Zierlich und unstet Zierlich und unstet: Die Akelei taucht immer wieder an neuem Ort auf

Bonn/dpa. - Elfenhandschuh wird die Akelei in manchen Regionen genannt. Wer an ein Kindermärchen zurückdenkt, sieht die fünf Blütenblätter vielleicht wirklich über die feinen Finger eine Elfe gestülpt. Zierlich und ein wenig unstet wie Elfen ist die Akelei in der Tat. Nur zwei bis drei Jahre beträgt ihre Lebenserwartung. Dafür sät sie sich umso reicher aus - an immer wieder anderen Plätzen auf dünnem Stiel schwebend und in in verschiedenen Nuancen von Weiß, Gelb, Rosa, Blau oder Violett. Sollte die Akelei dabei einmal am falschen Platz auftauchen, lässt sie sich leicht auszupfen oder an eine geeignete Stelle umpflanzen.
Akelei ist dabei nicht gleich Akelei. Rund 200 Arten sollen in der nördlichen gemäßigten Zone rund um den Erdball vorkommen. In Deutschland heimisch ist die Wiesenakelei (Aquilegia vulgaris), die meist mit ihrem klaren Himmelblau bezaubert. Sie kann aber auch in Violett, Rosa oder Weiß erscheinen. Sogar bei der wilden Akelei soll das der Fall sein. Erleben lässt es sich kaum noch, denn wilde Akelei sind selten geworden. Sie brauchen artenreiche und kühlfeuchte Wiesen, die immer seltener zu finden sind. Wo die Akelei noch wächst, an lichten Waldrändern, wird, sie vielfach von Spaziergängern gepflückt, bevor sie sich aussäen kann.
Neben der Wiesenakelei finden Bergsteiger mit etwas Glück auch Aquilegia alpina, die Alpenakelei. Ihr prächtiges Königsblau bieten Staudengärtnereien meist in der besonders großblumigen Sorte 'Superba' an. Ein eigentümliches, tiefdunkles Violett zeigt Aquilegia atrata, ebenfalls in den Alpen zu Hause. Ihre Farbe sticht wesentlich weniger ins Auge und so wird sie - zu ihrem Glück - oft übersehen.
In den Gärten ist dagegen vor allem eine «Amerikanerin» heimisch geworden: Aquilegia caerulea kommt dort am häufigsten vor. Obwohl caerulea eigentlich «blau» bedeutet, präsentiert sie sich in Blau und Weiß. Ihre Nachkommen tun das in noch bunterer Mischung: Rot mit Gelb, Rosa mit Weiß, Violett mit Weiß. Sogar gefüllte Sorten finden sich manchmal. Zudem gibt es Sorten wie die einfarbige 'Dunkelblaue Riesen', die reinweiße 'Kristall' oder die rot-weiße 'Crimson Star'. Neuzüchtungen wie 'Sweet Lemon Drops' oder 'Perfumed Garden' fügen zur Elfenblüte noch intensiven Duft hinzu.
Wie das winzige Pendant der 50 bis 70 Zentimeter hohen Sorte der Aquilegia caerulea wirkt die Zwergakelei. Aquilegia flabellata stammt aus Japan, wächst von Natur aus nur 15 bis 20 Zentimeter hoch, ist aber trotzdem ebenso robust wie ihre großen Verwandten. Besonders schön wirkt sie in Schalen und Töpfen. Aber auch in kühlfeuchten Steingärten ist sie in ihrem Element. Besonders gleichmäßig und reich blühen die Sorten der 'Cameo'-Serie. Die 3 Zentimeter großen Blüten zeigen Farbkontraste wie warmes Rot mit weiß, kräftiges Blau mit weiß oder Violett mit weiß. Noch winziger sind die blau-weiße 'Ministar' oder die rot-weiße Aquilegia canadensis 'Little Lantern'.
Die Akelei begleitet die Menschen in unserem Kulturraum schon seit Jahrhunderten. Zu den frühen Burg- und Klostergärten gehörte sie ebenso wie später in die Bauerngärten. Dabei fiel ihre Wertschätzung durchaus unterschiedlich aus. In der Welt der Sagen gehörte sie als Liebesblume der Venus und der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Freya. Mit demütig gesenkter Blüte begleitete sie die Jungfrau Maria. Ihre dreigeteilten Blätter stehen dabei für die Dreieinigkeit.
Entsprechend züchtig blüht die Akelei auf Altar- und Marienbildern, etwa jenem des Portinarialtars in Florenz. Andererseits reckt sie sich auch keck in die Abbildungen mittelalterlicher Liebes- und Lustgärten, wie in den Illustrationen zu Boccaccios «Dekameron»e. Erst Albrecht Dürer malte sie jenseits jeglicher Symbolsprache in neu entdecktem Realismus, umgeben von Gräsern und Hahnenfußblättern.
Die gleiche Elfenhaftigkeit lässt sich beim Nachdenken über den Namen entdecken: Der Name Akelei leitet sich ab von Aquilegia, der botanischen Bezeichnung für die Pflanze - zumindest in der raschen Interpretation. Im Wort «Aquilegia» könne allerdings sowohl das lateinische «aquila» - der Adler - stecken, weil die gekrümmten Blütensporne der Akelei an einen Adlerschnabel erinnern, als auch «aquilegus», was so viel bedeutet wie wassersammelnd. Letzteres könnte sich auf die Nektartröpfchen in den Blütenspornen beziehen. Schließlich ist es möglich, dass Aglaia, die griechische Göttin der Anmut, Pate für den Namen stand.
Schon früh wurde die Akelei auch als Arzneimittel verwendet - eine nicht ganz ungefährliche Angelegenheit: Als Hahnenfußgewächs enthält auch die Akelei Blausäureverbindungen. Konkrete Berichte über Vergiftungen durch Akelei gibt es allerdings nicht - sie gilt lediglich als giftverdächtig. So wagemutig wie früher, als die Akelei gegen Leber- und Gallenleiden, Hautausschläge und Mundgeschwüre verwendet wurde, sollten Hobbygärtner heute dennoch nicht mehr sein. Nur in der Homöopathie hilft sie noch bei Hauterkrankungen und Menstruationsstörungen.