Zusammenleben Zusammenleben: Wenn der Partner krank wird
NÜRNBERG/DPA. - Wenn das Schicksal zuschlägt und ein Partner plötzlich erkrankt, dreht sich das Leben für beide von einem Moment zum anderen um 180 Grad.
Eine Grippe zieht vorbei, Krebs und chronische Erkrankungen bleiben lange Zeit oder sogar für immer: "Solche Erkrankungen werfen eine Partnerschaft aus der gewohnten Bahn", sagt Michaela Nüssel, Diplom-Psychologin und Paartherapeutin aus Nürnberg. "Wird ein Partner schwer krank, funktionieren alte Beziehungsmuster häufig nicht mehr."
Plötzlich dominieren Ängste und Sorgen das Leben, sind liebgewonnene Gewohnheiten nicht mehr umsetzbar, ist einfach alles anders: "Es ist ganz wichtig, dass Paare jetzt über ihre gegenseitigen Erwartungen sprechen", sagt die Psychologin. "Klären Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen. Was braucht jeder? Was erwarten Sie voneinander?" Das Wissen um die Gedanken und Gefühle des Partners schütze vor der Negativspirale, in die viele Paare durch eine Krankheit rutschen.
Stimmungsschwankungen und Schmerzattacken beim Kranken, Unruhe oder Kraftlosigkeit beim pflegenden Partner: "Wenn man sich gegenseitig nicht versteht, die Signale des Partners nicht deuten kann, folgen auf die erste Verletzung schnell viele weitere", warnt Nüssel. "Zu Beginn der Krankheit ist für den gesunden Partner die Vielzahl der Probleme in dieser schwierigen Lebenssituation noch gar nicht erkennbar", schreiben die Autoren Susanne Krejsa und Jan-Hinnerk Jacke. Im festen Glauben und Wunsch, dass alles wieder gut wird, sind die gesunden Partner nach der Diagnose noch sehr engagiert: "Und reiben sich dabei häufig selbst auf", warnt Tim Grosch, Diplom-Psychologe aus Berlin. Immer stark sein, alles geben, Ruhe und Zuversicht ausstrahlen: "Das schafft auf Dauer kein Mensch."
Ganz schlimm wird es in dem Moment, wenn der pflegende Partner erkennt, dass trotz seines Bemühens keine Besserung in Sicht ist: "Dann folgt eine große Frustration, die nicht selten im Burn-out endet", sagt Grosch. Angst vor der Zukunft, Sorgen um den Kranken: "Pflegende Partner beschreiben diese emotionale Berg- und Talfahrt als das schreckliche Gefühl, nicht richtig verwitwet, aber auch nicht wirklich verheiratet zu sein."
Michaela Nüssel warnt die gesunden Partner vor der Selbstaufgabe: "Es macht keinen Sinn, Mutter Theresa zu spielen, wenn Sie sich dabei selbst krank machen." Auch wenn Ängste und Sorgen plagen, sollten die gesunden Partner weiterhin an sich selbst denken und sich "Auftankstationen" suchen: "Machen Sie regelmäßig Dinge, die Ihnen gut tun", rät Nüssel. Das bedeute häufig auch, sich Hilfe bei der Betreuung zu organisieren.
Um zu vermeiden, dass sich innerhalb der Partnerschaft alles nur um die Krankheit dreht, hilft eine "Lichtblick-Liste": "Überlegen Sie, welche schönen Sachen Sie gemeinsam machen können", rät Nüssel. Auch wenn nicht mehr alles möglich ist, irgendetwas Gutes gebe es immer: "Vielleicht auch nur noch in kleiner Form, aber immerhin." Denn jede positive Ablenkung tut gut und schenkt wieder neue Kraft.