Ältestes Haus von Aschersleben entdeckt?
Aschersleben/MZ. - Der Grabungsleiter, der im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie arbeitet, verweist auf Scherbenfunde, die auf eine Bauzeit vor dem Hochmittelalter (elftes bis 13. Jahrhundert) hinweisen.
Seit einigen Wochen ist ein Grabungsteam auf der Fläche Ritterstraße / Ecke Hopfenmarkt, die die Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft neu bebauen möchte, der Geschichte Ascherslebens auf der Spur (die MZ berichtete). "Wir sind jetzt bei den Grabungen tiefer gegangen und haben neue Stellen erschlossen", erläutert Jochen Frank.
Im Hinterhofbereich des Grundstückes Ritterstraße 22 wurden dabei mehr als 30 Gruben entdeckt - Abfallgruben, Latrinengruben, Gruben, in die bei Umbaummaßnahmen Altmaterialien entsorgt wurden. In einem kleinen Teil des Grabungsfeldes aber zeigte sich ein so genannter Befund - eine älteste, von Menschenhand geschaffene Situation, bei der Jochen Frank gleich vermutet hat, dass es sich um ein Grubenhaus handeln könnte. Freigelegt und dokumentiert wurde auch ein Backofen, der sich in der nordwestlichen Ecke des ehemaligen Grubenhauses befand.
Solche Bauten, bei denen ein Teil des Hauses in die Erde eingegraben wurde, sind schon im zweiten Jahrhundert nach Christus errichtet, aber auch später immer wieder benutzt und auch von den Slawen sehr gern gebaut worden, erläutert Jochen Frank. Aus der Verfüllung des jetzt entdeckten Grubenhauses wurden Scherben geborgen, die noch nicht genau datiert sind.
"Die Keramik stammt aber definitiv aus der Zeit vor dem Hochmittelalter", sagt Frank. Damit steht fest: "Es ist einer der ältesten Siedlungsbefunde, die im Stadtzentrum gefunden wurden." Das Grubenhaus könnte also das älteste Haus von Aschersleben sein. Jochen Frank vermutet, dass in diesem Areal noch mehr Grubenhäuser gefunden werden; waren doch zuvor schon in Richtung Hopfenmarkt weit weniger gut erhaltene Reste eines solchen Bauwerks entdeckt worden. "Wir kommen Stück für Stück einer Siedlung näher - auf den Spuren von irgendetwas, was vielleicht mal Aschersleben hieß."
Neben erwarteten Funden wie alten Öfen, Fußböden oder Pfostenlöchern von Häusern aus dem Hoch- und Spätmittelalter, hatte das Erdreich aber auch zuvor schon Überraschendes preisgegeben: eine große Pflasterfläche im Bereich hinter den ehemaligen Häusern am Hopfenmarkt. "Keiner wusste, dass dieses Pflaster existierte. Alte Pläne - der älteste von 1840 - zeigen in diesem Bereich immer einen Garten." Die Pflasterung stammt vermutlich aus der Zeit um 1450. "Das passt sehr gut zusammen mit einer historischen Nachricht, die wir haben: 1442 wurde in Aschersleben begonnen, die Straßen zu pflastern, die Plätze ein bisschen vorher." Die entdeckte Pflasterfläche könnte ein kleiner, öffentlicher Platz gewesen sein, vermutet Jochen Frank. Aufgegeben wurde sie Mitte des 17. Jahrhunderts.
"Jetzt sind wir darunter gegangen und gucken, was sich unter dem Pflaster befindet. Und das ist eine ganze Menge", weiß Jochen Frank, dass die Zeit nicht reichen wird, alles zu untersuchen. Er verweist aber auch darauf, dass solche flächenhaften Grabungen nicht oft durchgeführt werden. Und der Bauherr, die AGW, sei sehr interessiert an den Ergebnissen.