Amtsgericht Aschersleben Amtsgericht Aschersleben: Der Zufallsfund: Leuchtspurpatronen

Aschersleben - „Vier aus 555“ könnte ein Gewinnspiel sein - oder ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Weil letzterer ein Verbrechen ist, musste sich ein 44-Jähriger am Mittwoch vor einem Schöffengericht verantworten.
„Das war ein Zufallsfund, gesucht haben wir etwas ganz anderes,“ meint der Polizeibeamte, der bei eine Hausdurchsuchung in Schneidlingen auf 555 Schuss Munition stieß. Die Staatsanwaltschaft listet in ihrer Anklage jede Patrone auf: 50 Schuss Pistolen- und 300 Schuss Kleinkalibermunition eines Kalibers, 164 eines anderen sowie 41 Maschinengewehrpatronen in einem Gurt. Der hing schon ziemlich eingestaubt an einem Werkzeugbrett in der Garage.
Auch wenn es auf den Fotos, die im Prozess vorgelegt wurden, nicht so recht erkennbar wird, in diesem Gurt steckten auch vier Patronen mit roter Rändelung. Hatte der Mann mit den bei ihm in einem verschlossenen Aluminium-Koffer entdeckten 551 Patronen „nur“ gegen das Waffengesetz verstoßen, machen die vier Patronen den Fall zum Verbrechen. „Die Kenntnis, dass das gefährliche Leuchtspurgeschosse sind, gehört nicht zum Allgemeinwissen der Deutschen und wird aus gutem Grund auch nicht vermittelt“, verteidigt sein Rechtsanwalt seinen Mandanten. „Außerdem ist er vom Baujahr her so, dass er die NVA nicht erlebt hat.“ Wogegen Staatsanwältin und Richter Robert Schröter mit Blick auf dessen Biografie davon ausgehen, dass der Angeklagte durchaus waffenkundig sei. Schließlich war er schon vor der Durchsuchung dabei, die Waffenbesitzkarte zu erwerben. Dort spielen im Frage- und Antwortenkatalog farbliche Markierungen und Rändelungen durchaus eine Rolle.
Wie das Landeskriminalamt attestiert, stammen die nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz genehmigungspflichtigen vier Patronen aus sowjetischen Beständen, die Kennzeichnung des Geschossbodens verweist auf das Jahr 1969, zwei Jahre vor der Geburt des Angeklagten. Der aufmunitionierte Gurt soll ein Geschenk eines Gastes zu seinem 2014er Geburtstag gewesen. Von wem? Es kämen zwei in Frage, aber er wolle keinen Falschen beschuldigen. Selbst der eilends herbeigerufene, ursprünglich nicht geladene Polizeibeamte bestätigte, bedeutsam muss der Gurt für den Beschenkten nicht gewesen sein, er hing „achtlos offen und verstaubt in der Garage“.
Die Staatsanwältin sah darin einen vorsätzlichen Gesetzesverstoß und beklagte zudem die unsachgemäße Aufbewahrung der Munition. Sie hält eine anderthalbjährige, zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe sowie 50 Stunden gemeinnützige Arbeit für angemessen. „Ein weit, weit überhöhtes Strafmaß“, so der Verteidiger.
Richter Schröter gab dem Angeklagten auf den Weg, dass „solche Munition kein Nippes“ sei. „Am besten ist, wenn Sie keine Freunde haben, die Ihnen so etwas schenken.“ Das Urteil von ihm und seinen beiden Schöffinnen, sechs Monate Haftstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung wegen des fahrlässigen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, ist noch nicht rechtskräftig. (mz)