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Aids-Prävention Aids-Prävention: Morgen-Sex in der Berufsschule

Von Kerstin Beier 21.09.2001, 17:29

Aschersleben/MZ. - Kann man sich Aids einfangen mit einem Zungenkuss? Sind Bluttransfusionen gefährlich und übertragen Mücken die tödliche Krankheit? Die Schüler der Berufsbildenden Schulen stehen vor einer Aufstell-Wand mit lustigen Piktogrammen, die verschiedene Situationen zeigen, vom Analverkehr bis zur Ersten Hilfe bei einem Unfall. Die Schüler sollen mit Farben kennzeichnen, ob das Risiko einer Übertragung hoch, gering oder null ist. Bevor sie die bunten Würfel unter den Piktogrammen in die richtige Position drehen, diskutieren sie, belehren sich manchmal gegenseitig und scheinen manchmal ein bisschen ratlos.

Allein gelassen mit ihren Fragen werden sie nicht. Denn die Moderatoren der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Köln wissen auf fast jede Frage in Sachen Aids, Liebe und Sexualität eine Antwort. Für zwei Tage hat die Aktion Station gemacht an der Berufsbildenden Schule in der Magdeburger Straße, nachdem sie zuvor in Staßfurt für spielerische Aufklärung gesorgt hatte. Projektkoordinatorin Agnes Weber von der Bundeszentrale lobt das Entgegenkommen von Landkreis und Stadt, die bewusst auf die Schulen zugegangen seien. Und auch Schulleiter Siegfried Fürll, der das Treiben in "seiner" Turnhalle zwei Tage lang beobachten konnte, ist voller Begeisterung über solcherart "praxisnaher Aufklärung." "Das A und O ist das Ansprechen der Schüler", erklärt Agnes Weber. Zu wissen, dass ein Kondom schützt, heiße noch lange nicht, es auch anzuwenden. Das Projekt nutzt bewusst die Form des Spielens und Mitmachens: damit die Teilnehmer Hemmschwellen abbauen und freier agieren können. Alles mit dem Ziel, zum verantwortlichen Schutz der eigenen Gesundheit zu motivieren. "Alles weiß man doch noch nicht", fasst Nils Schmitt zusammen. Und so wie ihm geht es wohl den meisten. Auch denen, die eigentlich gewaltig cool drauf sind. Gerade hat er die Glücksrad-Station gemeinsam mit einer kleinen Gruppe seiner Schulkameraden absolviert. Hier waren Fragen zu beantworten, in denen es um die persönliche Einstellung zum Schutz vor HIV und um den Umgang mit der Infektion in der Partnerschaft geht. Auch Franziska Derp, künftige Arzthelferin, ist ganz angetan von den fünf Spielstationen. Für sie geht es im Moment darum, die verschiedenen Verhütungsmittel zu erkennen und zu erklären, wie sie angewendet werden, welche Vor- und Nachteile sie haben. Dass es eine "Pille danach" gibt, war sicher nicht nur ihr neu.

Weniger um die Vermittlung von Wissen als vielmehr um freies, ungehemmtes Agieren zu Begriffen aus den Bereichen Liebe, Partnerschaft und Sex geht es an einer anderen Station. Mit viel Fantasie und Freude stellen die Jungen und Mädchen Begriffe wie "geil sein", "Matratzensport" oder "Eisprung" dar.

Es geht jedoch auch ernster - in einer Gesprächsrunde zum Thema "Leben mit HIV" zum Beispiel. Hier konstruieren sich die Schüler selbst eine Figur, die irgendwann positiv getestet wird. Wie geht diese Person damit um, mit wem wird sie darüber reden? Wie reagiert ihre Umwelt? Mit welchen Vorurteilen muss sie fertig werden? Die Schüler beteiligen sich mit großer Anteilnahme am Gespräch. Den meisten ist anzusehen, dass der Parcours mehr für sie ist als eine willkommene Abwechslung vom Matheunterricht.