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Wie werde ich...? Chemielaborant

Von Claudia Bell 17.11.2008, 07:54

Bonn/Ingelheim/dpa. - Stundenlang allein über das Mikroskop gebeugt und nächtelang über Tabellen und Analysen: Das kann nur ein Chemielaborant sein. Doch das Klischee vom Eigenbrötler ist falsch.

Abwechslung, Spaß, Herausforderung und Verantwortung sind nur einige der Schlagworte, die fallen, wenn Chemielaboranten ihre Arbeit beschreiben. Bundesweit absolvieren rund 5900 junge Frauen und Männer eine entsprechende Ausbildung. Die Theorie lernen sie in der Berufsschule, die Praxis in einem der 1180 Betriebe.

Mathematische Schwächen oder mangelnde Fähigkeiten im Umgang mit Laborgeräten fallen schnell unangenehm auf. Dabei haben diese Defizite nichts mit fehlender Intelligenz oder mangelnder Bereitschaft zu tun. «Aber wenn man manche Dinge noch nicht so oft gemacht oder nur wenig Erfahrung hat, kann man damit schon mal Probleme bekommen», sagt Margret Reymers vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Manche Firmen bieten deshalb während der Ausbildung Kurse an, in denen ihre Lehrlinge solche Defizite ausbügeln können.

So etwas gibt es bei Boehringer Ingelheim zwar nicht, dafür kooperiert das pharmazeutische Unternehmen mit der Fachhochschule Bingen. Dadurch wird ausgebildeten Chemielaboranten die Möglichkeit eines vierjährigen, berufsbegleitenden Studiums geboten. Auch Volker Brenk hat dieses Studium nach seiner Ausbildung in Angriff genommen, bis zum Bachelor of Science. Für ihn ist sein Beruf «spannend und vielseitig» - und vor allem sei man sehr flexibel: «Man kann sich jederzeit wieder entscheiden, ob man nun in der Forschung oder in der Analytik arbeiten möchte.» Er selbst arbeitet seit dem Abschluss des Studiums in der Verfahrensentwicklung.

Bevor es ins Labor und an den Arbeitsplatz geht, ist zunächst eine dreieinhalbjährige Ausbildung Pflicht. Optimalerweise geht ihr auch noch mindestens ein Praktikum in einem Betrieb voraus. «Nicht ganz ohne» seien die Inhalte, sagt Susanne Buse, Ausbilderin an der Ruhr-Universität Bochum. Schließlich kommt neben der - angenehmen - Praxis viel Theorie in Mathematik und Chemie hinzu.

Das alles scheint die Schulabgänger nicht abzuschrecken - im Gegenteil: Durchschnittlich bewerben sich nach Susanne Buses Angaben pro Jahr rund 130 Interessenten für die zwei Ausbildungsplätze an der Uni. Möglicherweise motivieren dazu die Aussichten auf interessante Arbeitsmöglichkeiten und ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 2400 Euro im Monat. Erst einmal im Beruf, arbeiten Chemielaboranten in Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionslaboratorien der Industrie, an Hochschulen oder in chemischen Forschungsstätten.

Dabei nehmen sie eigenständig Analysen und Qualitätskontrollen vor, planen Versuchsabläufe, stellen Präparate her, entwickeln gemeinsam mit Naturwissenschaftlern Analyseverfahren oder werten Mess- und Untersuchungsdaten aus. Wer das erste halbe Jahr der Ausbildung hinter sich gebracht hat, bleibe in der Regel dabei, betont Buse.

Informationen: Bundesinstitut für Berufsbildung, Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn; Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Chemie und Biochemie, Universitätsstraße 150, 44780 Bochum

Bundesinstitut für Berufsbildung: www.bibb.de

Ruhr-Universität Bochum: www.ruhr-uni-bochum.de/chemie/

Bei der Bewerbung um eine Lehrstelle als Chemielaborant sind Zeugnisse nicht alles: «Die Hälfte aller Auszubildenden sind Realschüler, die andere Hälfte Gymnasiasten», sagt Margret Reymers vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn. Ob ein Azubi einen guten Schulabschluss oder sogar die Fachhochschulreife vorweisen kann, sei aber nicht entscheidend. Im Gegenteil: «Wenn ein Chemielaborant-Bewerber gute Noten hat, wähnt er sich oftmals auf der sicheren Seite und merkt dann in der Ausbildung oft recht schnell, dass da doch einige Defizite vorhanden sein können.»