüchtlinge, einzuwirken. Deshalb seien Panikreaktionen ausgeblieben.

Zu den Aufgaben von Thomas Bläsing gehörte es, die Patienten zu erfassen, zu registrieren und in Zusammenarbeit mit den Notärzten auf die Krankenhäuser in Aschersleben, Wernigerode und Bernburg zu verteilen. Es sei vorsorglich ein Behandlungsplatz auf dem Parkplatz vor dem Netto-Markt eingerichtet und später noch ein Zelt aufgebaut worden, um die Betroffenen zu betreuen. Der ASB Aschersleben wurde von Rettungskräften aus Bernburg und aus dem Harz unterstützt, auch das Kriseninterventionsteam war vor Ort. Zudem kümmerten sich zwei Verantwortliche der Aschersleber Gebäude- und Wohnungsgesellschaft (AGW) um die Mieter.

Das Haus war zumindest übers Wochenende unbewohnbar. Weniger wegen der Schäden in den verrauchten Wohnungen, sondern weil die elektrischen Leitungen im Flur beschädigt sind und Anfang der Woche repariert werden müssen. Die Bewohner sind bei Verwandten bzw. in Notunterkünften untergebracht worden.

Für die Retter gehörte dieser Einsatz zu den schwierigsten der vergangenen Jahre. „Man mag sich gar nicht vorstellen, was noch hätte passieren können“, sagt Thomas Bläsing. René Knoblauch erinnert an vergleichbare Fälle, wo brennende Kinderwagen in Hausfluren Todesopfer gefordert haben. Auch er sagt, dass er sich an keinen Einsatz in jüngerer Vergangenheit mit so vielen Betroffenen erinnern kann.

Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung. Laut einem Sprecher sind schon am Wochenende Spuren untersucht und gesichert worden. „Wenn sich der Verdacht erhärtet, haben wir es hier mit einer besonders schweren Straftat zu tun.“ (mz)