Weinlexikon: Beaujolais Primeur Weinlexikon: Beaujolais Primeur: Vorzeitiges Öffnen verboten
Halle/MZ. - Am vergangenen Donnerstag war es wieder soweit. "Der neue Beaujolais ist da!" Ein Wirt in Lyon soll als erster mit diesem Spruch um Kundschaft geworben haben. Wahr oder nicht: Heute taucht dieser Slogan weltweit auf, und eine treue Fangemeinde fiebert seiner Erfüllung entgegen.
Immer am dritten Donnerstag im November kommt mit dem Beaujolais Primeur - auch als Nouveau bezeichnet - der erste Rote des neuen Jahrgangs ins Glas. 1953 erstritten die Weinbauern des Beaujolais dieses Privileg, während alle anderen erst ab 15. Dezember neuen Wein auf den Markt bringen durften.
Den Winzern des etwa 22000 Hektar großen Anbaugebietes zwischen Lyon und Dijon, südlich des Burgund gelegen, brachte diese Regelung sicheren Absatz. Sie bauen bis heute etwa die Hälfte ihrer Ernte zu Beaujolais Primeur aus.
Viele halten die Verordnung aus den 50er Jahren und den Rummel, der sich daraus entwickelt hat, für den größten Werbetrick der Weinbranche schlechthin. Dazu trägt sicher auch die angedrohte Strafe bei zu frühem Verkauf bei. "Ne pas mettre à la consommation avent le 3me jeudi de novembre - Nicht vor dem dritten Donnerstag im November zu verkaufen", steht ausdrücklich auf den Verpackungen mit dem begehrten Inhalt. Und weil nun einmal niemand Strafen zahlen will, wird das Öffnen der ersten Flaschen um Mitternacht nicht nur in Frankreich regelrecht zelebriert.
Weinkenner sehen diesen Kult mit Skepsis. Denn verwöhnte Gaumen lieben den jungen Roten nicht unbedingt. Zwar kommt er erfrischend spritzig und durchaus harmonisch daher, doch durch den radikalen Gärungsprozess, dem die Trauben unterworfen werden, hat er überhaupt keine Zeit, sich zu entwickeln. Nur sechs bis acht Wochen vergehen zwischen Lese und Abfüllung. Im Gegensatz zum Federweißen, der noch nicht mehr ist als vergorener Most, handelt es sich aber um einen fertigen Wein.
Mit den großen französischen Rotweinen kann der Beaujolais Primeur nicht konkurrieren. Dennoch ist er hierzulande sehr beliebt, auch wenn Japan die Deutschen mittlerweile von Rang eins der Beliebtheitsskala verdrängt hat.
Glücklich der, der beim naturgemäß begrenzten Kontingent ein paar Flaschen ergattern konnte. Einem sofortigen Öffnen steht nichts im Wege. Etwas Lagerung, vielleicht bis zum Sommer, würde dem jungen Franzosen aber gut tun, meint mancher Weinkenner.
Getrunken werden sollte der Beaujolais Primeur - anders als die meisten Rotweine - etwas gekühlt. Zwischen zehn und zwölf Grad liegt die ideale Temperatur. Als Essenbegleiter ist der Kult-Tropfen vielseitig und eignet sich zu Zwiebelkuchen genauso wie zu gebratener Gänseleber oder Käse.