1976 in Aschersleben 1976 in Aschersleben: Brand legte Vereinshaus in Schutt und Asche

Aschersleben - Anfang der 1960er Jahre wurde von der Kleingartensparte „Erholung 1920“ in der Ermslebener Straße in Aschersleben der Antrag gestellt, das Grundstück unmittelbar an der damaligen Fernverkehrsstraße F 185 zu erwerben. Auch das dort errichtete eingeschossige Gebäude, welches schon mehrere Jahre leer stand, gehörte dazu.
Ältere Ascherslebener wissen noch, dass dort einmal eine Holzwerkstatt untergebracht war. In vielen freiwilligen Aufbaustunden im staatlich organisierten „Nationalen Aufbauwerk“ bauten die Kleingärtner an dieser Stelle schließlich das damals größte Garten-Vereinsheim der Stadt. Es wurde Mitte der 1960er fertiggestellt und übergeben.
Ein Haus für alle Fälle
Rechts vom Haupteingang, befanden sich ein Vereinsbüro, Toiletten sowie Sozialräume, die Küche und Lagerräume - links ein Saal mit rund 120 Plätzen. Auch eine kleine Bühne mit Umkleideräumen und Garderobe gab es. Im Saal war der Ausschank mit Tresen eingerichtet. Die Vereinsgaststätte mit Küche hatte auch die gastronomische Versorgung im Wohngebiet übernommen.
Die in die damalige Preisstufe 1 eingestufte Gartenlokalität hatte regelmäßig geöffnet und war auch zum Außerhaus-Verkauf von Getränken und Imbiss-Angeboten berechtigt. Viele Veranstaltungen wie Brigadefeiern, Kreis-Ausstellungen der Kleingärtner und Kleintierzüchter sowie Privatfeiern gingen neben den vereinseigenen Veranstaltungen in diesem Lokal über die Bühne.
Bis zum 26. Februar 1976. Dann kam alles anders. Ein Brand legte das so mühsam errichtete Vereinshaus in Schutt und Asche. Gegen 9.45 Uhr heulten in Aschersleben die Sirenen. Die freiwillige Feuerwehr eilte mit drei Fahrzeugen und 17 Kameraden zum Einsatzort. Die diensthabende Betriebsfeuerwehr der papierverarbeitenden Firma Optima war mit einem Löschgruppenfahrzeug und zehn Kameraden im Einsatz.
Der schwarze Tag
Schon von weitem war eine riesige schwarze Rauchsäule über der Gartensparte zu sehen. Der Brand hatte sich bereits durch die hölzerne Zwischendecke und die mit Dachpappe gedeckte Dachkonstruktion gefressen. Nach dem Aufbau der Löschwasserversorgung blieb den Feuerwehrleuten nur noch die Aufgabe, das Ausmaß des Schadens zu begrenzen.
Da der Brand bereits die gesamte Dachfläche über dem Saal erfasst hatte und die brennenden Dachteile in das Innere das Gebäudes stürzten, war hier nichts mehr zu retten. Das gesamte Mobiliar und die weitere Einrichtung wurden ein Raub der Flammen. Die rechtsseitigen Nebenräume konnten zwar vor der vollständigen Zerstörung bewahrt werden, aber das darin befindliche Inventar sowie die eingelagerten Genuss- und Nahrungsmittel waren durch Rußablagerungen und die Einwirkung des Löschwassers im Nachhinein nicht mehr zu gebrauchen.
Schnelle Ursachenforschung
Nachdem der Brand unter Kontrolle und schließlich gelöscht war, begann die Suche nach der Ursache des Feuers. Bei einer Befragung der inzwischen eingetroffenen Beschäftigten der Gaststätte stellte sich heraus, dass eine Reinigungskraft in der kalten Jahreszeit jeden Morgen die zwei Heißluftöfen im Saal mit Kohle angeheizt hatte, damit die Gäste am Nachmittag eine gemütliche Atmosphäre vorfanden. Dazu wurde häufig mit Bohnerwachs getränktes Papier, eine hoch brennbare Mischung, benutzt, um das Feuerholz schnell und vermeintlich effektiv entfachen zu können.
Dabei muss die Feuerungsklappe nicht richtig verschlossen worden sein, so dass der flüssige Bohnerwachs ausgelaufen ist. Es gab eine Verpuffung, in deren Folge zunächst das in der Nähe gelagerte Brennmaterial und der Bühnenvorhang in Brand gerieten.
Etwa zehn Minuten später bemerkte die Reinigungskraft selbst als erste den Ausbruch des Feuers und meldete über den Notruf 112 den Brand. Aber zu spät, wie sich zeigte. Der entstandene Sachschaden wurde vorerst mit 40 000 DDR-Mark beziffert, später auf 80 000 korrigiert.
Nach diesem Ereignis überlegten die Kleingärtner, was mit der Brandruine passieren solle. Einige Zeit blieb alles erst einmal unberührt. Dann wurde aber der Wiederaufbau beschlossen. Beim Kreisvorstand des Kleingartenverbandes und bei der staatlichen Lotto-Gesellschaft wurde um finanzielle Unterstützung gebeten. Außerdem stand das von der Versicherung gezahlte Geld zur Verfügung.
Wiederaufbau organisiert
Und dank der Unterstützung durch das Plattenwerk Aschersleben konnten Betonplatten, die eigentlich für den Wohnungsbau vorgesehen waren, als Außenwände gesetzt werden. Der komplette Ausbau der Inneneinrichtung wurde zum Teil über Spenden von ortsansässigen Firmen und wieder durch die Eigeninitiative der Gartenfreunde realisiert.
Die Kosten für den Wiederaufbau lagen um ein Vielfaches höher als die Brandschadenssumme. Das neue Vereinshaus war aber auch großzügiger in den Ausmaßen errichtet worden, so dass jetzt mindestens 150 Personen im Saal Platz fanden und auch eine Erweiterung der Nebeneinrichtungen möglich wurde.
Die Einweihung des neuerbauten Vereinsheimes und die Wiedereröffnung der Vereins-Gaststätte wurde am 31. Januar 1981 gefeiert. Fünf Jahre nach dem fahrlässig verursachten Brand.
Inzwischen wird die Gaststätte längst nicht mehr von den Gartenfreunden betrieben. Schon gleich nach der politischen Wende 1989/90 und der damit verbundenen Währungsreform schossen die Preise in der Gastronomie rapide in die Höhe. Ein kleines Bier (Pils-0,25 Liter.) für 49 DDR-Pfennige und die Bockwurst mit Brötchen für 0,85 DDR-Mark waren Geschichte. Schließlich blieben die Gäste weg und der Gaststättenbetrieb wurde ein Jahr später eingestellt.
Bereits am 1. Januar 1992 fand sich aber ein neuer Nutzer. Der Gartenverein verpachtete das ehemalige Vereinsheim an einen griechischen Gastronomen. Inzwischen ist das Objekt seit Jahren
in Privatbesitz. Nach umfangreichen Umbauarbeiten und einer kompletten Neugestaltung der Inneneinrichtung erfolgte noch
im selben Jahr die Eröffnung
des griechischen Restaurants „Athos“.
(mz)

