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Zum Zander einen Sencha - Tee passt auch zum Essen

Von Andreas Heimann 05.10.2007, 07:26

Berlin/Baiersbronn/dpa. - Tee mit Scones oder Shortbread gilt in Großbritannien seit langem als perfekte Kombination. Aber ein feiner Darjeeling First Flush kann auch gut zum Essen serviert werden. In vielen Restaurants ist das inzwischen möglich.

Und so mancher Teeliebhaber lässt sich das auch zu Hause nicht nehmen. Manche kochen sogar mit Tee. Tim Raue gehört dazu, Sterne-Koch im «Restaurant 44» des «Swissôtel Berlin». «Früher habe ich heiße Getränke gehasst, dann aber durch Zufall mal einen aromatisierten grünen Tee getrunken», erzählt er. «Wow, habe ich gedacht. Der ist so fein, wie ich mir die Kirschblüte in Japan vorstelle.» Und schon bald hat Raue, den der «Gault Millau» kürzlich zum «Koch des Jahres» kürte, auch in der Küche mit dem grünen Tee experimentiert: «Wir haben daraus zum Beispiel ein Eis gemacht.» Raue hat inzwischen schon Heilbutt in Öl gegart, zu dem der aromatisierte Grüntee gegeben wurde, oder Hühnerfond damit zu ungewohntem Aroma verholfen.

Ein «dominierender Trend» ist Kochen mit Tee nach Einschätzung von Harald Wohlfahrt zwar noch nicht. «Aber das ist ein spannendes Thema», sagt der Chefkoch der «Schwarzwaldstube» im Hotel «Traube Tonbach» in Baiersbronn. «Es kommt vor allem darauf an, Aromen herauszuarbeiten, die ideal zusammenspielen.» Bei vielen Süßspeisen sei das längst etabliert: «Tee-Parfait oder Tee-Mousse zum Beispiel», sagt Wohlfahrt.

«Tee zum Essen - hoch spannend», findet auch Lars Völsch, Tea Taster beim Teehaus Ronnefeldt mit Hauptsitz in Frankfurt/Main. «Wenn beispielsweise Soßen ein leichtes Assam-Teearoma haben und dann dazu auch Assam-Tee getrunken wird, das ist einfach perfekt.» Zu Braten passe eher Schwarz-, zu Fisch, zu Zander zum Beispiel, wunderbar Grüntee.

Die Palette an Tees in der Gastronomie ist jedenfalls erheblich breiter geworden: «Wir bieten allein zum Frühstücksbüffet 16 Teesorten an», sagt Björn Deinert, Tea-Master der «Traube Tonbach». Aber auch nachmittags zu Kuchen oder Sandwich wird oft Tee gewünscht. «Die Kenntnisse der Gäste sind auch viel breiter geworden», sagt Deinert. Ganz ähnlich sind die Beobachtungen von Hennes Zeidler, Tea-Master im Berliner «Hotel Adlon»: «Die Ansprüche der Gäste, auch im Blick auf die Auswahl, sind viel größer geworden.» Allein 24 schwarze und grüne Tees werden in dem Fünfsterne-Haus am Pariser Platz angeboten, das sogar eine eigene Teekarte entworfen hat.

Die europäische Tradition, vor dem und beim Essen kalte Getränke zu servieren, hält Lars Völsch ohnehin für nicht glücklich: «Da zieht sich der Magen doch schon zusammen. Wer Tee trinkt, kann das Essen viel besser aufnehmen.» Tim Raue kann sich für Tee zum Essen ebenfalls begeistern: «Ich bin zwei-, dreimal im Jahr in Japan, da ist das völlig alltäglich. Und mir gefällt das auch extrem gut», erzählt der Sterne-Koch.

Für Harald Wohlfahrt kann Tee Wein allerdings nicht ersetzen: «In Asien gibt es keine Weinkultur. In der europäischen Küche sind Essen und Wein eng verbunden.» Aber zum Beispiel Pfefferminztee zum Dessert mit Pfefferminzaroma - «sowas kann schon spannend sein», sagt Wohlfahrt. Auch nach dem Essen muss es nicht der Espresso sein, der für viele Deutsche seit Jahren Pflicht ist: «Man kann stattdessen auch einen Assam Double trinken», empfiehlt Tea-Master Björn Deinert. «Der ist genauso kräftig und hat die gleiche Wirkung.»